Dimethicone

Ich bin von dem Glossier Duft direkt bezaubert worden! Das ist DER Duft der Sauberkeit, nach dem ich so lange gesucht habe. Sauber und gepflegt, ohne zu seifig, synthetisch, altmodisch, pudrig oder staubig zu riechen. Keine irritierenden Blumen, keine stehenden Noten, keine Assoziationen mit einem Reinigungs- oder Waschmittel.

Das, was man riecht, ist rund, minimal süß, sanft und sehr angenehm. Einerseits ist der Geruch anziehend und – ich habe das noch zu keinem Duft gesagt – verführerisch. Vielleicht bin ich hier alleine, aber darin ist etwas sexy, dass man so nackt und frisch riecht. Auf meiner Haut wirkt er super feminin, aber dadurch, dass das ein molekülarer Duft ist, könnte er sich ganz anders auf der männlichen Haut entfalten.

Was die einzelnen Noten betrifft, kaum eine steht heraus – so eng sind die Noten miteinander verworben. Wenn ich die hier angegebene Duftpyramide betrachte, ergibt sie für mich Sinn. Er startet mit leichter Pfefferigkeit. Es gibt etwas edles von den Ambrettesamen, die "Wood Sage & Sea Salt (Cologne) | Jo Malone" elegant machen. Es gibt auch die körperliche Frische vom Ambroxan, etwas weiches und hautnahes vom Moschus, und etwas zartes und fast buttriges vom Iriswurzel.

Glossier ist wegen seinem „No-Make-Up“ Make-Up berühmt, und diese Philosophie wurde auch auf den Duft übertragen. Ein Duft, der von seinem Träger nicht trennbar ist.

Irgendwie komme ich mit den durchschnittlichen fruchtig-blumig-pinken Damendüften nicht gut klar: entweder erwürgen mich weiße Blumen und Rosen, oder fühle ich mich unwohl bei zu viel Patchouli/Ylang-Ylang/Moschus etc. Das passiert auch bei den Düften, die als leicht und unaufdringlich beschrieben werden. Granada Salvia hingegen hat mich positiv überrascht!

Ich würde nicht sagen, dass ich wirklich den Granatapfel wahrnehme - wenn, dann eher eine Mischung aus dem Tetrapack-Granatapfelsaft und Kompott aus sauren roten Beeren. Diese Fruchtigkeit ist nicht künstlich und ist sehr schön durch Salbei und Holz ausgeglichen. Ich spüre auf jeden Fall ein kleine Gartenrose im Hintergrund - in meinem Fall ist das genau die Menge Rose, die ich gut vertragen kann. Nicht zu süß, nicht klebrig, nicht seifig. Das Ergebnis ist ein erfrischender, leicht herber fruchtig-blumiger Duft, den ich nur empfehlen kann - auch den Menschen, die normalerweise diese Duftkategorie meiden.

Sehr sommerlich, fröhlich und „verständlich“ – was ich von der Pyramide erwartet habe, genau das habe ich auch bekommen. Bunter Fruchtmix, süß, aber noch nicht klebrig. Der Duft erinnert mich an die Multifruchtsäfte (wo „aus Fruchkonzentrat hergestellt“ kleingeschrieben steht), die auf den Kindergeburtstagsfeiern bei uns zu Hause eingeschenkt wurden. Er verbessert die Laune, und ich würde ihn gerne ganzjährig tragen – im Sommer ist er nicht zu schwer und strahlt Urlaub-Vibes, und wenn es kälter wird, würde er die Seele mit etwas Sonne erwärmen. 

Ich liebe auch den "Shooting Stars - Cruz del Sur II | XerJoff" , aber diese zwei Düfte sind ziemlich unterschiedlich. "Shooting Stars - Cruz del Sur II | XerJoff" wirkt kuschelig und fluffig, und im Drydown wird er cremig und vanillig. Leisure in Paradise hingegen ist saftiger – eine Art tropischer Fruchtcocktail. Wer Zuckerkoma vom Xerjoff bekommen hat, aber diese tropische Richtung gerne mag, könnte den Leisure vielleicht besser vertragen.

Ich bin von mir selbst überrascht – normalerweise bin ich skeptisch, was Rauch / Oud / Harz oder ähnliche Duftrichtung angeht. Dieser Duft war jedoch angenehm und gar nicht schwer für mich.

Ich habe eine ganz spezielle Assoziation mit dem Geruch: mein Vater ist am Löten, und wie ein old-school sowjetischer Ingenieur, tupft er die Lötspitze in ein Bernstein-ähnliches Stück Kolophonium ab. Dabei riecht die Luft ganz dezent nach etwas holzig-harzigem Rauch.

So empfinde ich diesen Duft – wie einen dezenten fast durchsichtigen Rauch, der etwas vom hellen Harz hat. Kein Rum oder Alkohol, kein Teer, keine Gewürze, auch keine Rose kann ich spüren. Ich muss zugestehen, ich habe keine Tabakblätter in meinem Leben gerochen, deswegen kann ich diesen Aspekt nicht beurteilen. Aber auf jeden Fall ist der Duft ziemlich frisch, oder zumindest viel luftiger, als was man von der Pyramide erwartet.

Für mich ist das ganz bestimmt eine Beerengeschichte aus dem Garten. Kein Kompott, keine Grütze, keine Marmelade. Das sind dunkle Früchte, die noch am Busch oder Baum hängen. Ich finde, hier gibt es nicht nur die Brombeeren, sondern auch schwarze Johannisbeeren (zusammen mit ihren aromatischen Blättern) sowie Maulbeeren, die so reif sind, dass sie gleich auf den Gehweg fallen würden.

Lorbeerblätter kenne ich nur trocken als Gewürz, und kann sie in dem Duft nicht wahrnehmen. Auf jeden Fall werden die Früchte mit etwas herbem oder holzigem ausgeglichen.

Ich kann ihn mir sowohl an einem Mann, als auch an einer Frau gut vorstellen. Ich muss es zugeben, ich habe ihn nicht vom ersten Spritz gemocht - in der Kälte scheinte er eher wie ein spritziger männlicher Eau de Cologne. Im Sommer hat er sich aber ganz neu zu mir geöffnet!