Versace pour Homme Oud Noir 2013

Salvatore03
07.06.2020 - 17:43 Uhr
24
Top Rezension
9
Preis
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Geheimnisvoller, leider unterbewerteter, (Designer-)Oud von Versace

Als ich mich über die Jahre hinweg peu à peu zu einem regelrechten Parfum-Enthusiasten entwickelt hatte, stieß ich irgendwann unvermeidbar auf die - heutzutage in fast jedem Parfum-Portfolio jeder Parfum produzierenden Marke mindestens einmal anzutreffende - Ingredienz "Oud".
Mehr und mehr befasste ich mich mit jener Zutat, die von den einen geliebt und von den anderen gehasst wird; auf mich wirkte sie eines Blickes bzw. eines Schnüfflers würdig. Infolgedessen hatte ich nicht den "Mut", mir einen (Designer-)Duft mit "Oud" in seinem Namen zuzulegen, und erst recht keinen teuren eines x-beliebigen Nischen-Parfümeurs.
Also machte ich mich auf dem Weg ins nächstgelegene Kaufhaus, und was erblickte ich da?
Den Designerduft "Versace pour Homme Oud Noir", den ich mir direkt auf einen Teststreifen sprühte und der mir beim direkt beim ersten und auch beim späteren Schnüffeln mehr als zusagte - allerdings für die UVP von 120€. Diesen Preis war ich nicht bereit zu bezahlen, sodass ich enttäuscht über den "Nicht-Kauf" nach Hause ging, um ihn dann aber mit umso mehr Freude und Begeisterung für weniger als die Hälfte (unter 60€ i. d. R.) beim größten Online-Parfumhändler Europas zu erwerben.

Nun aber von der Background-Story zum Duft selbst:
Das Opening nehme ich als eins von einer würzigen und gepfefferten Bitterorange geprägtes wahr. Auch das Neroli trägt seinen Teil dazu bei und verleiht dem Opening etwas Frische, wobei ich besonders den Pfeffer und die Bitterorange herausrieche. Innerhalb von ca. 5 Minuten verflüchtigt sich die Kopfnote allerdings und geht - meiner Meinung nach etwas zu abgehackt - in die Herznote über; der Übergangsmoment ist sehr kurz.
Das Herz wird zunächst von Safran und im Anschluss besonders von einem süßen Weihrauch - ich liebe ihn (!) - geprägt, Kardamom nehme ich persönlich nicht wahr. Auf Entfernung, so nach meinen Erfahrungen, wird eher der Weihrauch wahrgenommen, auf besondere Nähe zur Haut eher der Safran. Durch die vorliegende männliche Süße (des Weihrauchs) wird dieser Versace-Duft langsam aber stetig wärmer und orientalischer, der Weihrauch, den ich bis zum Ende wahrnehme, macht ihn durch seine geheimnisvolle, rauchig-harzige, aber auch leicht süße, Wirkung zu einem "Noir".
Und das Oud? Dieses ist von Beginn an präsent, zunächst aber nur leicht, und wird im Herzen in Kombination mit dem Weihrauch stärker. Wirklich entfalten tut es sich aber erst im Drydown. Es verleiht dem "Oud Noir" etwas Geheimnisvolles und bildet mit Patchouli und der tasmanischen Scheinulme, auch als "Leatherwood" bekannt, eine Basis, die dem Parfum rundum Tiefe und auch nach Stunden der Haut eine angenehme Wärme und Mystik verleiht.
Rundum ein in meinen Augen sehr gelungener, holzig-rauchiger Orientale, bei dem der süße Weihrauch super mit dem - hier massentauglichen - Oud interagiert und dank des Safrans auch eine gewisser Würze erhält.
Aus diesem Grund schenke ich dem Duft 9 Punkte, einen halben Punkt ziehe ich wegen des in meinen Augen zu abgehackten / unharmonischen Übergangs zwischen der Kopf- und der Herznote und einen weiteren halben Punkt wegen des Ouds, das ruhig etwas, aber nicht viel, stärker hätte sein können.

