Adhira

Adhira

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6 - 10 von 11
Adhira vor 7 Jahren 6 2
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Die kellernde Pflaume
Nach langer Zeit habe ich einmal wieder Mon Parfum Chéri par Camille aus der großen Hutschachtel befreit, in der meine Goutals lagern. Mutigerweise hatte ich mir damals die 100ml-Dröhnung gegönnt - weiß der Geier, warum, denn: Der Duft kellert, und zwar so etwas von.

Zu Beginn schwappt mir eine leckere Pflaumenlikör-Note entgegen und ich denke "Hey, geht doch, warum hast du ihn so lange nicht mehr benutzt?", nur, um mich nach weniger als einer Minute in den Keller hinunterzuschubsen, und zwar mit einem gewaltigen Tritt in den Hintern. Ich falle tief, und mit mir nach unten kullern ein paar Plaumen, aber bis ganz nach unten, wo ich auf den harten Steinboden zwischen ein paar Holzkisten und modrigen Möbeln, die schon ein paar Jahre im Keller stehen, lande, schaffen es die Pfläumchen nicht. Schimmel - rieche ich Schimmel? Kann gut sein. Es ist dunkel, denn jemand hat das Licht ausgemacht und mich in der Patchouli-Gruft zurückgelassen. Hallelujah, jetzt sitze ich aber in der Klemme. Ich habe nämlich das Pech, dass Patchouli-Noten an mir kellern wie der Teufel - der wahrscheinlich da unten im Keller irgendwo feixend in der Ecke hockt, sich jetzt genüßlich die Hände reibt und darauf lauert, mich ein paar Stunden zu quälen.

Tja, was tun - abwarten oder abwaschen? Ich beschließe einen Kompromiss, und erlöse zumindest einmal mein rechtes Handgelenk, indem ich den süßen Eau de Fleur de Prunier von Kenzo darüber layere, was den Patchouli erst einmal kaum kümmert, nach zähem Ringen nach ein paar Minuten jedoch den Keller ein klein wenig erträglicher macht. Am linken Handgelenk bleibt der Camille in seiner schönsten Moder-Pracht erhalten.

So gruftle ich also beständig weiter vor mich hin, bedaure mein Schicksal und beschließe, den Abend vor dem Fernseher zu verbringen. Es ist Wiesn-Zeit und mir kommt der Gedanke, dass der Camille vielleicht sogar ein gutes Mittel wäre, um Plätze in einem vollen Zelt zu ergattern, indem man die Sitznachbarn mit Kellergeruch belästigt.

Der Fernseher lenkt mich ein wenig ab und ich denke nicht mehr an den Camille. Eine Stunde ist vergangen, und da fällt er mir wieder ein und ... oha! - da hat sich etwas getan. Ich stehe also auf und schüttle mir den Staub und den Patchouli-Teufel - zwischenzeitlich eher ein Teufelchen - ab. Irgendetwas hat sich verändert. Ich bin verblüfft, denn ich rieche zart süß-Pudriges. Kommt da etwa das Heliotrop durch? Tatsächlich! Und auch etwas Puder und etwas fein Blumiges. Der Patchouli-Teufel schwächelt und ist nur noch ansatzweise wahrnehmbar. Es kommt mir vor, als ob er die süßeren Komponenten an der Leine hält, dass sie nicht zu sehr vorpreschen. Oder ist es etwa umgekehrt und die anderen Nuancen tanzen dem kleinen Kerl auf der Nase herum?

Wie auch immer, das Ergebnis passt, die kellernde Camille ist ein passabler Duft geworden. Ich bin positiv überrascht, weil ich mich in einem aufgeräumten, sauberen und hell-modernen Keller mit Süßwarenregalen wiedergefunden habe. Und auch ein paar Blumensträußchen stehen herum. Patchouli als Fußnote ist deutlich gemäßigter als im Auftakt und wird - ich kann kaum glauben, dass ausgerechnet ich das sage - schön.

Der Duft braucht Zeit und Geduld. Ich befürchte nur, dass der Duftverlauf einfach zu anstrengend ist und die Unterschiede zu krass sind. Für die Blümerant-Pudrigen unter den Parfumos gruftelt er zu Beginn zu stark, das ist gewiss. Den erdigen Patchouli-Fans dürfte dann der Ausklang eher ein Dorn im Auge sein.

