Jazzbob

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11 - 15 von 119
Jazzbob vor 3 Jahren 11 1
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Die Weiten des Ozeanes...
… sind auch ein Symbol von Freiheit und Entdeckergeist. Nicht nur der Duft der frischen Meeresluft lässt sich gut verkaufen, sondern ebenso die Idee von dem damit verbundenen Lebensgefühl. Paolo Terenzi scheint ja ein echter Tausendsassa (Habe ich dieses Wort überhaupt schon einmal in meinem Leben benutzt?) zu sein, denn er kreiert neue Düfte förmlich am laufenden Band für Tiziana Terenzi, V Canto und Giardino Benessere, die doch mitunter recht ausschweifend beschrieben werden. Bei Oceania lautet es jedenfalls unter anderem:

"[...] enriched by the exclusive Terenzi Library molecule known as Oxygen. When sprayed into the air, this innovative and unique molecule triggers an incredible effervescent and refreshing effect."
(Quelle: https://www.cereriaterenzishop.com/en/product/oceania/)

Wir können uns also Alle glücklich schätzen, ein so exklusives Molekül (O2) täglich einatmen zu dürfen...

Ich muss aber gestehen, dass die Kopfnote – für mich eine 10/10 – tatsächlich etwas von einer kühlen Meeresbrise hat. Sie ist hier gekonnt und eher luftig-aquatisch, als salzig maritim inszeniert und zunächst besonders mit den zitrischen und fruchtigen Noten verbunden. Das ist nicht nur erfrischend, sondern sorgt auch für gute Laune. (Manche reine Nischensnobs werden sie aber vielleicht als zu designerartig beschreiben.) Hintergründig lassen sich ein wenig Kardamom und Lavendel erahnen, aber Alles ist hier – eben luftig – dezent verwoben, sodass Nichts wirklich stark hervorsticht. Die Enttäuschung folgt für mich jedoch im Drydown, denn dieser kann mit der tollen Eröffnung keinesfalls mithalten – dafür wirkt dieser etwas zu blass und vor allem moschusartig-sauber und nur ganz leicht holzig. Um hier Oud wiederzuerkennen, benötigt man schon ganz, ganz, ganz viel Fantasie...

Für solch ein Parfum ist die Haltbarkeit recht ordentlich, wobei ich bei Oceania schnell das Gefühl bekomme, nur noch einen Hautduft zu tragen, während mich aber schon noch eine diffuse Frische umweht. Oceania ist ein unkomplizierter Duft, absolut unisex und vielseitig einsetzbar, doch ich erlebe hier das gleiche Dilemma, wie bei so einigen Sommer-Düften, dass nach dem Verblassen der frischen Kopfnoten, oft nur ein recht biederer Basis-Akkord zurück bleibt (Stichwort: Kopfnoten-Blender). Bei einem Preis von zwei Euro pro Milliliter ist mir das aber zu wenig, um einen Kaufimpuls auszulösen. Etwas mehr Entdeckergeist hätte Paolo Terenzi hier schon investieren können.
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Jazzbob vor 3 Jahren 12 4
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Jeans & Gin
Blaue Parfums werden meistens mit Duschgel assoziiert – zumindest, wenn die Noten eine gewisse Frische versprechen. Blue Gin würde ich aber nicht diesem Genre zuordnen, da der Duft weniger frisch als erwartet ist und weil die Inspiration für den Namen nicht von typisch blauen Düften stammt, sondern von Jeans. Das Blau findet sich also eher in der Textur von Alberto Morillas' Kreation wieder, die ich als durchaus gelungen erachte – vorausgesetzt, man rechnet nicht wie ich mit einem wirklich frischen Parfum. Generell scheint Mizensir einige solide Düfte lanciert zu haben, wobei der Parfümeur ordentlich Gebrauch macht von Duftstoffen von Firmenich, wo er seit 1970 angestellt ist. Diese Form von Transparenz könnte also auch als eine Art Eigenwerbung für die Produktpalette angesehen werden.

