Costa Azzurra (Eau de Parfum) von Tom Ford

Costa Azzurra 2014 Eau de Parfum

loewenherz
02.07.2015 - 15:57 Uhr
19
Top Rezension
7.5Duft 5Haltbarkeit 5Sillage 5Flakon

Nach Helgoland

Costa Azzurra, die azurblaue Küste, liegt - anders als ihr französischer Namensvetter, die Côte d'Azur im Süden der Provence, erahnen lässt, nicht mal in deren Nähe, sondern stattdessen an der Adria - ganz oben an der Küste Julisch Venetiens am Ende des Golfs von Venedig - und nicht weit von der italienisch-slowenischen Grenze. Dennoch ist der Name immer noch eindeutig mediterran konnotiert, da eben italienisch - er und seine leuchtend blaue Flasche sind bemüht von einer sonnendurchfluteten Promenade irgendwo im Süden zu erzählen, auf der elegante Signore und Signori in teuren Mokassins und weißem Flatterleinen Aperol Spritz und kühlen Weißwein trinken, die Sonnenbrille lässig im dunklen Haar.

Eine Beobachtung: neben den vielen leichten Sommerdüften, die sich irgendwo in ihrem Namen mit der Assoziation des Wässrigen umgeben, drängen verstärkt dunkel arrangierte Aquaten auf den Markt, die wohl all jene locken wollen, die aquatischen Düften eher misstrauisch bis ablehnend gegenüber stehen. Hermèssence Épice Marine versucht dieselbe Nische zu besetzen - und ähnlich wie diesem gelingt es auch Tom Fords Costa Azzurra überraschend gut, ein aquatisches Wesen zu entwickeln und doch all jenes zu vermeiden, das Leute wie ich nicht mögen an Aquaten: allzu pointierte Frische, Ozonnoten und schlimmstenfalls Duschgel-Assoziationen. Und wenngleich sich Hermès' Épice Marine und er letztlich doch deutlich voneinander unterscheiden, spielt Costa Azzurra ebenso mit Anklängen an ein wildes, dunkles Wasser, vielleicht sogar ein zorniges. Dies ist ein Duft so wie die graue Gischt am Bug eines Frachtschiffs oder wie das dunkelgrüne Wasser, das die bemoosten Pfosten eines Piers umspült. Nichts hier ist lieblich oder süßlich - deutlich transportiert er eher Anklänge an einen Hafen als an einen Badestrand - und eher an Werftarbeiter auf dem Dock als an Champagnergläser balancierende Kellner mit langen, weißen Schürzen.

Fazit: der ganze herbwilde Duft eines nördlichen Gewässers - der flämischen Nordseeküste oder vielleicht der wilden Klippen des Finistère. Vielleicht auch der Duft der dunkelgrünen Wasser zwischen Martha's Vineyard und Nantucket - oder der rauen Brandung auf der Überfahrt nach Helgoland. Einzig von Palmen und von Aperol und weißem Flatterleinen keine Spur.
3 Antworten
SmoetnSmoetn vor 4 Jahren
Wunderbar beschrieben, ich mag auch keine Duschgel Aquaten.
PortomingaPortominga vor 5 Jahren
Sehr passend beschrieben.
@Mustang69 Der ist salziger, saurer und roher als Sel Marin
Mustang69Mustang69 vor 10 Jahren
Tolle Beschreibung, klingt wunderbar. Erinnert mich in der Einordnung an Sel Marin von Heeley, meinen absoluten Liebling unter den Aquaten!