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Bin ich ein Museum?

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vor 11 Jahren
Wie definiert Ihr denn "reine Ästhetik"?
vor 11 Jahren
Baux:
Ich hatte allerdings bisher den Eindruck, dass es in dieser Diskussion eben um die Parfums geht, wo sich der Hersteller mal einen Arsch um den Kunden...

Das war jetzt eigentlich so gar nicht beabsichtigt, aber die Diskussion nahm irgendwie diesen Verlauf und schwupps, waren wir wieder bei der Kunst vs. Kunsthandwerk/ Design-Geschichte. So ganz wohl war mir dabei nicht, auch wenn das Eingangsposting die Frage auch berühren mag.

Mir ging es eher um einen Austausch darüber, was "schön" oder auch "ästhetisch" ist oder auch nicht ist, was Parfüm soll und kann und was es vielleicht auch nicht soll, bzw. kann.

Um Sisyphos' Frage nochmal aufzugreifen: Was ist "reine Ästhetik"? Und auch: Was "Wirkungsästhetik"? Und vor allem, was sind Designparadigmen?
vor 11 Jahren
Gute Nachfrage, Dannyboy, denn das Wort "Ästhetik" wird unterschiedlich benutzt und verstanden (manchmal nicht analog im selben Kommunikationsakt):

Ästhetik (umgangssprachlich): Schönheit, Annehmlichkeit, Geschmack
Ästhetik (allgemein): Theorie des Schönen.
Ästhetik (philosophisch): Theorie der Kunst*
Wirkungsästhetik oder Rezeptionsästhetik: Theorie der Wahrnehmung von Kunst
und, weniger verwechslungsanfällig:
Designparadigmen: Die Merkmale und Bedingungen, die Design bestimmen.

*Ästhetik im philosophischen Sinne ist die Theorie der Kunst. Wenn jene gemeint ist, bemühe ich gerne den Begriff "ästhetische Theorie", um kenntlich zu machen, dass ich nicht die umgangssprachliche Ästhetik oder die allgemeine Ästhetik meine.

Ansonsten:
Sorry, wenn ich beim Lesen von ein paar Signalworten sofort meine Fragen/Ideen/Ansichten im Sinne der ästhetischen Theorie mit lauter Kunst-Fragen auspacke.*g* Ich hab da eine gewisse Neigung zum eingleisig Verstehen. Und sorry @Bo, wenn ich das mit ungenügend definierten oder unwesentlichen Begriffen zu tun versuche.
vor 11 Jahren
Ach was, kein Grund sich zu entschuldigen. Vielleicht waren der Threadtitel und das Eingangsposting schon etwas unglücklich formuliert. *g* Und im Grunde war die Debatte diesmal ja vergleichsweise ertragreich. Wink

Aber eigentlich ging es ja um das Thema, das Siebter und Zerostar angeschnitten hatten. Machen wir's doch für den erneuten Einstieg mal konkret und starten mit der Frage, ob Parfüms ironisch sein können oder ob das Tragen eines bestimmten Parfüms Ausdruck von Ironie sein kann. Einverstanden? *g*
vor 11 Jahren
Wenn ich zu einem Parfumo-Treffen "1 Million" trage, ist das sicher ironisch, auch wenn das Parfum das nicht gewollt hat. Wink
vor 11 Jahren
Kommt auch drauf an, wer sich angemeldet hat, oder? *g*
vor 11 Jahren
Huch, das 3. Thema in einem Thread? OK, versuche ich mich an letzerem:
Ironie unterliegt in jeder Kommunikationsform der Gefahr, nicht als solche erkannt zu werden (ich mag nur an so manchen Parfumokleinkrieg erinnern, der mit nicht verstandener Ironie begann ...). Da wir Düfte noch deutlich unreflektierter wahrnehmen als andere Sinneseindrücke, dürfte es in der Regel kaum möglich sein, Ironie zu erkennen.

Warum die Einschränkung "in der Regel"? Nun, die letzten beiden Threadbeiträge geben ein Beispiel, wo die Intention (Ironie) als solche erkannt werden könnte: in einem Umfeld, wo Düfte, genauer gesagt Parfums, sehr bewusst wahrgenommen werden und wo durch die Kommunikation über Parfums eine Kommunikation durch Parfums denkbar ist. Ein Beispiel: in jedem zweiten Beitrag (Vorsicht, Selbstironie!) schreibe ich, dass ich 50er/60er/70er-Jahre-Klassiker, die für mich zu sehr mit meiner Elterngeneration verknüpft sind, selbst nicht tragen mag - egal wie sehr ich die Qualität schätzen kann. Würde ich nun bei einem Parfumotreffen "Pour Monsieur" oder "Eau Sauvage" tragen, hätte ich die Lacher auf meiner Seite. Aber nur dort. Auf dem Weg zum Treffen in der Bahn würden sich die Reaktionen einpendeln zwischen Nichtbemerken und schrägen Blicken verknüpft mit der Einschätzung, dass ich ganz schön konservativ sei für mein Alter.