Blue Gin wird seinem Namen schon zu Beginn durchaus gerecht, denn die Wacholderbeere, die ja der essenzielle Bestandteil von Gin ist, lässt sich sofort wiedererkennen. Kardamom gesellt sich ebenfalls recht deutlich hinzu, aber Mandarine und Aquatik (Cascalone) halten sich sehr zurück. Das ist schade, denn mehr Frische hätte dem Duft gut getan. In der Luft riecht es die ersten Minuten also ziemlich authentisch nach Gin, aber nach nur circa zehn bis fünfzehn Minuten lässt sich eine minimale Tonka-Süße erahnen, während zwei weitere Facetten, die von Anfang an wahrnehmbar sind, weiter verstärkt werden: Cetalox sorgt für eine ambroxan-artige Wärme und Irone für eine Pudrigkeit, wie sie für Iris(wurzel) typisch ist. Gerade diese Kombination zusammen mit der leichten, pfeffrigen Schärfe sorgt für eben jene Textur, die sich wie die eines Jeans-Stoffes anfühlt.

Da das Stichwort 'Ambroxan' gefallen ist, möchte ich noch darauf hinweisen, dass Blue Gin keinesfalls in Richtung süßlicherer Parfums, wie Dior Sauvage oder Versace Dylan Blue geht, sondern Cetalox einen herben Unterton hat und beinahe animalisch wirkt. Jedenfalls kommt es mir so vor, als ob noch eine ganz dezent dreckige Note mitschwingt. Diese nehme ich aber nur unmittelbar auf der Haut wahr – ansonsten klingt Blue Gin eher warm, pudrig und sauber-moschuslastig aus.

Die insgesamt eher herbe Ausrichtung und die meiner Meinung nach recht besondere Verbindung der einzelnen Bestandteile macht den Duft schon ziemlich interessant, jedoch bleibt das große Manko die fast vollständig fehlende Frische. Und gerade diese doch ziemlich kräftige pudrig-warme Melange kann bei wärmeren Temperaturen schnell nervig werden.
4 Antworten
Jazzbob vor 3 Jahren 13 1
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Was ist hier eigentlich grenzenlos?
Die Marke Amouage hat es irgendwie mit blumiger Sprache:

„Boundless ist ein Ausbruch von Freude, eine flüchtige Euphorie, welche die vertikale Spannung übersetzt, die diejenigen antreibt, die die Unermesslichkeit der Welt in ihren Händen halten wollen. Diese glühende und lebhafte Energie erinnert an das Sonnenlicht, das von den taufrischen Blättern des Dschungels reflektiert wird, in Strahlen durch ein blumenübersätes Blätterdach flackert und regenbogenfarbene Bäume streift, bevor es sich in knorrigen und nebelverhangenen Ästen verliert. [...]“

(https://www.amouage.com/amouage-boundless)

Bei solchen Formulierungen bin ich immer hin und hergerissen, denn einerseits ist es absolut nachvollziehbar, dass jeder Art von kreativem Schaffen – ob nun in den bildenden Künsten, in Musik, Filmen oder Parfums – spezielle Eindrücke und Gefühle zugrunde liegen, doch andererseits schafft man dadurch gleichermaßen etwas Mystifizierendes – als ob handwerkliches Können, gewisse Erfahrungen oder pures Ausprobieren nicht den größten Teil dieser Arbeit ausmachen würden.