Ich muss mich noch entscheiden, ob ich mit der Gruftphase klarkomme, die mir ein wenig zu lange dauert. Aber warum nicht? Die Zeit kann man nutzen, um an begehrte Plätze im Restaurant zu kommen oder aufdringliche Verehrer zu vergraulen ...
2 Antworten
Adhira vor 7 Jahren 12
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Ich bin so wild nach deinem Erdbeer-Oud - olé!
Was ist das für ein Hingucker! Ich meine, allein schon diese schwarze Verpackung mit den gold-roten Rosen darauf lässt einen sofort an ein Flamenco-Kleid und eine feurige spanische Tänzerin denken. Und es wird noch besser: In der edlen schwarzen Lackschachtel (mit Innenspiegel!) befindet sich auf blutrotem Samt der Flakon, der in ein schwarz-rotes Satinsäckchen gehüllt ist. Die Verpackung nebst Innenleben von Flamenco ist wirklich ein kleiner Traum. Da wird auch für die Optik einiges geboten. Ich bin ja niemand, der auf Verpackungen steht und diese aufbewahrt, aber das ist bei diesem Duft definitiv anders.

Ach ja, der Duft :-) Wie der mit Spanien unf Flamenco zusammengeht, erschließt sich mir zu Beginn nicht so ganz: Ich kannte die Duftpyramide nicht und war daher völlig unbedarft, als ich mir den Duft das erste Mal aufsprühen ließ. Das Erste, was ich roch, war Oud, und davon nicht zu wenig. Und dazu Erdbeere. Interessante Kombi, die aber normalerweise nichts für mich ist. Erdbeere in Düften ist mir zu zuckrig, Oud geht meist gar nicht, denn meine Haut sucht sich von vielen Bestandteilen ausgerechnet immer diese Ingredienz aus und duftet alles andere nieder. Soll heißen: Es kommt immer so stark heraus, dass fast alle Oud-Düfte bei mir stechend werden.

Und so kommt es auch hier. Oud macht sich breit und wird nur mühsam von der Erdbeere in Schach gehalten - aber immerhin, sie bemüht sich redlich, kann aber das Holzige nicht verhindern. Orangenblüte? Keine Spur. Veilchen - wo bist du? Jasmin? Hat sich verkrochen. Rose? Erst einmal nicht vorhanden.

Sie blüht aber auf. Sehr mühsam allerdings und bei mir erst wahrnehmbar nach ca. eineinhalb Stunden. Und dann - ja dann explodiert der Duft. Wie eine Flamencotänzerin. Oud tritt in den Hintergrund, die Erdbeere legt sich auf die Rosenblätter und auch die Orangenblüte mischt auf dem Tanzboden mit. Traumschöne Kombi und traumschön wird er, der Flamenco, und wirbelt die Sinne durcheinander wie das rote Kleid, das beim Flamenco die Tänzerin umschmeichelt.

Süß wird er bei mir nicht, auch nicht so richtig fruchtig oder zu blumig, denn da ist immer noch das Oud, Ich nehme es die ganze Zeit deutlich wahr, obwohl nicht in der Duftpyramide geführt. In dieser Form ist es aber für mich angenehm kombiniert, wäre da nicht der erst ein bisschen steinige Weg durch die Kopf- und Herznote wie oben beschrieben. Daher auch nur 9 von 10 Punkten. Aber eine Spanierin ist stolz und vermutlich zu Beginn einer Beziehung auch erst einmal ein bisschen spröde, bevor die Leidenschaft zum Vorschein kommt.

