Im Sommer letzten Jahres habe ich einen ganzen Tag mit einem Parfumeur, einer Nase, verbracht. Ich hatte ihm auf Wunsch Gucci N°1 mitgebracht - das Extrait in einer kleinen Phiole, ebenso das EdP, in Sprühphiolen, einmal abgefüllt vom (nicht zu öffnenden) Sprühflakon und einmal abgefüllt von einem Schüttflakon.
Er hat keineswegs die Proben auf die Handgelenke gesprüht, sondern holte div. Papierstreifen heraus, schraubte die Phiolen auf und tauchte die Streifen hinein.
Schon nach kurzer Zeit konnte er feststellen, bei welcher Probe die Kopfnote oxydiert ist oder wo sie noch - zumindest ansatzweise - vorhanden war. Danach hat er die Duftbausteine der Herznote identifiziert und deren Konzentration unterschieden. Wir saßen etwa zwei Stunden zusammen und sprachen über so viele Dinge, die mich interessierten. Während dieser ganzen Zeit schnupperte er in Abständen an den Papierstreifen und gab hier und da eine Bemerkung dazu ab. So stellte er z. B. fest, dass der Jasmin in der Probe aus dem Sprühflakon deutlicher vorhanden war, als in der Probe aus dem Schüttflakon.
Das war für mich sehr interessant, denn beide Proben waren etwa gleich alt, beide Proben bereits angebrochen, also nicht neu, und beide Proben EdP - dennoch für ihn so unterschiedlich!
Aber er hat bereits über 40 Jahre Erfahrung in diesem Bereich und ist eine sehr geübte Nase, was Wunder also!
Dabei hat er mir mitgeteilt, dass ein Duft in einem fest verschlossenen, also nicht zu öffnenden Sprühflakon sich länger hält, als der Duft in einem Schüttflakon oder einem nachfüllbaren Sprühflakon. Je weniger Sauerstoff an einen Duft herankommt, um so besser hält er sich.
Seit diesem Treffen verwende ich Papierstreifen, parallel zum Handgelenk (dem Puls). Der Duft hält sich auf dem Papierstreifen über Tage, manchmal Wochen. Das gibt mir bessere Möglichkeiten, vor allem bei sehr alten und bereits offenen Düften. Solche teste ich grundsätzlich erst auf Papierstreifen, da ich nicht genau weiß, wie alt der Duft ist, wie er behandelt wurde und ob er überhaupt noch ok ist. Erst dann teste ich auch am Handgelenk, am Puls, um durch die Hautwärme die Sillage zu bekommen.
Ob das "richtiges" Testen ist weiß ich zwar nicht, aber es ist meine Art, meine Düfte zu testen und ich habe Freude daran.