Le Vestiaire - Supreme Bouquet 2013

Sana2014
28.07.2015 - 03:53 Uhr
22
Top Rezension
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft

Dieser Duft zwingt dich in die Knie!

"Ein Duft zum Niederknien!" habe ich mir notiert, als ich letztes Jahr ein kleines Pröbchen von "Supreme Bouquet" geschenkt bekommen habe - und genau das dachte ich auch gestern, als ich in einer Parfümerie erneut über dieses Parfum stolperte: Cremig und blumig kommt es daher, aber vor allem SÜSS auf eine Art und Weise, die jeden Widerspruch verbietet! Entweder der überraschte Tester macht seinen (Geruchs)Schnabel direkt auf, um die olfaktorische Muttermilch in großen Zügen einzusaugen - oder er dreht angewidert das Köpfchen weg, weil ihm das einfach zu viel Mutter auf einmal ist... "Supreme Bouquet" ist überwältigend intensiv und nimmt mich sofort in seine übergroßen Arme. Seliges Grinsen breitet sich aus.

Für mich beherrschend sind die süßen Blumennoten in diesem Duft, jedoch das allein wäre nichts wirklich Außergewöhnliches: Tuberose, Ylang Ylang und Jasmin finden sich vielen Blumenparfums, wo sie allein oder in Kombination ihre Superkräfte austoben. Aber in "Supreme Bouquet" tritt eine Duftnote zu dieser Allstars-Blumendivenbesetzung hinzu, die ich bislang nicht kannte und die mich fasziniert: Es muss das Amberholz sein. Gestern hätte ich in meiner Ignoranz noch Stein und Bein geschworen, dass es Oud sei, denn an dessen leicht medizinische Note fühlte ich mich erinnert. Ich bin kein Oud-Fan und deshalb wirklich froh, dass es in diesem Parfum (augenscheinlich) nicht enthalten ist. Amberholz aber ist ein neuer Spieler auf meiner Geruchsbühne und verdient eine genauere Betrachtung.

Wikipedia sei Dank weiß ich jetzt, dass Amberholz vom Amberbaum stammt, der vor allem auf dem nordamerikanischen Kontinent verbreitet sei; sein Holz habe einen würzigen Geruch und sei bei Kunsttischlern sehr beliebt, sein flüssiges Harz aber sei früher zur Herstellung von Kaugummi verwendet worden. Hm. Könnte es sein, dass diese letzte Komponente den (früh)kindlichen Appeal von "Supreme Bouquet" ausmacht? Diesen "Ach, egal wie alt ich bin, ich will zu Mama"- Effekt? Es wäre wirklich interessant, Amberholz einmal pur zu schnuppern, um zu verstehen, wie es in der Kombination mit anderen wirkt. In "Supreme Bouquet" scheint es dazu beizutragen, dass das Dufterlebnis sehr persönlich, ja, sehr animalisch wird; nicht umsonst sind in der Duftpyramide entsprechende Noten aufgeführt. Süß bedeutet deshalb in diesem Parfum NICHT zuckrig, sondern so natürlich lecker wie einige Babies am Kopf riechen. (Ich kann mich lebhaft an den deutlichen Schokoladenduft erinnern, den ich einmal am Kopf eines Kindes wahrgenommen habe - in sofern kann ich Parfümliebes vorhergehenden Kommentar sehr gut verstehen!)

Zurück zu "Supreme Bouquet": Das Parfum hat eine gewaltige Sillage und eine große Haltbarkeit, die auch eine ausgiebige Dusche noch übersteht. Im Verlauf der Duftentwicklung weichen alle cremigen Aspekte relativ rasch zurück und überlassen dem Würzig-Süßen den Raum. Fast wird mir das ein bisschen zu viel, wie gesagt, ich hatte schon das allgewaltige und omnipräsente Oud im Verdacht, meine Schnupperstelle am Handgelenk gekidnappt zu haben. Aber letztlich ist es nur FAST zu viel, und der Duft bleibt angenehm. Es wäre den Versuch wert, "Supreme Bouquet" auf ein Kleidungsstück aufzutragen um herauszufinden, ob dieser unvergleichliche "Schnabel-auf!"-Effekt sich dort länger hält. Glücklicherweise habe ich ja noch das Pröbchen vom letzten Jahr, denn ich muss bei aller Faszination sagen, dass mir ein Preis von beinahe €200,- dann doch zu viel für diese Süßorgie ist.

"Supreme Bouquet" hinterlässt mich etwas gespalten: Die erste Sekunde ist reine Ekstase, die erste Minute Seligkeit, die erste Stunde größte Freude - und was dann kommt, finde ich angenehm, aber würde ich mir nicht kaufen. Deshalb leider keine volle Punktzahl für "Supreme Bouquet". Wer sich jedoch gerne den Atem von einem Duft rauben lässt, dem empfehle ich, sich das Vergnügen zu machen und einmal tief am Sprühkopf zu schnuppern: Mehr braucht es nicht, um wieder selig lallend in der Wiege zu liegen!
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