Manifesto L'Eclat 2014

Deirdre
07.12.2015 - 15:37 Uhr
29
Top Rezension
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Unverhofft kommt oft.

An dieses Parfum kam ich wie die Jungfrau zum Kinde.

Mit der Manifesto - Serie von YSL hatte ich bis gestern merklich wenig bis gar nichts zu tun.
Manifesto war mal irgendwann getestet, unter "Beerig - Süß - Generisch" abgelegt worden und ab dann ignorierte ich ihn und sämtliche Flanker geflissentlich. Bis zum gestrigen Tage, als ich einen neuen Flakon des Eclats auspackte.

Dazu muss man wissen: meine Mutter war die letzten vier Wochen auf großer Indienreise. Da sie uns keinen Nippes oder anderes Zeug von fraglicher Qualität mitbringen wollte, beschied sie, dass ich und mein Bruder uns jeweils ein Parfum aussuchen sollten, dies würde sie uns dann aus dem Duty Free Shop mitbringen. Keine große Überraschung, aber gut, was soll ich mich da beschweren ;) ?
Ich suchte mir Cinéma aus. Endlich sollte dieser wunderschöne Sommerorientale in meinen Besitz übergehen. Ich frohlockte. Lange war ich um den fraglich schönen Flakon mit dem wunderbaren Inhalt herumgeschlichen, aber jetzt sollte er endlich mein werden. Entsprechend enttäuscht war ich, als meine Mutter mir kurz vorher mitteilte, dass sie Cinéma nicht erhalten habe. Sie habe es sogar noch einmal im örtlichen Douglas versucht, wo sich wohl folgender Dialog so oder so ähnlich abgespielt haben muss.

"Guten Tag, ich suche Cinéma von YSL für meine Tochter."
- (verwirrter Blick der Verkäuferin): "Den führen wir nicht mehr, die letzte Flasche haben wir davon 2012 verkauft... Und überhaupt, wie alt ist denn Ihre Tochter?"
(verwirrter Blick meiner Mutter): "23, wieso?"
- (schockierter Blick der Verkäuferin): "Nunja, weil dieser Duft VIEL (!) zu altbacken für Ihre Tochter ist. Ich könnte den Duft wohl aber für Sie bestellen, wenn Sie darauf bestehen..."
(meine Mutter in gerät in Zeitnot): "Äh, nein, Danke! Was können Sie mir denn sonst so empfehlen?"

Innerlich graust es mich, wenn ich daran denke, was dabei alles hätte heraus kommen können (vor allem, weil meine Mutter a) sich meiner Duftvorlieben nur so marginal bewusst ist und b) in ewiger Liebe zu Olympea entbrannt ist und ich Salz in Parfums auf den Tod nicht ausstehen kann) ...

Nunja. Flash Forward. Es ist Sonntag und ich packe meinen Duft aus und stutze. Manifesto L'Eclat? Noch nie gehört. Mir schwant schlimmes, als ich über den Ur - Manifesto (oder das, was ich über ihn zu wissen glaube) nachdenke. Gewillt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, sprühe ich ihn auf - und sehe erstmal alle meine Vorurteile bestätigt, aber anders, als ich es gedacht hätte. Was ich da rieche, ist so weit von beerig entfernt wie nur irgendwie möglich.
Tatsächlich fühle ich mich unangenehm an das aktuelle Lieblingsparfum meiner Mutter (kleine Erinnerung: es ist Olympea) erinnert. Ich rieche etwas Süßes mit frischem, fast salzigem Einschlag. Ich lächele tapfer. Nur Mama nicht enttäuschen, sie hat sich doch so viel Mühe gegeben...

Was genau ich als salzig empfinde, kann ich nicht sagen. Ich spekuliere, ob es der grüne Tee in Kombination mit Neroli ist, aber ehrlich gesagt entzieht sich das einer genaueren Betrachtung durch meine Nase. Die Kopfnote ist jedenfalls gewöhungsbedürftig, zumindest für mich.
Dabei muss man dem Yves lassen: sie ist außergewöhnlich. So etwas riecht man nicht alle Tage in einer Duftwelt die aktuell mehrheitlich durch Obstkörbe, Marmelade und Zuckerwatte dominiert wird.

Tapfer drücke ich nach 20 Minuten erneut die Nase auf mein Handgelenk und meine Augen werden groß. Das riecht ja gar nicht schlecht. Das Frisch - Salzige hat sich verzogen und einer wunderbaren Wärme Platz gemacht. Vor meinem inneren Auge geht die Sonne auf und ich sehe in Spätsommerlicht getauchte Landschaften vor mir, überzogen vom goldenen Glanz der Sonne. Ich rieche eine sehr deutliche Tonka - Note, unterstützt von Vanille und Sandelholz, aufgelockert durch Freesie und Orangenblüte. Zuckerwatte rieche ich zum Glück nicht.
Ab der Herznote wird der Duft wunderbar weich, warm, und feminin. Girlie, kreischend süß oder billig wird er dabei zum Glück nicht, ganz im Gegenteil.

Im weiteren Verlauf des Abends schnuppere ich immer wieder irritiert, da mir ein gänzlich unbekannter Wohlgeruch in die Nase steigt. Warm und rund aber irgendwie auch ziemlich sexy. Nachdem ich alle anwesenden Personen mehr oder weniger subtil intensiv berochen habe, stelle ich fest: das bin ja ich. Und ab diesem Punkt kriege ich den Mund nicht mehr zu vor Staunen. Ich mag den Yves ja generell sehr gerne. Cinéma halte ich für großartig weiblich - elegant und In Love Again ist eine der wenigen Fruchtbomben, die ich liebe. Aber von diesem Manifesto Flanker bin ich regelrecht geflasht, vorallem nach der doch ein wenig gewöhnungsbedürftigen Kopfnote und meinen eher negativen Voreinstellung.

Die Basis ist einfach nur wunderschön. Dieser warme Fond aus Tonka, Sandelholz und einem Hauch Vanille ist einfach unbeschreiblich subtil - sexy. Wie ein Kaschmirpullover mit Uboot - Ausschnitt auf nackter Haut, der lässig über eine Schulter rutscht und immer Andeutungen auf mehr macht, aber doch nichts preisgibt außer einem wunderschönen Schlüsselbein...
Nicht opulent, überbordend sexy, sondern leise und subtil. Weil eine Frau in besagtem Kaschmirpullover weiß, dass sie dazu kein Make Up braucht, um ihren Mann zu verführen, sondern vielleicht lediglich ihr langes offenes Haar...

Wer aber auf Wummser steht, den muss ich enttäuschen. Obwohl die Haltbarkeit sehr gut ist (Nachmittags um 15.00 aufgesprüht, abends um 22.00 noch deutlich zu vernehmen), ist es kein Sillage - Monster. Kein "Hallo Wach! Hier bin ich! Seht alle her!" - Duft. L'Eclat ist stilvoll und besitzt genau das richtige Maß. Er wird wahrgenommen, drängt sich aber nicht auf.

Ich bin froh, ihn geschenkt bekommen zu haben, denn in meiner Borniertheit hätte ich bestimmt keinen Manifesto - Flanker getestet...

... und den Cinéma gibts dann halt von mir für mich zu Weihnachten.

Danke Mama!
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