Symphony 2016

Meggi
09.12.2018 - 14:41 Uhr
25
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Warum ist der letzte Satz immer „presto”?

Weil die Musiker auch nach Hause wollen. Heißt es zumindest. Außer, es gibt Freibier, dann bleiben sie gerne etwas länger. Mein Vater hatte mal zu einer runden Geburtstagsfeier eine Mini-Truppe gebucht, die aus ansonsten zumeist im städtischen Orchester tätigen Musikern bestand – sprich: welchen mit festem Salär, gewiss „beleglos“ durch Musik-Unterricht aufgebessert. Er verabschiedete die jungen Männer nach ihrem Auftritt herzlich und lud sie ein, sich ebenfalls was zu bestellen. Stunden später genehmigten sie sich immer noch einen nach dem anderen. Die Nerven (wahlweise das Fell) für sowas muss man erstmal haben…

„Der letzte Satz“ bezieht sich natürlich auf symphonische Werke. Um was für eine Symphonie geht es denn nun heute? Eine von Haydn? Eher nicht. Bei dem war übrigens der dritte/vorletzte Satz standardmäßig ein Menuett, also ein Tanz. So gehörte sich das damals halt. Eine böse Zunge (nämlich meine) behauptet, das sei deswegen der Fall, damit die Zuhörer die in den ersten beiden Sätzen eingeschlafenen Gliedmaßen gedanklich wieder wachtanzen können.

Nein, wir springen hundert Jahre weiter und bemühen das symphonische Schaffen Gustav Mahlers. Ein Merkmal seiner Kompositionen ist, dass Melodien, die für sich allein heiter und freundlich klingen könnten, ins Gegenteil verkehrt oder ins Ironische verfremdet werden. Beispiele gibt es zuhauf, etwa im dritten Satz aus der Symphonie Nr. 6: youtube.com/watch?v=rypHeVr_X7c – ab 34:45 min. Süße, überreif-spätromantische Klänge erfahren bitteren Gegenwind.

Bei ‚Symphony‘ besteht der bittere Gegenwind aus Autoreifen-Gummi, frisch, weich und tiefschwarz. Nur langsam vermag eine üppig-süßliche, moderat stinkige Jasmin-Note sich durchzukämpfen. Sie hat deutliche Ähnlichkeit mit jener aus ‚Jasmin de Nuit‘ von The Different Company. Vorliegend wird sie allerdings durch die Gummi-Begleitung regelrecht fratzenhaft verzerrt. Zuckerbrot und Peitsche. Es dauert Stunden, ehe der Autoreifen gänzlich aus dem Geruchsfeld gefahren ist.

Das bedeutet freilich nicht, dass ab jetzt stattdessen ein üppig-sinnliches Jasmin-Füllhorn verführt wie beim genannten TDC. Vielmehr hat eine bärbeißig-kratzige Unterlage den Nörgel-Part eingenommen. Sie treffsicher auf die Angaben zurückzuführen, gelingt mir nicht. Das liegt womöglich daran, dass die Australier, wie bereits vom werten Fluxit herausgestellt, die EU-Eichenmoos-Hosenschisserei nicht teilen und das Zeug mir mithin hier in bis dato unbekannter (echter) Art und Menge untergekommen sein mag.

Wenn ich „bärbeißig-kratzig“ schreibe, meine ich nicht „unfreundlich“. Eher eine grantelnde Art eines im Herzen Gutmütigen. Denn zweifelsohne hat der Duft seit dem Ende der Gummi-Phase im Kern eine warme Stimmung angenommen; der gemeinsame Weg führt ins Fruchtige. Schon originell, dass die – laut Ansage – Mandarine in der Basis stattfindet. Der abendliche Schluss bewegt sich nahe am Rauchig-Steinigen (Patchouli?). Ein Hauch Frucht ist dabei, vom Jasmin bloß noch Süße. Sehr leise, aber angenehm.

Und so scheint mir auch der Grund-Tenor besagten dritten Satzes aus der 6. Symphonie letztlich versöhnlich.

Fazit: Probieren! Den Duft meinetwegen ebenfalls.

Ich bedanke mich bei Naimie54 für die Probe.

PS: Wer vom Mahler-Schwelgen nicht genug hat, höre den letzten Satz der 3. Symphonie: youtube.com/watch?v=1AwFutIcnrU – ab 1:16:56. Wer wenig Zeit hat (allein besagter Satz ist gut eine ganze Haydn-Symphonie lang), steige bei 1:37:40 ein.
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