Das ist mein Kommentar zu diesem Zeitungsartikel. Erneut journalistisches Tiefniveau. Was bitte soll eine "physiochemische Untersuchung" sein? Hat die ein Physiotherapeut durchgeführt?
Ja, ich weiss, ich nehme solche Sachen sehr genau, denn viele Leser bauen auf solchen Berichten ihre Meinungen auf und haben nicht die Vorbildung, diese kritisch zu betrachten und zu hinterfragen.
Ich bin durchaus sehr für den Schutz geistigen Eigentums. Aber diese Definition gibt mir zu denken: "...dass der Duft eines Parfums unter den Schutz des Urheberrechts fallen könne. Dies setze jedoch voraus, wie es für den Schutz nach dem Urheberrecht immer der Fall sei, dass der Duft originell ist. Er fügte hinzu, es sei der Duft selbst, der geschützt werde, und nicht die Flüssigkeit, der er entstamme." Wenn der Duft selbst geschützt werden kann, dann müssten nach meinem Verständnis dieser Worte Hunderte von Parfüms namhaftester Hersteller sofort als Plagiate verurteilt werden. Schon allein die Ähnlichkeit unter den Sportdüften müsste ausreichen, um diese sofort vom Markt zu verdammen - von einem Original abgesehen natürlich. Und wenn ich mir den letzten Halbsatz dieses Zitats nochmal anschaue: "...nicht die Flüssigkeit, der er entstamme", dann frage ich mich, wie im gleichen Zusammenhang eine Analyse der Flüssigkeit zur Urteilsbegründung herangezogen werden kann. Und diese Analyse belegt sogar nur eine Übereinstimmung der Inhaltsstoffe von 92 % (24 von 26 Substanzen), was als extrem unwahrscheinlich angesehen wird? Wenn ich so manche Duftpyramiden miteinander vergleiche - auch wenn darin nicht die "olfaktorischen Inhaltsstoffe" im Detail angegeben werden - halte ich eine solche Übereinstimmung für gar nicht so unwahrscheinlich. Die Anzahl dieser olfaktorischen Inhaltsstoffe auf dem Markt ist relativ begrenzt bzw. es gibt große Hersteller, von denen sehr viele Firmen ihre Stoffe beziehen. Da ist es durchaus wahrscheinlich, dass zwei Hersteller dasselbe Bergamotteöl und dasselbe Jasminöl usw. für ihre Mischungen verwenden, und wenn beide einen Duft einer bestimmten Richtung entwickeln wollen, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie diese Stoffe auch ähnlich mischen werden (ist mit "olfaktorischer Inhaltsstoff" überhaupt ein spezifisches Duftöl eines Herstellers gemeint, oder womöglich nur Jasmin, Bergamotte & Co.?). Das würde ich nicht mit täglichen Lottogewinnen vergleichen. Ein Klempner installiert auch nicht jeden Wasserhahn an einer anderen Stelle als sein Kollege es tun würde, und so können zwei Parfümeure, die ein ähnlich duftendes Parfüm entwickeln wollen, logischerweise auch nicht grundverschiedene Stoffe einsetzen (von hochpreisigen Naturessenzen bei Luxusdüften mal abgesehen). Die Mengenverhältnisse im fertigen Parfüm müssten auf jeden Fall mit in die Analyse einbezogen werden (was mit keinem Wort erwähnt ist). Ich will überhaupt nicht anzweifeln, dass tatsächlich versucht wurde, ein Parfüm nachzuahmen (das machen "seriöse" Hersteller auch zur Genüge, sie füllen diese dann allerdings in halbwegs anders aussehende Flakons ab), ich empfinde nur die beschriebene Methodik des Nachweises und die Definition bezüglich der Originalität eines Duftes zumindest für fragwürdig und diskutabel. Aber ich bin natürlich kein Parfümgutachter für Gerichtsprozesse und kann nur die wenigen veröffentlichten Argumente interpretieren.
Aber eigentlich wollte ich etwas zu kik & Co. sagen. Der Vertriebsweg eines Parfüms und dessen Preis sollte meiner Meinung nach keine Rolle bei der Fütterung der Datenbank spielen. Auch die Anzahl der Düfte, die ein Hersteller im Programm hat, sollte ebenso egal sein wie die Zahl seiner jährlichen Neuerscheinungen. Für mich ist auch Guerlain unübersichtlich, und einige andere bekannte Marken. Das mag an deren Historie liegen und nicht an kurzlebiger Saisonware, das gebe ich zu. Und warum soll hier niemand kik-Düfte testen? Wollten wir uns nicht für ein breiteres Publikum öffnen? Ab welcher Preisklasse oder bei welchen Vertriebswegen wollen wir uns verschließen? Einen kik-Duft kann ich leichter bekommen als Demeter. XerJoff-Parfüms werden in Deutschland gerade mal in vier Geschäften verkauft, der Online-Handel ist ganz untersagt. Dennoch gibt es keine Diskussion darüber, dass diese Parfüms in der Datenbank vertreten sind. Wieviele kik-Filialen gibt es in diesem Land? Und nur weil ein Duft in der Datenbank steht, muss doch niemand losziehen und ihn testen. Aber warum verfügbare Informationen verschenken? Die Datenbank wächst und wächst, und das finde ich schön. Jedes einzelne Parfüm bringt sie der Vollständigkeit näher. Erreichen werden wir sie vielleicht nie - aber wir können es versuchen, und nicht von vornherein sagen, das geht nicht. Lieber hin und wieder ein paar dieser Düfte ergänzen, als sie ignorieren, meine ich. Auch wenn wir wissen, dass viele fehlen. So wissen wir, dass
alle fehlen. Ist das wirklich besser? Ich frage mich inzwischen, ob ich überhaupt noch Vorschläge einreichen soll, wenn ich über eine Marke stoße, die hier noch nicht vertreten ist. Oder ob ich mir umsonst die Mühe mache. Ich kann nämlich nicht einschätzen, ob eine Marke, über die ich selbst zum ersten Mal stolpere, hier erwünscht ist oder nicht. Wir diskutieren manchmal wochenlang über kleinste Änderungen, aber grundsätzliche Dinge werden eben mal schnell entschieden, ohne dass nach Meinungen dazu gefragt wird. Mir ist bewusst, dass wir hier nicht Demokratie spielen, sondern einen "Chef" haben, der einsame und spontane Entscheidungen treffen kann, wie im Berufsleben auch. Im Berufsleben gibt es dann eben auch unzufriedene Mitarbeiter, die manchmal auch kündigen oder zumindest ihre Leistung herunterfahren. Das ist die andere Seite der Medaille.