Boundless ist auf jeden Fall ein Duft, der auf mich sehr natürlich und recht gut durchdacht wirkt. Ich assoziiere immer auch Farben mit Parfums und empfinde die des Flakons als sehr passend, da es sich um einen eher herbstlichen Duft handelt. Gleichzeitig hat er helle Qualitäten, welche ich in dieser Form nicht erwartet hätte. Der Auftakt ist nur kurz orangig; die besondere Würze von Kardamom und etwas von der Frische/Schärfe des Ingwers empfinde ich als prägnanter. Die mit Abstand dominantesten Noten sind für mich aber Tabak und Vanille, wobei ich hier zunächst eher an Tonkabohne gedacht hätte. Ich bin kein großer Tabak-Fan, aber an sich ist das schon eine spannende Note, da sie warme, aromatische Facetten mit einer honigartigen Süße verbindet, die bei der Mazeration des Tabakblattes entsteht. Die holzigen, balsamischen Noten wirken eher unterstützend, sind aber doch irgendwie spürbar präsent. Weihrauch und Eichenmoos kann ich allerdings nicht wirklich herausfiltern – eher noch die hellere Myrrhe –, denn dafür wirkt der Duft zu weich. Auch an Kakao fühle ich mich nicht erinnert. Die dichte Textur von Boundless lässt es auch kaum zu, die Basisnoten klar voneinander zu trennen.

Insgesamt empfinde ich den Duft schon als komplex und harmonisch, aber wie so oft ist mir die Süße letztendlich zu viel und man sollte schon Tabak mögen, um den Duft tragen zu können. Ein stärkerer Kontrast durch die holzigen Noten oder Weihrauch hätte Boundless sicher gut getan.
1 Antwort
Jazzbob vor 3 Jahren 10 5
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Solider Allrounder mit kleinen Mängeln
Cocktails sind gute Inspirationsquellen für die Kreation von Düften, denn sie leben genauso wie Parfums von der Verbindung verschiedener Aromen, die einfach dem puren Genuss dienen sollen. Der Mojito zählt ohne Frage neben bekannten Variationen wie Gin & Tonic, Caipirinha, Piña Colada oder Cuba Libre zu den Beliebtesten und wurde bei Guerlain Homme mit klassisch-maskulinen, holzigen Noten kombiniert. Doch auch wenn ich die einzelnen Bestandteile durchaus wiedererkennen kann, muss ich sagen, dass ich etwas mehr Frische erwartet hätte.

In der Kopfnote ist Limette zwar durchaus vorhanden, aber eher flüchtig auf meiner Haut und es fehlt ihr die Spritzigkeit, die sie sonst hat. Dafür kommt die Pfefferminze angenehm krautig daher und erinnert nicht, wie in so manchen Parfums, an Kaugummi oder Zahnpasta. Für den Mojito-Akkord fehlen nur noch Rum und Rohrzucker – auch diese beiden Facetten lassen sich wiederfinden, wobei die Süße zum Glück moderat ausfällt. Durch die alkoholische Note und die maskuline Basis hat Guerlain Homme zudem etwas Vertrautes, Aftershave-artiges. Eher holziger und nur minimal erdiger Vetiver spielt hier im weiteren Verlauf eine größere Rolle und erhält ein wenig Unterstützung durch die Zeder, welche meiner Meinung nach jedoch nicht so markant ist.

Was mich von Anfang an stört, ist eine bestimmte Kombination aus dezent pudrigen und seifigen Noten, die für mich fast immer sehr altmodisch wirkt. Der Duft riecht deshalb nicht wirklich schlecht und auch Jüngeren könnte Guerlain Homme stehen – ich sehe ihn aber eher an reiferen Herren ab 40, weil er eben eher klassisch als modern ist. Die Haltbarkeit finde ich hier erstaunlich gut, bei einer für einen Allrounder angemessenen Sillage.
5 Antworten
Jazzbob vor 3 Jahren 20 2
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Wie duftet nachtblühender Cereus?
Viele werden sich jetzt fragen, was das überhaupt ist. Es handelt sich hierbei um eine Gattung der Kakteengewächse, bei der sich die süßlich-fruchtig duftenden Blüten nur nachts öffnen, da sie von Fledertieren bestäubt werden (im Gegensatz zu anderen Cereen-Arten, die auf Vögel tagsüber angewiesen sind). Parfümeur Jérôme Di Marino hat diese Note jedenfalls bei Lunar Vetiver 'eingesetzt' und damit wohl auch die Vorlage für die Verbindung von Mond (Luna) und Vetiver geschaffen. Klingt doch nach einer tollen Geschichte.

