Source von Vallense

Source 2024

First
07.04.2025 - 08:16 Uhr
7
Hilfreiche Rezension
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft

Welcome to the club!

Ich hatte als Kind eine sogenannte "Clubjacke". Eine "Clubjacke", so lernte ich, war dunkelblau, hatte einen einem Jackett ähnlichen Kragen, der sich überklappen ließ, sowie zwei unten runde und oben eckige Brusttaschen. Die Brusttaschen, die Manschetten und die Jacke selbst ließen sich durch strahlende Knöpfe aus glänzendem Metall schließen. Meine "Clubjacke" war hüftlang und wurde nur zu festlichen Anlässen getragen. Außerdem hatte sie ein aufgesticktes Wappen in Rot, Blau und Gold auf weißem Grund. Ich fragte damals, was das denn für ein "Club" sei, denn ein Club war für mich ein Zusammenschluss von Leuten, die irgendeine offizielle Gemeinsamkeit hatten, z.B. ein Sportclub. Zu meiner Enttäuschung erfuhr ich, dass meine Jacke zu keinem echten Club gehörte, sondern nur Jacken von Clubs nachempfunden war. Im Zuge dessen erfuhr ich auch von den englischen Gentlemen's Clubs des letzten Jahrhunderts.
Später sollte ich in so einigen Büchern, Filmen und Serien einen Eindruck solcher Gentlemen's Clubs erhalten. Vermutlich habe ich auf diese Weise kein realistisches Bild vom Clubleben jener Zeit bekommen können, was mich aber nicht daran hinderte, es mir lebhaft vorzustellen, bishin zu der Vorstellung, wie es wohl wäre, so einem Club anzugehören. Dass nur Männer in einen solchen Club aufgenommen werden konnten, wusste ich zwar, verstand es aber nicht. Und so musste mit meiner Vorstellung, wie es in einem solchen Club wohl wäre, automatisch auch die Vorstellung verknüpft werden, wie es wohl wäre, ein Mann zu sein.

In diese alte Vorstellung, Mitglied eines englischen Clubs zu sein, entführt mich der Duft von Source:
Hell, säuerlich-rauchig ist Source im ersten Moment nicht meiner. Mir kommt es vor wie die angenehmste Art von Weihrauch, wobei ich Weihrauch eigentlich nicht so gerne mag, plus die torfig-säuerliche Geschmacksnote von Whiskey. Auch Whiskey mag ich deshalb nicht so gern. Dennoch ist die Kopfnote auch für mich durchaus tragbar und o.k., was ich von vielen ähnlichen Kopfnoten nicht sagen kann. Der Grund ist: Hier wirkt alles natürlich.
Schon nach wenigen Minuten kann ich die Bibliotheksanmutung von Moincha nachvollziehen: Ja, so können alte, angestaubte Folianten riechen, deren Ledereinbände sich säuerlich-seltsam von den vielen Händen, sie sie berührt haben, aufzulösen beginnen. Aber das Bild der Bibliothek hält bei mir nur sehr kurz, denn jetzt wird der Duft süßlich. Es bildet sich schleichend eine süßlich-rauchige Melange, die weder allzu rauchig noch süßlich im Sinne von essbar anmutet, sondern eher wie ich mir einen alten, weichen Ledersessel in meinem britischen Club des letzten Jahrhunderts vorstelle. Zusammen mit dem Whiskey sehe ich nun auch uralte, rissige Ledersessel und dunkles Mobiliar in glänzendem Holz, mit dem ein oder anderen Folianten auf Beistelltischen.
Es wird zwar geraucht, aber nicht übermäßig und die Zigaretten und Zigarillos sind von hoher Qualität. Es wird Whiskey getrunken, aber auch das nicht übermäßig, sondern gepflegt, und natürlich ist auch der Whiskey von guter Qualität. Vielleicht ist diese Clubassoziation der Grund, warum der Duft eine solch freundliche Ruhe ausstrahlt, eine Verlangsamung im besten Sinne, eine Konzentration auf das Wesentliche in Zeiten, in denen man noch per Hand Briefe schreiben musste, die vielleicht sogar noch mit Kutschen zum Hafen gefahren werden mussten, um dort mit Schiffen zu ihrem Ziel gebracht zu werden. Diese Langsamkeit, diese bodenständige Ruhe, enthebt mich von jeglicher Hektik des gegenwärtigen Alltags. Ich versacke tief in meinem Clubsessel.
Einige Stunden später sind der Rauch fast und die Säure ganz verschwunden. Zurück bleibt Süße und ein Hauch von Puder beginnt sich einzustellen.

Am Ende verklingt Source angenehm milde und leicht nussig weiterhin beruhigend mit etwas Moschus auf Holz.