Das Oud selbst empfinde ich weder als animalisch noch als fäkalisch, es geht eher in die medizinische Richtung und wirkt "noir" und holzig-rauchig, wobei es auch nicht, wie erwähnt, DAS Hauptthema des Duftes ist.
Aus diesem Grund empfehle ich "Versace Pour Homme Oud Noir" an dieser Stelle vor allem denjenigen, die einen massentauglichen und nicht allzu extravaganten Oud-Duft suchen und denjenigen, die in die "Welt des Ouds" einsteigen möchten und hiermit einen sehr guten und mehr als erschwinglichen Oud-Einstiegs-Duft suchen.

Die Haltbarkeit und die Silage erhalten von mir jeweils 7 Punkte, da der Duft bei mir auf der Haut 1 und auf der Kleidung 2 Stunden über einen Meter hinweg projiziert und auf meiner Haut 7 und auf der Kleidung 10 Stunden hält / wahrnehmbar ist. Dies könnte in meinen Augen ruhig etwas stärker sein, da ich in der Regel drei mal sprühe und es sich weiterhin um ein Eau de Parfum und nicht um ein Eau de Toilette handelt. Die Performance könnte stärker sein, wobei sie weiterhin (mehr als) gut ist.

Wo mir schonmal beim Sprühen sind: der Flakon erhält von mir eine glatte 10! Der Flakon ist schwer und das Glas dick und schön geformt. Zudem ist das Glas schön in einem Übergang gefärbt: unten schwarz und oben transparent, in der Mitte des Flakons das goldene Versace-Logo. Auch auf der Kappe und auf dem Sprüher ist die typische Versace-Medusa eingraviert. Alles in allem ein (hoch-)wertiger, schwarzer Flakon mit goldenen Akzenten und vielen Details, was will man mehr?!

Zusammenfassend ein männlicher, geheimnisvoller, verführerischer und rundum in sich stimmiger Oud-Duft, der sowohl den Einsteiger als auch den Erfahrenen zufriedenstellen kann und wird!
Das Oud hält sich eher bedeckt, ist aber trotzdem wahrnehmbar und prägt den Duft vor allem mit der - bei mir 3-4 Stunden anhaltenden - Herznote aus starkem, süßen Weihrauch und eher schwächeren, würzigen Safran.
Dieser Orientale sollte wegen seiner Wärme, Schwere und Süße bevorzugt im Herbst und im Winter getragen werden und passt zu jedem Anlass, vor allem aber fürs Ausgehen und kalte Abende und Nächte.
Komplimente erhielt ich von beiden Geschlechtern, mehr aber von den Frauen - und zwar reichlich, insofern ich es mit der Dosierung nicht übertrieben habe; 3 Spritzer reichen völlig aus.

Den Preis bzw. das Preis-Leistung-Verhältnis ist, finde ich, mehr als gegeben und für ca. 60€/100 ml auch für jedermann erschwinglich. Und um auch kurz die etlichen Vergleiche mit Tom Fords Oud Wood anzusprechen: eine gewisser Ähnlichkeit zwischen den beiden Düften ist nicht abzustreiten, aber den Oud Noir erachte ich nicht als Duftzwilling, geschweige denn als eine (billige) Kopie! Sie gehen denselben orientalischen Weg, allerdings ist der Versace männlicher und durch den Weihrauch und den Safran eher rauchiger und leicht würzig, wohingegen der Oud Wood eher den holzigen Weg einschlägt und in sich eher komplexer und teurer riecht - ob er den Mehrpreis aber wert ist, bleibt jedem selbst überlassen, für mich ist Oud Noir ein mehr als würdiger Oud Wood-"Ersatz", der "sein eigenes Ding macht" und aus den oben genannten Gründen in meinen Augen einer der besten erschwinglichen Designerouds ist, wenn nicht der Beste!
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