Ein Beispiel für nicht verstandene Ironie im Parfumbereich ist m.E. der Ethylmaltolknaller "Angel": Oliver Cresp hat ein prachtvolles Gemälde geschaffen, die Düfte eines Spaziergangs über einen Jahrmarkt eingefangen. Er scherte sich keinen Deut darum, ob das entstandene Parfum tragbar ist oder nicht, womit ihm klar war, dass so etwas eigentlich nur im Nischenbereich erfolgreich sein kann. Die Einreichung für Muglers ersten, auf den schnelllebigen Massenmarkt fokussierten Damenduft war daher als Scherz gemeint. Er konnte es kaum glauben, dass diese Ironie von den Verantwortlichen bei Mugler nicht erkannt wurde, und erst recht nicht, dass "Angel" ein kommerzieller Erfolg wurde.

Drittes Beispiel - die aktuelle Werbung für "N°5" mit Brad Pitt. Kein anderes Parfum steht so für Weiblichkeit wie Chanels Klassiker aus dem Jahre 1921. Das hat nichts damit zu tun, dass der Duft besonders blütenlastig wäre (viele Herrendüfte haben Blütenakkorde) oder süß (praktisch alle aktuell erfolgreichen Herrendüfte sind viel süßer als "N°5"), es hat wenig unmittelbar mit der Aldehydüberdosis zu tun (quasi die letzte Bastion der Damendüfte, die noch kaum in Herrendüften zu finden ist), aber sehr viel mit dem Erfolg und der Wiedererkennbarkeit: dadurch, dass es über Generationen von Damen getragen wurde, gilt es als Inbegriff des weiblichen, mittlerweile etwas altmodischen Parfums. Da setzt die aktuelle Werbekampagne an - eine ironische Gegenüberstellung des sehr weiblichen, trotz aller Zeitlosigkeit jetzt doch langsam altmodischen "N°5" gegen den modernen Mann Brad Pitt, die Männlichkeit unterstreichend mit einem kräftigen Bartwuchs, die ihm jede Androgynität nimmt (und damit auch die Zweifel ausräumt, dass es sich um eine große Unisexkampagne handeln könnte). Interessanterweise, logischerweise wird diese Ironie außerhalb der Parfumonasencommunity leichter erkannt als innerhalb.

Was ich mit den Beispielen zeigen wollte: ja, Parfums und das Tragen von Parfums können vom Sender ironisch gemeint sein, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Empfänger diese Ironie erkennen, ist gering. Vielleicht irre ich mich ja auch und "Angel" war gar nicht ironisch gemeint. Was meine These erst recht bestätigen würde. Es bedarf bei Sender und Empfänger des gleichen Kommunikationsverständnisses (ich meine hier Kommunikation durch und nicht Kommunikation, Sprache über Duft), damit Ironie erkannt wird. Oh je, jetzt sind wir wieder indirekt bei Intertextualität ...
vor 11 Jahren
Ist es denn wirklich wichtig, ob jeder die Ironie rafft?
vor 11 Jahren
Nö. Wer diesen Anspruch hat, wird nie ironisch sein. Aber vielleicht 50 % ... ein Viertel ... jeder zehnte? Wink
vor 11 Jahren
Dann könnte man aber sagen, dass ich mich in diesem Fall, also bei sehr geringer Wahrscheinlichkeit, dass das was ich ausdrücken will auch verstanden wird, zumindest überwiegend - entgegen meiner Absicht - zum Medium für den Duft mache, oder? Im schlimmsten Fall wird der Duft als unpassend wahrgenommen und ich stehe wie ein Idiot da. ShockedLaughing
vor 11 Jahren
Dannyboy:
Ist es denn wirklich wichtig, ob jeder die Ironie rafft?

