Black Collection

Vanille de Tahiti 2020 Eau de Parfum

Bob1
31.07.2021 - 17:00 Uhr
17
Top Rezension
6
Preis
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft

Vanille Romantique, oder: Wenn ich einen Signaturduft hätte...

Ich muss hier mal eine Lanze für Vanille de Tahiti brechen. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass dieser Duft so polarisiert, wie er es ja offenbar zu tun scheint...

Aber mal der Reihe nach. Ich habe Vanille de Tahiti in Form einer 2 ml Probe von einem Online-Shop erhalten und ihn nach kurzem Studium der Noten direkt ungetestet an meine Freundin weitergereicht. Klingt recht blumig, irgendwie feminin, dachte ich mir, und sie liebt Vanille. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch gar nicht in die Parfumo-Rezensionen geschaut.

Ein paar Tage später hatte sie ihn aufgetragen. Ich war von Anfang an dabei, und hing ab da praktisch nur noch mit der Nase an ihrem Hals.

Vanille de Tahiti eröffnet sehr floral. Nicht wirklich pudrig,eher blumig-cremig und eine Spur süß-herb. Das ist das Ylang-Ylang und Champaka, letzteres hatte ich bis dato noch nicht bewusst in einem Duft wahrgenommen. Es ist wohl ein Magnoliengewächs mit stark duftenden Blüten, deren Öl eine beliebte und ziemlich teure Duftingredienz ist (danke Wikipedia). Riecht nach vanilliger Orchidee. Lecker!

Diese blumige Kopfnote wird schon von der darunter liegenden Vanille getragen. Der Extrakt wird hier wohl durch Spülung mit CO2 aus den Schoten gewonnen, was besonders aromaschonend sein soll, und ich kann euch sagen, das funktioniert fabelhaft. Was für eine wundervoll authentische Vanille!

Während sich die Gewichtung nun allmählich vom Kopf zum Herzen hin verlagert, wird die gourmandige Vanille langsam trockener, doch noch immer säuselt Ylang-Ylang verführerisch dahin und schärft meine Aufmerksamkeit, so dass ich mich hell wach fühle, eigentlich tut es das über die gesamte Lebensdauer hinweg. Diese Kombination ist unglaublich sexy, und ich will sie ständig riechen, immer noch ein bisschen näher und intensiver. Es ist einfach zum Niederknien.

Und dann, auf weichen Pfoten leise heranschleichend, ist es plötzlich da: das Tier! Das animalische, wunderbar verruchte, leise keuchende, dunkel lockende... und die Vanille wogt... und die Florale zittern...

Und ich renne, renne, renne, und plötzlich finde ich mich im Souk wieder!

Und wie ich da so auf meinen Flakon wartete, die Probe, meiner Freundin entrissen, stetig lechzend in der Hand... da las ich die Rezensionen. Und ich versuchte nun auch, dem Tier einen Namen zu geben. Doch es wollte keiner Passen.

Die Basis ist warm, weich und stark zu gleich, mir wäre nicht direkt Sandelholz in den Sinn gekommen, aber zusammen mit dem Amber und Moschus verwandelt es die ohnehin schon ausdauernde Vanille zum athletischen Langstreckenläufer.

Und wer bis hier hin durchgehalten hat und sich auch mit Vanille de Tahiti im hochsommerlichen Pferdestall wiederfindet, die Luft geschwängert vom Schweiß der ungewaschenen Schabracken, für den habe ich einen Tipp: sprüht es nicht auf Kleidung! Genau das ist es, was bei mir eine Erinnerung an urinalische Noten aufkommen lässt - das Hemd, auf dem noch VdT vom Vortag haftet. Diese Komponente entwickelt sich nach etwa 10-12 Stunden, und das ist auch genau der Zeitpunkt, an dem der Duft von meiner Haut vollständig verschwunden ist. Ganz genau, es hält wirklich lange, obwohl ich Düfte hauttechnisch oft nur so aufsauge. Beherzige ich diese Regel, ist von Fäkalien zu keiner Zeit die Rede.

Noch ein Wort zur Sillage, die ist genau richtig für mich. Ich ziehe die ersten 4-5 Stunden eine deutliche Duftspur hinter mir her, danach habe ich noch für weitere 3 Stunden eine wunderbar sanfte Vanillewolke oszillierend in der Nase. Das klappt besonders gut, wenn man auch die Armbeugen mit je einem Spritzer bedenkt.

Der Flakon ist übrigens guter Durchschnitt - wertig und stabil, etwas zu kantig um perfekt in der Hand zu liegen. Der Hubweg des Zerstäubers ist recht gering, er gibt immer nur kleine, fein dosierte Sprühstöße mit einem recht konzentrierten Strahl ab, so dass man gut dosieren und zielen kann. Eine etwas feinere Zerstäubung fände ich allerdings wünschenswert.

Tja, meiner Freundin ist er an ihr zu schwer, aber nun trage ich ihn, oft, sogar im Hochsommer, sogar draußen, sogar tagsüber, sogar zu offiziellen Anlässen, und ich liebe ihn. Denn das muss man Vanille de Tahiti lassen. Er kann sexy, er kann verrucht, aber er kann auch elegant und unaufdringlich, ganz abhängig vom Setting. Es ist für mich, als würde ich eine zweite Haut tragen, die meine Sinne schärft und mir gleichzeitig Ruhe und Geborgenheit vermittelt. Bisher nahmen ihn, nur am Rande bemerkt, auch meine Mitmenschen sehr positiv wahr. Ein wahres Chamäleon. Wenn ich einen einzelnen Signaturduft hätte, den ich aus Liebe zum Rest meiner Sammlung aber nicht habe, dann hätte dieser gute Chancen, es zu werden.

Glücklicherweise muss ich mir den Flakon nicht teilen. Meiiin Schatzzz!

Vanille de Tahiti ist der schönste Vanilleduft, den ich bisher unter der Nase haben durfte. Punkt. Und sollte er einmal eingestellt werden, wird gebunkert, was das Zeug hält, soviel ist sicher.
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