Genau das ist es vor allem: Etwas, das unsere Vorstellungskraft erfordert. Duftnoten sind schließlich in den meisten Fällen das, was die Schöpferin / der Schöpfer bei uns als Geruchswahrnehmung auslösen soll. Dabei spielt es in erster Linie keine Rolle, ob es sich um die 'echte' natürliche Ressource, um einen im Labor synthetisierten Stoff oder etwas dazwischen handelt. Es zeigt, wie eng Marketing und Parfums verknüpft sind, wie Geschichten zu den Düften verkauft werden. Auf der anderen Seite haben wir ja tatsächlich unsere persönlichen, mit ihnen verbundenen Empfindungen und Anekdoten.

Bei Lunar Vetiver muss ich nicht an das Mondlicht denken, kann aber nachvollziehen, dass sich Di Marino vom Duft des Cereus hat inspirieren lassen, denn ich war beim ersten Test durchaus überrascht, wie fruchtig-floral der Duft daherkommt. Meine Wahrnehmung hat sich jedoch mit den weiteren Malen geändert und ich würde auch sagen, dass meine Probe minimal fruchtiger riecht, als mein Flakon – was an Mazeration liegen könnte. Diese helle Fruchtigkeit ist in Verbindung mit nur wenig Zitrischem nach wie vor vorhanden, doch es dominieren für mich die anderen Facetten. Zu Beginn kann ich die beiden Noten Piment und Pfeffer durchaus wiedererkennen, wodurch der Duft eine gewisse Schärfe erhält. Der namensgebende Vetiver (warum hier nicht als Duftnote angegeben?) zeigt sich sowohl von seiner leicht grasig-grünen, als auch von seiner holzigen Seite und wird von einer Komponente ergänzt, die ich am ehesten als sehr trockene Zeder beschreiben würde. Diese ist für mich oftmals problematisch, da ich sie eigentlich fast immer als stechend wahrnehme und ich wohl hypersensibel auf sie reagiere – in vielen Düften wirkt sie penetrant und langanhaltend –, doch in Lunar Vetiver ergänzt sie sich gut mit den restlichen Noten und ist scheinbar niedrig dosiert. Die süßlich-warmen Noten Tonkabohne und Vanille und die Tabakblüte kann ich hier allerdings nicht finden, denn der Duft bleibt eher linear grün, holzig und trocken.

Was ich an Lunar Vetiver schätze, ist die gute Mischung aus hellen und dunkleren Noten, die keinen zu extremen Kontrast eingehen, aber auch nicht langweilig wirken. Vetiver hat ja a priori schon etwas Reiferes an sich, doch in diesem Fall ist die Ausrichtung moderner und heller als viele andere Vertreter, die entweder in eine erdigere Richtung tendieren, oder von altmodischen seifigen/pudrigen Nuancen begleitet werden. Vielleicht ist es genau diese leicht strahlende Qualität, die sich mit der des Mondlichts vergleichen ließe.

Für mich ist Lunar Vetiver ein guter Ganzjahres-Allrounder, der aufgrund seiner Ausdauer und Stärke jedoch sparsam dosiert werden sollte (bei mir z.B. nicht mehr als 2-3 Sprüher auf Arbeit). Der Flakon ist übrigens nicht nur massiv und mit Metallkappe und -sprüher versehen, sondern ermöglicht es glücklicherweise, den Füllstand zu erkennen, indem man ihn vor eine Lichtquelle hält. Wenn ihr jetzt Lust auf einen Test haben solltet, sei noch dazu gesagt, dass der Duft für Manche ein bisschen schroff wirken könnte. Ich mag es ganz gerne, wenn man noch ein paar Ecken und Kanten hat.
2 Antworten
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