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Ambra und Ambrox

Ambra und Ambrox vor 3 Jahren 1

Hey.

Es geht um den mysteriösen Rohstoff Ambra (Ambergris). Das graue Amber, das von Walen produziert wird; nicht zu verwechseln mit Amber/Bernstein, was in der Regel etwas mit einem warmen Akkord aus Harzen zu tun hat.

Mich interessiert der Unterschied im Geruch zwischen Ambra und Ambrox(an):
Fehlt Ambroxan viel zum natürlichen Pendant? Wie kann man sich den Geruch von richtigem Ambergris vorstellen? Hat das den gleichen Nase-stechenden Effekt wie Ambrox nur mit animalischen Facetten? Gibt es wirklich gute synthetische Ambra-Akkorde?

Das Thema ist ein bisschen dadurch motiviert, dass Ambra so sagenumwoben ist, Ambroxan aber oft so schlecht wegkommt, obwohl das doch einer der Hauptbestandteile vom natürlichen Ambra ist.

Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen mit Ambra und Ambrox in Parfums, und vielleicht kennt der/die eine oder andere sogar die Rohstoffe und mag davon berichten.

Zuletzt bearbeitet von Pip am 15.10.2021, 22:56, insgesamt einmal bearbeitet
vor 3 Jahren 2

Es gibt schon einige Threads zu dem Thema. Ich befürchte allerdings, dass Du, wenn Du Dich dort durchkämpfst, nachher verwirrter bist als jetzt.

Vielleicht fange ich mal so an: Ambroxan ist die Klammer, die alle ambrierten Akkorde verbindet, mag ihr Duftcharakter auch durchaus stark variieren. Ambroxan ist sowohl der wichtigste Duftstoff des Ambergris als auch des Labdanums - letzteres die Basis aller Amberakkorde (zusammen mit Vanille und ggf. anderen Harzen - nein, kein Bernstein 😀). Ambrierte Akkorde sind typische Basisakkorde. Das enthaltene Ambroxan hat die wunderbare Eigenschaft, einen frischen Charakter bis in die Basis hineinzutragen. Pur ist es schwer zu greifen - hell, strahlend, irgendwie auch warm, frisch, pudrig ... keinesfalls ein olfaktorischer Vorschlaghammer. Aber der Eigengeruch ist ja in der Regel auch egal - es geht um die Funktion. Extrem anpassungsfähig in Parfumformulierungen (absoluter Teamplayer). Wird das Ambroxan nicht als Reinsubstanz eingesetzt, sondern als Ambergris oder Labdanum/Vanille-Mix, bekommt man/frau/nase natürlich nicht nur die Funktion, sondern auch den ganzen restlichen Charakter mit - gewollt oder ungewollt. Beim Ambergris das tabakähnlich riechende gamma-Dihydroionon z. B. Andere Komponenten ergänzen Facetten von Seewasser, Weihrauch, etwas leicht Animalisches und Erdiges ... Dieser typisch orientalische Labdanum/Vanille-Mix wiederum ist deutlich süßer, breiter, harziger wirkend.

Ambroxan ist synthetisch eher teuer herzustellen und ginge es nur darum, möglichst günstig die Substanz in eine Formulierung zu bekommen, dürfte das mit einer mittelprächtigen Labdanumqualität einfacher sein (wenn aufgrund steigender Nachfrage die Ambroxansynthesen auch in den letzten Jahren günstiger geworden sind). Aber - siehe oben - Labdanum hat halt einen starken eigenen Duftcharakter, der ggf. gar nicht zu dem passt, was erzielt werden soll. Will ich nun ein Parfum kreieren, das bin in die Basis frisch riecht und nicht wahnsinnig breit oder harzig wird, so ist pures Ambroxan perfekt geeignet. Möchte ich, dass ein pieksig-frischer Duschgelduft auch in der Basis noch pieksig-duschgelig riecht, wird also oft zu Ambroxan gegriffen - und zwar nicht, weil es selbst so riecht, und nicht, weil es günstig ist, sondern weil damit die gewünschte Funktion erreicht wird. Wer Ambroxan in diesem Kontext kennenlernt und solche Düfte nicht mag, dürfte entsprechend bei der Nennung der Substanz in Duftpyramiden sehr skeptisch sein - selbst, wenn Ambroxan selbst vielleicht gar nicht als unangenehm empfunden werden würde.

vor 3 Jahren 1

Ich habe mal bei Annette Neuffer nachgefragt, von der ich weiß, dass sie natürliche Ambra (Ambregris) verwendet. Sie hat mir den Unterschied zu Ambroxan wie folgt erklärt:

https://www.perlentaucher.de/e...

vor 3 Jahren

Eure beiden Beiträge beantworten die Frage ganz genau, super. Danke euch!

Es stellt sich nur noch die Frage, warum die Wirkung so ist, wie sie ist— Falls hier ein Neurobiologe mitliest 😄 Vielleicht kann man das mit Glutamat vergleichen, dem Geschmacksverstärker.

vor 1 Jahr 2

Dieser Artikel auf Fragrantica ist sehr aufschlussreich. Darin wird aufgezeigt, warum oft fälschlich von Ambrox(an) die Rede ist, denn es gibt unzählige 'Woody Ambers' mit unterschiedlichen Facetten. Eine Vielzahl wird in dem Text jeweils kurz beschrieben.

danke vor 1 Jahr

Oh, interessant, das hat mich auch schon länger interessiert, ich dachte immer, Ambroxan wäre quasi eine Nachahmung des sauberen Anteils von echtem Ambra oder so. Dass es einer Fraktion von Labdanum nachgebaut ist hätte ich nie gedacht. Ich habe Labdanumöl da und war davon bei meinen Parfüm-misch-Versuchen dann doch nicht so begeistert. Es ist warm, balsamisch, süßlich bei Körperkontakt, hat aber auch etwas leicht ungewaschenes an sich. Wenn man an dem ungelösten Öl riecht ist es eher harzig-holzig, meins steht aber nun schon einige Jahre herum. Ich mag das synthetische Ambroxan glaube ich lieber, finde es genial, wie es in L'Interdit (2018) (Eau de Parfum)L'Interdit (2018) Eau de Parfum eingesetzt ist.

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