Serenissima
11.02.2024 - 14:19 Uhr
15
Top Rezension
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

ein zeitloser, zu Unrecht fast vergessener Chypreduft

Die neunziger Jahre brachten nicht nur eine Vielzahl von Düften, sie ermöglichten es uns auch durch die Miniaturen schmetterlingsgleich von Kreation zu Kreation zu flattern, hier und da zu nippen und auf diese Art vieles zu entdecken.
Auch meine heute noch existierende Rest-Sammlung der kleinen Fläschchen, die den großen Flacons recht kunstvoll nachgebildet sind, erzählt Geschichten; ist auch der große, sie beherbergende Setzkasten schon lange Vergangenheit.

Aber es zeigt sich eben auch immer wieder, wie viele Düfte dieser Zeit es gar nicht in die Nähe meines „persönlichen Duftradars“ geschafft haben.
Deshalb ist es ein großes Vergnügen, sie heute noch kennenlernen zu dürfen; viele von ihnen genießen inzwischen Seltenheitswert.
Aber jeder von ihnen lohnt eine nähere Bekanntschaft.

Bei meinem neugierigen Umherschlendern in den Sammlungen lieber Parfumos fand sich gerade in den letzten Wochen doch hier und da etwas Wohlduftendes, das mir vorher unbekannt war.
So z. B. auch „Femme“ von Tristano Onofri, ein grüner Chypre, dessen unaufdringlicher Charme ihn immer noch zu vielen Gelegenheiten passen lässt.
Wenn „Gold“ schreibt, dass er früher in den Kaufhäusern für kleines Geld geradezu „verramscht“ wurde, ist das sehr traurig; aber vielleicht immer noch besser, als vergessen zu werden.

Tristano Onofris „Femme“, ein Eau de Parfum, ist absolut weiblich und kann auch heute noch jede Frau angenehm und duftvoll begleiten:
Ein zeitlos grüner Chypreduft, dessen eröffnende Zitrik würzig von Basilikum und einer Prise geriebener Muskatnuss durchzogen wird.
Erstaunlich gut hält das zarte Aroma der Orangenblüten dagegen; seine Lieblichkeit scheint über allem zu schweben: Raffiniert und wunderschön!
Gewohnt klassisch zeigt sich dagegen das Herz dieser Komposition; hier haben sie sich alle versammelt:
Die Blüten von Jasmin und Tuberose, gekleidet in jungfräuliches Weiß und doch voll strahlender Sinnlichkeit, die „ewige Frau“ namens Rose und die stolze Iris, gefährlich schlank wie eine Lanze und doch von pudrigem Charme, begegnen sich unter feinen, harzigen Rauchschleiern von Labdanum.
So gehört es sich für einen Chypreduft (und auch die „Guerlinade“ lässt grüßen)!
Dies alles verlangt nach einer passenden, zeitgemäßen Basis und so darf aromatisches Eichenmoos, in Gesellschaft von Patchouli und Vetiver (= die üblichen drei Duftbausteine), nicht fehlen: Chypre-Duftkompositionen haben ihre Gesetze!
Warme, Amberrauch umspielte Vanille ist deshalb auch ein „Muss“!

Tristano Onofri geht bei „Femme“ kein Risiko ein; wer kann es ihm verdenken!
Wie viele seiner Zeitgenossen wandelt auch er auf vertrauten Pfaden: Italienische Lebensart und zeitlose Eleganz treffen auf klassische Parfümeurskunst und so entsteht ein einerseits nicht überraschendes, andererseits aber durchaus tragbares Duftgewand von zeitloser Schönheit!
Und genau das ist „Femme“: Ein Duftkleid, zwar lange im Schrank vergessen, aber doch immer wieder mit Vergnügen getragen.

Ich muss gestehen: Auch ich habe noch das eine oder andere Kleid aus den neunziger Jahren aus rein nostalgischen Gründen im Kleiderschrank.
Diese passen aber sehr viel weniger gut als „Femme“!

Hier zeigt sich also wieder einmal:
Es geht doch nichts über einen Chypreduft; der verliert nie seinen Reiz und passt einfach immer.
Auch noch nach Jahrzehnten!
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