Welcome to the club!
17 Antworten
FloydFloyd vor 4 Monaten
2
Interessante gedankliche Verknüpfung, die Du hier erstellst..
FirstFirst vor 4 Monaten
1
Danke! Es war mehr ein Gefühl als ein Gedanke und dann Erinnerungen
FirstFirst vor 4 Monaten
3
Ich habe Euch allen hier einen Pfeil hoch gegeben, @ElAttarine, @Pollita, @Seerose und @Marieposa, um mich für Eure Antwort zu bedanken, aber irgendjemand hat offensichtlich alle wieder einen runtergeklickt. Ich kann jetzt noch so oft, versuchen, Euch wieder ein 1+ zu klicken, aber zwei Klicks von der gleichen Person werden leider nicht akzeptiert. Nur bei Mariposa war ich wohl später dran. Bislang wurde sie noch nicht wieder runtergeklickt.
FirstFirst vor 4 Monaten
Danke Dir Marieposa 💕
MarieposaMarieposa vor 4 Monaten
1
Immer wieder erstaunlich, wie manche Leute hier ihre Zeit investieren 🤷‍♀️
Warte, ich gebe zum Ausgleich sofort jeder Antwort einen Pfeil 😊
SeeroseSeerose vor 4 Monaten
3
Dank Dir, nett von Dir. Es ist nicht schlimm für mich. Ich gucke das höchstens mal, wenn der Duft wieder bei mir „vorbeikommt“. Ich freu mich immer, wenn z. B. Du eine Rezi schreibt. Das ist mir wichtig. Ich mache sonst nur noch relativ wenig hier.
ElAttarineElAttarine vor 4 Monaten
3
Manchmal passiert das. Danke!
MarieposaMarieposa vor 4 Monaten
2
Gut möglich, dass mir der Duft ein wenig zu süß wäre, aber ich habe es sehr genossen, mich für die Rezensionslesezeit in den Club-Sessel neben dir zu setzten.
FirstFirst vor 4 Monaten
2
Danke, liebe Marieposa!
SeeroseSeerose vor 4 Monaten
2
Sehr schön beschrieben, liest sich interessant, wäre einen Test wert. Aber dieser Spruch: "Welcome to the club" hat jetzt umgangssprachlich eine ganz andere allgemeine Bedeutung. Wenn Du willst, erkläre ich Dir die alltägliche Verwendung, aber nicht hier und jetzt. Sonst werde ich hier als Besserwisserin und so weiter kritisiert. Danke für die ausführliche Rezi.
FirstFirst vor 4 Monaten
1
Ja, das war mir geläufig.
SeeroseSeerose vor 4 Monaten
1
Nee, mit sowas habe ich "nichts am Hut" so eine anloge Bedeutung wie dieser Spruch "nichts am Hut haben verwendet wird. Versteht man nicht als unwissender nicht Deutsch-Native-Speakter z. B Sondern aus der Zeitschrift "Spotlight" , jedoch zuerst aus Konversationen in denen mir der rätselhaft erscheinende Spruch zuteil wurde. Bei Ungeschicklichkeiten, wenn ich von mehr oder weniger amüsanten Tollpatschigkeiten und unangenehmen oder peinlichen, miesen Erlebnissen, Begebenheiten erzählte. Und andere damit ihr Verständnis und Mitgefühl ausdrückten, wie ihnen auch wiederfahren waren...so in der Schnelle erklärt.
FirstFirst vor 4 Monaten
1
Falls es nicht eine vollkommen neue tiktok- oder Influencer-generierte Bedeutung ist oder irgendwas aus Gamer-Szene, bin ich mir der Doppeldeutigkeit durchaus bewusst.
PollitaPollita vor 4 Monaten
2
Das Oud würde mich hier abschrecken. Ansonsten klingen Pyramide sowie auch Deine Beschreibung ein wenig wie Memoirs of a Trespasser, den ich mochte.
FirstFirst vor 4 Monaten
2
Ja, das Oud hatte mich auch erst abgeschreckt, erwarten wir doch in der Regel einen brutal überdosierten, künstlichen, bissigen Riechstoff, wenn Oud in der Pyramide steht. Hier rieche ich davon gar nichts. Vielleicht ist minimal echtes Oud drin oder ein Riechstoff, der anders ist als der übliche und unterschwellig dosiert. Memoirs of a Trespasser mochte ich auch. Source hat mich jedoch an keinen Duft wirklich erinnert, da er in seiner Gesamtheit angenehm außergewöhnlich erscheint.
ElAttarineElAttarine vor 4 Monaten
1
Wie toll, von schwierigem Anfang zur 9...! Und eine Clubjacke hatte ich auch ;-)
FirstFirst vor 4 Monaten
3
Haha! Du auch? Irgendwie erscheint das heute so antiquiert, finde ich.