So. Irgendwie habe ich jetzt Lust auf ein rotes Kleid und einen feurigen spanischen Tänzer, der mir Flamenco beibringt. Ich habe zwar keine schwarzen, sondern nur dunkelblonde Haare (Abspülwasser-Blond), aber Rot steht mir trotzdem. Ich gehe jetzt mal ins Internet und gucke nach einem entsprechenden Outfit und den passenden Schuhen ...
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Adhira vor 7 Jahren 6 1
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die mit Kakao bestäubte Waldfee
Erinnert sich noch jemand an Prinzessin Fantaghiro? Die tapfere Schöne, die stets um ihren Prinzen, den soften und etwas langweiligen Romualdo gekämpft hat? Und dafür den sagenhaft aussehenden bösen schwarzhaarigen Zauberer Tarabas, der in sie verliebt war, sausen ließ? Das habe ich ihr ja bis heute nicht verziehen. Aber den schönen Tarabas verschmähte sie erst in Folge 5 bis sechs, in Folge 3 und 4 traf Fantaghiro auf eine zarte, rothaarige, über und über mit bunten Blättern bedeckte Fee, die Herrin des Waldes. Genau an diese Waldfee erinnert mich Black Bottle.

Die ganzen in der Duftpyramide angegebenen Ingredienzien wie Mandarine, Heliotrop, Karamell, Ylang Ylang, Iris – die rieche ich nicht. Ich rieche Wald. Raschelnde Blätter, grünes Moos, feuchtes Holz, satte Erde. Keine Spur von Blumen, Naschwerk oder Frucht.

Wenn die Tage kürzer werden, die Sonne tiefer steht, Nebelschwaden über den Feldern aufziehen, die Blätter fallen, dann ist es Zeit für lange Waldspaziergänge und die DVDs mit Prinzessin Fantaghiro. Und für Black Bottle. Denn wenn Fantaghiro auf die zauberhafte Waldfee und ihre Elfen trifft, fällt er mir wieder ein und ich muss ihn auf mein Handgelenk sprühen. Und schon befinde ich mich mitten in dem italienischen Märchen, kann den Wald und die Blätter riechen und hoffe wider besseren Wissens, dass Fantaghiro sich in den nächsten Folgen dann doch für den grünäugigen Tarabas entscheidet. Was natürlich nicht passiert.

Aber zurück zur Waldfee – die duftet tatsächlich wie Black Bottle. Doch halt, was ist das? Ganz hat sich Black Bottle nicht an das Drehbuch gehalten. Die Fee wurde mit ein paar kleinen Wölkchen dunklem und bitteren Kakao bestäubt, die ihr der Wind von den zarten Schultern pustet. Kaum wahrnehmbar, aber doch vorhanden. Dennoch bleibt Black Bottle dunkel und erdig. Um ihn als Frau zu tragen, muss man ein bisschen Mut haben. Zwar nicht so viel wie Prinzessin Fantaghiro, aber wer möchte schon mit ihr tauschen und Romualdo küssen, wenn man dafür Tarabas haben kann?
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Adhira vor 7 Jahren 4 1
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Kühl - kühler - Bouteille Blanche
Es hat 40 Grad im Schatten. Für mich ja eine schöne Vorstellung, aber manchen steht allein schon bei dem Gedanken der Schweiß auf der Stirn und jagt ihnen Hitzewellen durch den Körper. Für diese Menschen, die Hellhäutigen mit zarter, blasser Haut, dürfte Bouteille Blanche wirken wie nach flirrender Hitze in der Wüste urplötzlich in ein Haus mit dicken und weiß gekalkten Mauern einzutreten, angenehm kühl und nach dem grellen Sonnenlicht eine Wohltat für die Augen. Trotzdem ist das Haus lichtdurchflutet und hell, hat aber nur eine große Fensterfront auf der Nordseite. Es ist minimalistisch eingerichtet, auf einem einfachen Holztisch steht eine Schale mit ein paar Orangen und in einer weißen Vase ein Strauß Magnolien. Setzt man sich auf den einzigen Stuhl am Tisch, kann man das Holz riechen, deutlich sogar. Das ist ebenfalls angenehm kühl. Moschus gesellt sich nach einiger Zeit dazu und verhindert, dass die geringste Andeutung von Wärme aufkommt. So lange, bis die Sonne untergeht und auch draußen die Temperaturen endlich beginnen zu fallen.

Ich assoziiere mit dem Duft helle, kühle Haut im Schatten, vor der Sonne sorgfältig geschützt. Und Distanz. Bouteille Blanche ist kein Kuschelduft, aber er ist auch nicht kalt. Trägerin oder Träger sind elegant, höflich und kultiviert, aber auch ein bisschen unnahbar und undurchschaubar. Eine Duftfreundin von mir sagt, sie trägt Bouteille Blanche immer dann, wenn sie im Büro schwierige Gespräche führen muss, die Distanz erfordern. Dafür ist er genau richtig.