Wenn jemand die Ironie des Parfüms nicht versteht, mag das unproblematisch sein. Wird aber die Ironie in der menschlichen Kommunikation nicht erkannt, gibt es häufig Schwierigkeiten, wie wir wissen.
vor 11 Jahren
Nach wie vor habe ich Zweifel, ob ein Parfum selbst ironisch sein kann. Ironie ist doch immer nur performativ (da ist dieses Wort schon wieder), also die Verwendung innerhalb eines Zusammenhangs, einer Gruppe, eines (zumindest theoretischen, minimal für den/die Ironie Übenden) verständlichen Zeichenrahmens.
Also quasi: "Ironie liegt im Auge des Betrachters." *g*

Ronins Beispiele sind gut. Das erste für eine ironische Verwendung und das dritte für Ironie in der Werbung.
Beim zweiten bin ich mir nicht sicher. Übrigens, ist das nur nachvollziehbare Vermutung oder gibt es dafür eine Quelle?*g*
Da ist auf jeden Fall das Komponieren und dann der Akt des Vorschlagens ironisch. Aber ist das Parfum, das ein ironisch gemeintes Konzept zur Grundlage hat, deshalb selbst ironisch?

Einfacher ist es mit dem Augenzwinkern als Teil des Konzepts. Da sage ich wesentlich leichter "ja". Einem Parfum kann, innerhalb seines Bauplans und Riechanmutung, neben anderem, ein Augenzwinkern mitgegeben sein, unabhängig, ob das von Tragenden und Riechenden wahrgenommen wird.
Zuletzt bearbeitet von Louce am 27.01.2013, 17:58, insgesamt einmal bearbeitet
vor 11 Jahren
@Jifat: Dass die Konsequenzen andere sein mögen, gebongt, aber das Tragen von Düften ist doch auch eine Form der Kommunikation, oder?

@Louce: Das heißt, das Augenzwinkern ist weniger performativ, als die Ironie? Und wenn du fragst, "ob ein Parfüm selbst ironisch sein kann", meinst du da nur den Duft an sich, oder auch den Namen, das Flakondesign, etc.?
vor 11 Jahren
@Danny: Ich meine schon das Parfum/den Duft selbst, nicht alles drumherum (das wäre dann ein ironisch wirkender Flakon, ein ironisch gemeinter Name, etc.).
Augenzwinkern ist natürlich ganz nah an der Ironie, aber dennoch viel "weicher" mit mehr Platz für Grauzonen. Ich versuche mal ein Beispiel: Angenommen ein Duft ist ganz entschieden frisch, grün, jugendlich, er betont das Frühlingshafte, Energievolle und Unreife. In seinem späten Herz kommt eine nakotisch-süße, überreife, volle und überhaupt nicht jung-frisch wirkende Blumennote dazu. Sie dreht die Duftanmutung nicht komplett um, ist nur ein kleiner, kontrastierender Impuls. Dann würde ich das als ein Augenzwinkern bezeichnen. Ich würde nicht nur denken, dass ein Kontrapunkt gesetzt wurde, was das Hauptthema des Duftes unterstreicht und ihm dient, sondern ich würde das auch (oder gar alternativ dazu) als augenzwinkernden Verweis in der Sprache des Geruchs interpretieren.
Ich würde nicht so weit gehen, das als regelrechtes Vanitas-Symbol zu bezeichen, ein Hinweis auf Vergänglichkeit und die Unausweichlichkeit des Todes, wie es z.B. bei einem im Hintergrund platzierten Totenkopf auf einem Gemälde der Fall wäre. Es gibt keine fixe Ikonographie für die Zeichensprache des Duftes. Aber ich würde diesen Noten-Effekt vielleicht mit "einer Art Vanitas-Wirkung" oder einer "Ähnlichkeit zur Vanitassymbolik" beschreiben.
vor 11 Jahren
Hm. Ohne Hinweis durch den Namen, etc. bleibt das aber auch reichlich spekulativ. Wenn man mal von ELdO absieht, findet man Humor wohl auch eher selten in der Parfümerie, oder hat da jemand weitere Beispiele? Und selbst da, behaupte ich mal, würde das Ganze ohne das Drumherum nicht funktionieren.
vor 11 Jahren
Wie gesagt... das, was ich oben entwarf, war ein Beispiel, wie ein Parfum selbst so was mitgegeben haben könnte, völlig unabhängig davon, ob es auf der Seite der Rezipierenden verstanden würde und ob es überhaupt sicher verstanden werden könnte. Bei Parfum ist so ein sicheres Bemerken, Verstehen und Interpretieren nicht möglich.
Aber: 100%ig sicheres Interpretieren gibt es ohnehin nicht. Selbst wenn Aussagen der/des Künstler/in vorliegen, ist damit mitnichten das Werk zu entschlüssen! Oft sind solche Aussagen wertvoll, aber auf keinen Fall "wahr" oder "richtig". Ich habe mich (lange her) mal intensivst mit Poetologie befasst und lernen müssen, dass poetologische Aussagen von Dichter/innen manchmal kompletter Crap sind, manchmal sehr hilfreich und nur selten befriedigend (aber nie umfassend) erklärend.
vor 11 Jahren
Dannyboy:
(...) Wenn man mal von ELdO absieht, findet man Humor wohl auch eher selten in der Parfümerie, oder hat da jemand weitere Beispiele? Und selbst da, behaupte ich mal, würde das Ganze ohne das Drumherum nicht funktionieren.

