Megamare 2019

TheJoker
30.10.2023 - 16:44 Uhr
7
Hilfreiche Rezension

Sie hatten alle Recht!

Ja, Megamare ist das bisher stärkste Parfum, das mir untergekommen ist, sowohl was Sillage und auch Haltbarkeit angeht. Durch die Suche nach solch einem Monster, bin ich bei ihm gelandet. Aquatisch, bzw. maritim oder gar "ozeanisch" sollte er außerdem sein - zwar nicht auf die typische Designer-weise, aber aquatisch eben. Die Aqva Reihe von Bvlgari liebe ich, und so dachte ich mir irgendetwas in die Richtung zu bekommen, nur in extremerer Form. Extrem ist er definitiv - es gibt ja so manche Basisnoten, die auf Textilien oder Papier Wochen lang halten. Megamare ist aber sogar auf der Haut mehrere Tage riechbar, ob man duscht oder nicht. Vom Kopfkissen will ich gar nicht reden, immer wieder fuhr mir eine kleine Prise in die Nase. Mit der Projektion sieht es nicht anders aus, einmal auf den Arm gesprüht lässt einen das Zeug nicht mehr los, ich konnte sogar schon nen Testerstreifen riechen, der zwei Meter entfernt auf dem Couchtisch lag. Das ist alleine aus technischer Sicht höchst beeindruckend, in der Praxis aber auch mir irgendwie zu viel, und das obwohl ich diese "Beasmode" Dinger eigentlich mag.

Natürlich habe ich viel über den Duft gelesen, und so war die Erwartungshaltung hoch. Nun wurden diese Erwartungen tatsächlich übertroffen, aber nicht unbedingt im positiven Sinne. H/S und Intensität sind wirklich überirdisch. Die Gefälligkeit dieses Duftes erfüllt aber nicht ganz das, was ich wollte. Sauvage Eau de Toilette in der Extreme Edition hieß es von manchen Seiten. Unvoreingenommen rieche ich bei Megamare tatsächlich Maggi - direkt nach dem Aufsprühen ist er noch frisch, diese Frische legt sich aber sehr schnell und von da an bleibt der Duft absolut gleich. Würde sich der Duft des Openings so linear durchziehen, dann fänd ichs geil, aber beim tatsächlichen Verlauf fehlt mir diese Frische. Ja, wo ich so viel gelesen habe, kann ich dieses Meeresthema schon verstehen, und auch nachvollziehen - wenn man ein komplett verrostetes Schiff aus den Tiefen hochzieht, dann wird das wohl so in der Art riechen. Ich hab so viel darüber gelesen, dass ich vielleicht schon nicth mehr voreingenommen sein kann, was diese Assoziationen angeht. So besuchte ich mit einem Sprüher auf dem Arm meinen Vater. Das war der erste Testtag, an dem ich es noch nicht "richtig" tragen wollte, damit ich nicht geruchsblind werde. Mein Vater fand es gut, die Meeresgeschichte konnte er allerdings nicht verstehen. Am nächsten Abend traf ich mich mit nem Freund auf ein Bier - drei Sprüher hatte ich aufgetragen. "Du riechst wie das Teppichregal im Bauhaus" hieß es von seiner Seite - er fands nicht geil, sondern gar ekelhaft. Vor ein paar Tagen ne Freundin am Teststreifen riechen lassen. Die fands nicht ekelhaft, aber auch nicht geil. Sie steht aber eigentlich auf alles "ambroxanige", das ich so im Angebot habe. Und damit kommen wir auch zur ernüchternden Erkenntnis. Es hieß der Duft wäre randvoll mit Ambrocenide, und das soll wiederum Ambroxan ähnlich sein, nur stärker. Aber genau das scheint nicht so richtig zu funktionieren. Dieses sanfte, leicht holzige fehlt einfach. Dieser betörende Duft, der für manche stechend ist, für viele aber einfach unglaublich anziehend. Der fehlt hier, irgendein Regler ist hier zu weit aufgedreht. Ich rieche tatsächlich Maggi, mit einem Touch frische. Merkwürdigerweise nicht so arg auf ne Umami Art, denn das Wasser läuft mir davon nicht im Mund zusammen. Auch nicht sonderlich warm, sondern eher kühl-salzig, mit minimal algigen Anklängen, und einer rostig-metallischen Note.

Dieser Duft hat mich auf ne sehr komische Weise in seinen Bann gezogen. So komme ich nicht umhin immer wieder daran zu riechen. Wenn ich ihn am Arm trage wandert der sogar nachts immer wieder zu meiner Nase. Beim Teststreifen das gleiche, ich muss da immer wieder dran schnüffeln, wie auch am Flakon. Doch so arg er mich in seinen Bann zieht, so wenig kann ich mir vorstellen, den tatsächlich zu tragen. Ich tat es schon, aber da war nur eine Person im Spiel. Ich denke ich muss mich da vorsichtig rantasten und ihn tatsächlich erst mit einem Sprüher am Kragen testen. Und das in allen Jahreszeiten. Viele preisen ihn als Hochsommerduft an, das kann ich so schnell nicht beurteilen. Ich vermute ich werde diese Rezension noch überarbeiten, selbst zwei Wochen haben mir nicht ausgereicht dieses Megamare so richtig zu begreifen.

Das Parfum ist für mich ein wahres Meisterwerk, was den künstlerischen Aspekt angeht, es wird aber definitv nicht jedem gefallen, ich denke das "Aneckpotential" ist sogar enorm hoch. Wenn einen dieses Monster allerdings hat, dann hat es einen, und man ist mit komischen Gefühlen gefangen.

Der Flakon ist wunderschön: Das Perlmutt in der Kappe, das vom Meer zerfressene Metall jener - dazu die Flasche einfach super, die Farbe des Duftes könnte auch passender nicht sein.

Tja, jetzt stand ich da, und wusste nicht so richtig, was ich mit Megamare anfangen sollte. Dann kam mir die Idee: Ich übertreibs mal richtig und mische das Zeug mit Ombre Nomade . 50:50 Blend im 2 ml Zerstäuber angeschüttelt (nicht gerührt) und auf den Arm gesprüht. Man glaub es nicht, das Ergebnis gefällt mir unglaublich gut, und die übertriebene "Schärfe" der beiden Dufte ist zu etwas Sanftem verschmolzen, das auf mich wesentlich runder wirkt, als die beiden Ausgangsstoffe. Kann ich nur empfehlen, probiert es aus.
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