Ist Bouteille Blanche ein Sommerduft? Nein. Aber er sorgt an heißen Tagen gewiss für einen klaren und kühlen Kopf - jedoch ganz anders als die üblichen zitronigen Sommer-Splashs. Und im Gegensatz zu diesen ist Bouteille Blanche ein Duft mit gigantischer Haltbarkeit.
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Adhira vor 7 Jahren 9 1
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Das Veilchen im Abendkleid
Ich liebe die Leykarar-Düfte allein schon wegen der schönen, puristischen Flakons in den unterschiedlichen und edlen Farben. Aber auch deswegen, weil sie allesamt sehr besonders und weitab vom Mainstream, aber trotzdem gut tragbar sind. Nach dem tiefschwarzen und sehr ausdrucksstarken „Black Bottle“ und dem kühl-weißen „Bouteille Blanche“ ist Un Peu Bizarre der für mich gefälligste Duft dieser Marke und so gar nicht bizarr wie sein Name vielleicht vermuten lässt. Ich mochte ihn sofort, gleich beim ersten Mal hat er mein Herz erobert.

Leicht pfeffrige Düfte mag ich ausnehmend gern und hier steigt einem die feine Würze des Pfeffers unmittelbar nach dem Aufsprühen in die Nase, die aber sofort gepaart ist mit frischen, zarten Rosenblättern - und ganz eindeutig mit einem sehr präsenten Veilchen, das sich an die Haut schmiegt wie ein wunderschönes dunkelviolettes Abendkleid. Kein kleines Schwarzes also, sondern ein langes edles mit einer kleinen Schleppe.

Das Abendkleid wird also angezogen und peng! der Blick in den Spiegel offenbart, dass einem die Traumrobe perfekt steht und man bewundernde Blicke erntet, sobald man den Saal betritt. Im Verlauf des Abends mischt sich das Veilchen unters Volk, sticht aber überall und immer wieder deutlich heraus. Nach ein paar Runden trifft es auf Vetiver, das ihm ergeben, aber unaufdringlich folgt, dezent die Schleppe hält und nicht von seiner Seite weicht. Vetiver verhindert auch, dass das Abendkleid zu viel Puder abbekommt, der im Ballsaal deutlich wahrnehmbar umherschwirrt. Mimosen und Akazien fristen ihr Dasein eher außerhalb des Ballsaales und das Veilchen würdigt sie kaum eines Blickes. Selbstverständlich geht die Veilchen-Traumfrau mit ihrem Abendkleid auch nicht in den Patchouli-Keller, sondern höchstens an ihm vorbei und streift dabei noch nicht einmal die Kellertür. Und auch das Raucherzimmer mit dem würzigen Duft von Tabak betritt das Veilchen nicht, allenfalls ahnt man, wohin sich die Herren mit den gerade geöffneten Zigarrenkisten zurückgezogen haben. Um die Tabak-Machos kümmert sich das Veilchen aber nicht weiter – wozu auch, die können ihm nicht die Show stehlen, dafür strahlt es zu sehr in seinem eigenen Glanz.

Gegen Ende des Abends sind Veilchenkleid und Trägerin eins geworden und duften pudrig, aber immer noch zartwürzig. Das Veilchen hat sich entschlossen, sich vom Vetiver nach Hause bringen zu lassen und verlässt mit ihm den Ballsaal. Ob mehr daraus wird, ist bis zum Schluss offen und kommt auf die Laune des Veilchens – oder der Trägerin – an. Der Morgen dämmert, der Ball ist nach ein paar langen Stunden vorbei – und Frau freut sich schon wieder auf die nächste Gelegenheit, die Traumrobe anziehen zu können.

Wirklich schön ist er, der Duft. Er hat es von Anfang an in meine absolute Top-10-Liste geschafft und sitzt seitdem dort fest im Sattel. Veilchenliebhaberinnen und Abendkleidträgerinnen sollten sich den Duft vormerken.
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6 - 10 von 11