Le Vestiaire - Babycat 2022

CoraKirsch
27.09.2022 - 10:32 Uhr
69
Top Rezension
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Vom Suchen und Finden der Liebe

Ich schreib (eigentlich) keine Rezensionen. Aber irgendwo müssen die übermächtigen Eindrücke ja hin, also Käfigtür auf, und der Text schreibt sich quasi von alleine. Das war so:

Vorletztes Wochenende war ich unterwegs auf Entdeckungstour. Aus Lust und Freude, ohne konkretes Ziel, ohne dringende Test-Liste. (Ich hatte in der jüngeren Vergangenheit einiges gekauft und fühlte mich daraufhin relativ imprägniert gegen spontante Gelüste, aber die Neugier ruht ja nicht.) Ich habe an jenem Wochenende viele - sehr viele - Düfte probegeschnuppert.
Und die meisten hier werden ja wissen, wie das läuft: 20 Düfte auf Papier, 3-4 auf verschiedenen Haut-Partien, und irgendwann befindet man sich in einem Zustand zwischen Überdrehtheit und Agonie. Die Düfte riechen schon noch verschieden, aber spätestens ab Probe 12 (oder so) ist die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich etwas durchdringt, nicht mehr so groß.
In diesem Modus also taumelte ich in der Düsseldorfer Breuninger-Filiale an das kleine Display, in dem die "Vestiaire"-Düfte von Yves Saint Laurent stehen. (Hatte ich gar nicht mit gerechnet, dachte, die gibt's nur direkt bei YSL...) Von ferne dämmerte es mir: "Ich hatte doch irgendwas davon auf der Merkliste..." Das Gesuchte, nämlich Babycat, war aber nicht da. Ausverkauft. Auf Nachfrage bekam ich trotzdem den Tester.
Erwartet hatte ich nichts. Einige schreiben was von Animalik. Strenge. Rauch. Männlichkeit. Mag ich alles nicht. Aber hey, der Vollständigkeit halber...

Und dann das. Diese warme, weiche Wolke, dezent gewürzig und dunkel, ohne im geringsten bitter oder streng zu sein. Absolut besonders und für mich elektrisierend, dabei überhaupt nicht krawallig. Schon der Auftakt hat mich am Haken. Vergessen sind 20 Teststreifen und alle bisher besprühten Hautpartien. Ich atme. Mit geschlossenen Augen. Die Hand unter der Nase festgetackert. Ich fühle mich - nach ein paar Minuten - entfernt an Angels' Share erinnert. Und noch entfernter an Athalia. Aber Babycat ist ein eigenständiges Tierchen, es liegt schnurrend und samtpfotig auf meiner Haut und geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Hauchzart smokey, auf die sanfteste und betörendste Weise.

Ich gehe spazieren - wie man so tut, wenn ein Duft zu testen ist. Nach einer Stunde bin ich wieder im Laden und verlange nach mehr. (Ja, das ist peinlich, weil ich wieder nach dem Tester fragen muss. Es ist mir egal.) Ich weiß, ich kann die Katze nicht gleich mitnehmen, sie ist ja ausverkauft. So wanke ich sinnestrunken mit diesem lebendigen Pelzkragen nach Hause und fange an, zu suchen.

Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich das Kätzchen gefunden habe. (Ich hatte das große Glück, dass eine liebe Parfuma ihres zur Adoption freigegeben hat, als ich gerade in den Souk geguckt habe.) Im Zuge meiner Suche habe ich noch zwei andere Parfumas mit dem Fieber angesteckt. Jetzt ist ein Flakon unterwegs zu mir. (Und zu den beiden anderen Verliebten auch.) Und es ist berauschend, zu wissen, dass das Herzklopfen nicht aufhört, wenn der Paketbote klingelt. Dann fängt es erst richtig an.
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