21.05.2010 - 08:42 Uhr
TVC15
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19
Die weißen Möwen sind müde
"Licht aus - Womm! Spot an - Jaaa!" Blue Stratos, ein enger Verwandter des Brusthaar-Toupets, ist ein schwer betagter, aber kultig gehegter und gepflegter Duft aus den tiefsten Abgründen der Siebziger. Der "Old Spice"-Hersteller Shulton brachte ihn 1975 auf den Markt, um sein schon damals leicht angestaubtes Rasierwasser-Programm upzudaten, was ihm im Umfeld einer an Bachmann Turner Overdrive und der George Baker Selection krankenden Unterhaltungskultur auch gelang. Wem diese Namen nichts sagen, der darf nun weiterblättern, denn er gehört nicht zur Blue-Stratos-Zielgruppe. 1990 wurde Shulton von Procter & Gamble übernommen, die Blue Stratos schleunigst aus dem Programm kickten, da es zu dieser Zeit doch schon etwas komisch roch.
Verrückt, wie manche Engländer sind, ließ es sich ein gewisser Tim Foley nicht nehmen, den Markennamen, in dem er immer noch Potential sah, zum Schnäppchenpreis zu erwerben und BS wieder aufzulegen, denn einige (vorwiegend australische) Rauhbeine hatten in der Tat ihr After Shave vermisst. Wirft man einen Blick auf Foleys Unternehmen, www.parfumsbleu.com, so fügen sich die Mythen, die Blue Stratos umranken, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen: Trashig! Aber auch in unseren Gefilden hatte der Duft seine Anhänger, so dass man ihn heutzutage dank der rührigen Bemühungen eines Herrn Frey wieder bekommen kann. Und zwar exklusiv online und zu einem Preis, der eigentlich jede Kritik im Keim erstickt. Außerdem besitzt Frey einen gewissen Sinn für Humor: "Ihre Zahlung haben wir erhalten! Vielen Dank. Unser Auslieferungszentrum (meine Frau), wird die blauen Wässerchen heute noch zur Post bringen." :)
Man kann diesem Duft also gar nicht richtig böse sein, obwohl er einige Steilvorlagen für spöttische Bemerkungen im Gepäck hätte. Womit wir zum Olfaktorischen kommen. Blue Stratos hat ein sehr schlichtes Gemüt. Hier experimentierte man nicht nach den Motto, aus dem Ganzen mehr als die Summe der Einzelteile machen zu wollen, sondern die gängigsten Verdächtigen wurden einfach zusammen in eine Flasche gesperrt. Zitrus, Lavendel, Moschus, Moos, ums kurz zu machen. So weit, so gut, und das wäre auch alles irgendwie bläulich, wenn nicht sogar stratosphärig geblieben, hätte man nicht - für 1975 verblüffend prophetisch - wieder mal einen meiner Lieblingsfeinde, nämlich Dr. Oetker Vanillezucker dazukippen müssen. Hierzu muss man wissen (was ich neulich in dem sehr interessanten Buch "Parfum" von Renate Lohse-Jasper las), dass das internationale Duftverständnis keineswegs einheitlich, sondern sehr vom kulturellen Kontext abhängig ist. Zitrusdüfte werden von Amerikanern grundsätzlich mit Spülmitteln assoziiert, wohingegen Süßes und Vanilliges in den USA gleichbedeutend mit Frische ist. Blue Stratos ist ein amerikanisches Produkt, und nur so lässt es sich erklären, dass man dieses Zuckerwasser in den Rocky Mountains als umwerfend frisch empfindet. An diesem Punkt fiel mir übrigens eine gewisse Ähnlichkeit mit Nikos Sculpture Homme auf, bei dem die Vanille ähnlich nervig durchs morsche Cologne-Gerüst schleicht.
Wie gesagt, Blue Stratos ist sehr günstig zu haben, auf jeden Fall ein 1A-Tipp für eine 70er-Jahre-Motto-Party. Die normale tägliche Anwendung allerdings könnte außer einer nicht ganz topmodernen Wolke auch einige höhnische Kommentare nach sich ziehen.
Verrückt, wie manche Engländer sind, ließ es sich ein gewisser Tim Foley nicht nehmen, den Markennamen, in dem er immer noch Potential sah, zum Schnäppchenpreis zu erwerben und BS wieder aufzulegen, denn einige (vorwiegend australische) Rauhbeine hatten in der Tat ihr After Shave vermisst. Wirft man einen Blick auf Foleys Unternehmen, www.parfumsbleu.com, so fügen sich die Mythen, die Blue Stratos umranken, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen: Trashig! Aber auch in unseren Gefilden hatte der Duft seine Anhänger, so dass man ihn heutzutage dank der rührigen Bemühungen eines Herrn Frey wieder bekommen kann. Und zwar exklusiv online und zu einem Preis, der eigentlich jede Kritik im Keim erstickt. Außerdem besitzt Frey einen gewissen Sinn für Humor: "Ihre Zahlung haben wir erhalten! Vielen Dank. Unser Auslieferungszentrum (meine Frau), wird die blauen Wässerchen heute noch zur Post bringen." :)
Man kann diesem Duft also gar nicht richtig böse sein, obwohl er einige Steilvorlagen für spöttische Bemerkungen im Gepäck hätte. Womit wir zum Olfaktorischen kommen. Blue Stratos hat ein sehr schlichtes Gemüt. Hier experimentierte man nicht nach den Motto, aus dem Ganzen mehr als die Summe der Einzelteile machen zu wollen, sondern die gängigsten Verdächtigen wurden einfach zusammen in eine Flasche gesperrt. Zitrus, Lavendel, Moschus, Moos, ums kurz zu machen. So weit, so gut, und das wäre auch alles irgendwie bläulich, wenn nicht sogar stratosphärig geblieben, hätte man nicht - für 1975 verblüffend prophetisch - wieder mal einen meiner Lieblingsfeinde, nämlich Dr. Oetker Vanillezucker dazukippen müssen. Hierzu muss man wissen (was ich neulich in dem sehr interessanten Buch "Parfum" von Renate Lohse-Jasper las), dass das internationale Duftverständnis keineswegs einheitlich, sondern sehr vom kulturellen Kontext abhängig ist. Zitrusdüfte werden von Amerikanern grundsätzlich mit Spülmitteln assoziiert, wohingegen Süßes und Vanilliges in den USA gleichbedeutend mit Frische ist. Blue Stratos ist ein amerikanisches Produkt, und nur so lässt es sich erklären, dass man dieses Zuckerwasser in den Rocky Mountains als umwerfend frisch empfindet. An diesem Punkt fiel mir übrigens eine gewisse Ähnlichkeit mit Nikos Sculpture Homme auf, bei dem die Vanille ähnlich nervig durchs morsche Cologne-Gerüst schleicht.
Wie gesagt, Blue Stratos ist sehr günstig zu haben, auf jeden Fall ein 1A-Tipp für eine 70er-Jahre-Motto-Party. Die normale tägliche Anwendung allerdings könnte außer einer nicht ganz topmodernen Wolke auch einige höhnische Kommentare nach sich ziehen.
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