Das Drumherum ist nötig. Immer und bei allem. Ohne gewisse Zeichen der Inszenierung, Präsentation, ohne einen Rahmen, ist Humor auch in keinem anderen Zusammenhang als Humor zu verstehen.

Warum sollten wir von ELdO absehen?
Das Label liefert hervorragende Beispiele für humorvolles Parfum und humorvolles Drumherum und gibt eine Menge Möglichkeiten für humorvolles Tragen. Ganz viel Augenzwinkern. Hier und da richtige Ironie.

Fußnotenbemerkung: "Humor" bedeutet nicht, dass ein Parfum nicht auch ernst gemeint sein kann als Parfum. Weil etwas witzig ist oder Witz hat, wird es nicht selbst zum Witz.
vor 11 Jahren
Eben drum, ELdO ist witzig! Wink Die Parfüms müssen natürlich auch ernst gemeint sein, um als solche zu funktionieren, oder? Ansonsten sind es reine "Scherzartikel". Smile

Wenn das Drumherum immer dazugehört, dann verstehe ich deine Aussage zur Ironie (s.o. "nur der Duft an sich") nicht. Auch wenn "Humor" natürlich weiter gefasst ist.
vor 11 Jahren
Dannyboy:
Wenn das Drumherum immer dazugehört, dann verstehe ich deine Aussage zur Ironie (s.o. "nur der Duft an sich") nicht.

Wenn du als Träger mit dem Duft eine geheimbündlerische Humorgemeinschaft bildest, weil der Hersteller das Paket aus Flasche und Inhalt eben so gestaltet hat, dass du das nicht ernst nehmen kannst, gilt das ja noch lange nicht für jemanden, der den Duft nur riecht. Der Grat zwischen witzig und peinlich war ja schon immer schmal. Mit witzigen Parfums stinkt man im Zweifel einfach nur.
vor 11 Jahren
Eben. Dann hab' ich das wohl falsch verstanden. Wobei es ja Leute gibt, die Düfte nur für sich tragen... *g*
vor 11 Jahren
Ironie ist der Fall, wenn das Geäußerte und das Gemeinte zueinander gegenteilig sind. Das ist krass genau! Da sind das Eigentliche und das Uneigentliche nicht ein wenig anders, ein bisschen verschoben, sondern die genauen Gegenteile voneinander. Innerhalb eines nicht präzisen Zeichensystems (Duft) kann eine so präzise Sinn-Schaffung nicht stattfinden, denke ich.
Das Nicht-Präzise meinte ich mit "Grauzonen". Innerhalb dieser kann eine Menge passieren, das ich aber nicht Ironie nennen würde.

Das Beispiel mit dem "augenzwinkernden" Frische-Duft mit der kleinen Überreif-Note würde m. E. genauso gültig sein und funktionieren, wenn es nie auf rezipierender Seite verstanden würde, dennoch finde ich es ganz gut verständlich und bin mir sicher, dass es auch so aufgefasst würde (wenngleich nicht von einer Mehrheit).
vor 11 Jahren
Louce:
Da ist auf jeden Fall das Komponieren und dann der Akt des Vorschlagens ironisch. Aber ist das Parfum, das ein ironisch gemeintes Konzept zur Grundlage hat, deshalb selbst ironisch?

Das hatte ich so auch nicht gemeint. Sorry fúr die schlampige Ausdrucksweise.
Dannyboy:
Hm. Ohne Hinweis durch den Namen, etc. bleibt das aber auch reichlich spekulativ. Wenn man mal von ELdO absieht, findet man Humor wohl auch eher selten in der Parfümerie, oder hat da jemand weitere Beispiele? Und selbst da, behaupte ich mal, würde das Ganze ohne das Drumherum nicht funktionieren.

