Derailroaded
25.03.2016 - 16:09 Uhr
26
Top Rezension
8
Flakon
4
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft

Fäulnis: Was nur erzählt und nicht gemessen werden kann

Herr im Himmel, Ostara stinkt so reif! Recht so, könnte man einwenden, denn mir fehlt es tatsächlich manchmal an der nötigen sittlichen Reife. Ich meine aber den Zustand kurz bevor man vom Baum abfällt.
Einigen Pflanzen in voller Blüte ist schon der Geruch des Verwelkens immanent, solches weiß ich in freier Wildbahn sehr zu schätzen, weil es für mich sehr tröstlich und ästhetisch den Zusammenhang von Neubeginn und Vergänglichkeit abbildet. Im Flakon dagegen riechen diese Blüten nur nach Zersetzung, Ostara macht da keine Ausnahme.

Das mitriechende Kind nimmt eine ganz kleine Narzissennote wahr, ansonsten sei die Angelegenheit leicht faulig, süßlich-herb und würde einer exotischen Pflanze aus dem Gewächshaus von Planten un Blomen ähneln. Ich selber bin überwältigt von dem authentischen Narzissenduft, eine ungeheure helle Blumigkeit ist das - allerdings gepaart mit leichter Fäule. Anfangs ist es grüner, später wird es wärmer und süßer, verwelken tut es durchgehend. Wenn ich meine Fotoalben chronologisch durchblättere, sieht das da erstaunlich ähnlich aus.

Zum Schluss wird es ganz gelb, denn Ostara riecht auf einmal nach Eierlikör, das wird auch vom Kind bestätigt. So kriegt der Karfreitag doch noch die Kurve. Die Zeit bis dahin habe ich mit Friedrich Rückerts von Gustav Mahler vertonten Kindertotenlieder verbracht, wo "zur süßen Kost der Bienen Gräberblumen dienen." Und das ist in freier Wildbahn, tröstlich, nicht wahr?

Ostara, da ist doch (schon) der Wurm drin...
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