Meggi
11.11.2015 - 14:13 Uhr
23
Top Rezension
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft

ASLSP

Nach dem Auftragen drängt sich, wie verschiedentlich bereits berichtet, tatsächlich sofort der Gedanke an Black Afgano auf, bloß mit mehr Kaffee. Thymian ist auch plausibel. Kräftig und konzentriert. Myrrhe meinetwegen. Sonst ist sie wahrlich kein Leisetreter, im vorliegenden Fall freilich allenfalls zweite Geige.

Das war es vorläufig. Kabul Aoud ist ein recht statischer Duft. Wie ein Akkord aus dem Endlos-Stück ORGAN²/ASLSP von John Cage auf der Orgel in der Sankt-Burchardi-Kirche vielleicht. ASLSP steht für as slow as possible und die Leute in Halberstadt haben sich für die Aufführung 639 Jahre Zeit genommen. Na ja, passt nicht ganz, wir reden bei der Veränderung in Kabul Aoud doch lieber von Stunden.

Denn „schon“ gegen Mittag zieht sich die Kaffeenote zurück, ohne indes zu verschwinden, und überlässt süß-karamelligem (sowie vermutlich cashmeranigem) Guajak das Feld. Die Ähnlichkeit zum einen oder anderen Gualtieri einschließlich der jeweiligen Oud-Ansage wird dadurch abermals gesteigert. Wobei ich finde, dass hier wie dort die Berufung auf Oud charakterlich – nicht in puncto Lautstärke! – einigermaßen zahm ausfällt. Da sticht und piekt nichts, der Kuhstall ist fern.

Im Laufe des Nachmittags wird Kabul Aoud friedlich und rückt näher an die Haut, allemal im Hinblick auf das Benehmen, ach was: Wüten des Stammvaters. Das muss nicht zwingend von Nachteil sein, mancher möchte womöglich nicht nach einmaligem Sprühen zwei Tage mit Familie Black Afgano verbringen. Geschmackssache. Vor dem Hintergrund des partiellen Gourmand-Gehabes (süßer Espresso, wahlweise diese Kaffee-Pralinen) tut ihm die Stille meines Erachtens gut.

In der Tat ist die Verwandtschaft zum Schwarzen Afghanen zu groß, um als Zufall gelten zu dürfen. Es ließen sich nun vergleichbare Berechnungen anstellen wie für Cuirs von Carner Barcelona, ob sich der Kauf lohnt, in Relation zu den 118 Euronen, die für das Original auszureichen sind. Vor allem dürfte bei Kabul Aoud jedoch die anscheinend wegen der Montale-Marken-Reibereien aufwändige Beschaffung aus dem Ausland ins Gewicht fallen.

Trotzdem hat der Ich-darf-kein-Montale-sein völlig zu Recht eine eigene Gemeinde gefunden. Er ist gourmandiger (ohne allerdings platt-ess-/trinkbar daherzukommen), freundlicher und heimeliger als der Afghane. Und insbesondere weniger überladen.

Ich bedanke mich bei Ergoproxy für die Probe.
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