"Kelly Calèche" funktioniert m.E. ohne Drumherum. Ich finde das Beispiel sogar treffender als die EldO-Düfte, da allein der Flakoninhalt, ohne Kenntnis des Namens o.ä., ausreicht, um den Humor zu erkennen.

Um vom Augenzwinkern wieder zum engen Begriff Ironie zu kommen: Parfumeurinnen und Parfumeure sind ja eine verschworene, zumindest leidlich verschwiegene Gilde. Sollten sie mit einigem elitären Standesdünkel versehen sein, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sie sich gegenseitig ironische Zitate zuwerfen, die gar nicht außerhalb der Gilde verstanden werden sollen - nur, um sich anschließend lustig machen zu können über die vermeintliche Dummheit außerhalb ihrer Gruppe. Es müssen deswegen keine schlechten Menschen sein, manchmal braucht es so ein Ventil, z.B. wenn eines ihrer guten Parfums sich partout nicht verkaufen will und stattdessen irgendein Schrott Akzeptanz findet. Wink

Vermutlich gibt es also mehr ironische Bezüge, als wir denken.
vor 11 Jahren
Ronin:
Um vom Augenzwinkern wieder zum engen Begriff Ironie zu kommen: Parfumeurinnen und Parfumeure sind ja eine verschworene, zumindest leidlich verschwiegene Gilde. Sollten sie mit einigem elitären Standesdünkel versehen sein, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass sie sich gegenseitig ironische Zitate zuwerfen, die gar nicht außerhalb der Gilde verstanden werden sollen - nur, um sich anschließend lustig machen zu können über die vermeintliche Dummheit außerhalb ihrer Gruppe. Es müssen deswegen keine schlechten Menschen sein, manchmal braucht es so ein Ventil, z.B. wenn eines ihrer guten Parfums sich partout nicht verkaufen will und stattdessen irgendein Schrott Akzeptanz findet. Wink

Vermutlich gibt es also mehr ironische Bezüge, als wir denken.

Guter Punkt!
Ironie-Insider und hermetische intertextuelle Bezüge sind vielleicht massenhaft der Fall, nur können wir kaum dahinter kommen.
vor 11 Jahren
Ronin:

dass sie sich gegenseitig ironische Zitate zuwerfen, die gar nicht außerhalb der Gilde verstanden werden sollen - nur, um sich anschließend lustig machen zu können über die vermeintliche Dummheit außerhalb ihrer Gruppe.

(fett von mir)
das bezweifel ich.
viel eher wird ironie genauso wie in der bildenden und sonstigen kunst als skeptischer kommentar zu bestehendem und lust an persiflage verwendet. als beispiel: siegmar polkes bild „Höhere Wesen befahlen, rechte obere Ecke schwarz malen!“
zwangsläufig wird man, weil in einer subgruppe spezialisiert und verfeinert, oft nur von den jeweiligen subgruppen verstanden. die außerhalb der subgruppe stehenden interessieren dabei nicht - manchmal wird deren existenz vergessen.

ironie ist oft ein sich nicht festlegen. weil man weiss, dass man nicht weiss.
vor 11 Jahren
ich möchte noch mal zurückkommen auf das thema kunst und schönheit.
louce schreibt in ihrem blog, dass picassos guernica nicht schön aber kunst ist. (ich habe noch nicht den ganzen blog gelesen)

vielleicht muss man differenzieren zwischen form und inhalt. denn die form von guernica ist durchaus schön, durchkomponiert um verständlich zu sein. der inhalt ist nicht schön.
vergleichbar ist tizians schändung des marsyas, eine atemberaubend schöne malerei eines schrecklichen vorgangs, nämlich die häutung des marsyas, eine folterung.
dann gibt es bilder, die malerisch etwas stümperhaft sind, aber der inhalt strahlt (frühe bilder von fra angelico). oder so ein zwischending wie das vermeintlich stümperhafte gekritzel von twombly in seinen poetischen arbeiten. der lepantozyklus wiederum, sein spätwerk, ist ein strahlend schöner schrecken.

auf der suche nach arbeiten, die weder formal noch inhaltlich mit schönheit zu tun haben, fiel mir jonathan meese ein. aber genau bei diesem weigere ich mich, seine arbeiten kunst zu nennen.

um kunst zu machen braucht es einen gestaltungswillen und eine notwendigkeit. und die arbeit muss den künstler berühen. letzteres ist die vorraussetzung, damit sie sie auch andere berühren kann.

das alles kann man auf das parfümmachen beziehen. werder die tragbarkeit noch die flüchtigkeit ist ein kunst-ausschlußkriterium.
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