Jc9

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1 - 5 von 14
Jc9 vor 3 Jahren 20
7.5
Flakon
7.5
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Die gut gepflegte Wildlederjacke
Ich kenne das ursprüngliche Bel Ami gut. Mein Vater trug es Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre. Es gibt keinen anderen Duft, den ich so mit ihm in Verbindung bringe, wie das Original. Als Bel Ami Vétiver herauskam, habe ich den Duft in der Hermès Boutique getestet und Gefallen an ihm gefunden. Aber es war Papas Duft, auch wenn ich mich natürlich hin und wieder als Jugendlicher bei Papa bedient hatte. Ich habe den Duft erst einmal nicht gekauft.

Jetzt ist mein Vater seit einem Jahr tot. Bel Ami Vétiver ist immerhin so nah dran am Original, dass es Erinnerungen hervorruft, auch Erinnerungen an meinen Vater. Auch deswegen habe ich mir das Eau de Toilette zugelegt, mittlerweile das zweite Flakon. Natürlich ist Bel Ami Vétiver ein bisschen domestiziert. Ob das Original noch gut ins Jahr 2021 passen würde, sei einmal dahingestellt. Das Wildleder in Bel Ami Vétiver ist das einer gut gepflegten Lederjacke, die (wie der Besitzer derselben), ein wenig Patina angesetzt hat, aber noch top in Schuss ist.

Dass Bel Ami Vétiver in die Richtung der Hermessencen geht, ist nicht verwunderlich. Man erkennt Jean-Claude Ellenas Handschrift. Ist Bel Ami Vétiver das bessere Vétiver Tonka? Ja, das ist es! Und das meine ich in keiner Weise abwertend. Im Gegenteil bin ich dankbar, ist Vétiver Tonka doch ungleich teurer. Ob meine Kinder später einmal Bel Ami Vétiver mit ihrem Vater in Verbindung bringen werden??? Bel Ami Vétiver ist, wie nach Hause zu kommen. Wie viel mehr kann man von einem Duft erwarten?
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Jc9 vor 3 Jahren 5 5
10
Flakon
5
Sillage
4
Haltbarkeit
9.5
Duft
Schöner holzig-würziger Duft, der für einen Office-Duft zu kurz haltbar ist
Beim Blick auf die Duftpyramide von H24 kann einem das Wasser im Munde zusammenlaufen: Muskateller-Salbei ist eines meiner Lieblingsgewürze. An Heiligabend koche ich für meine Familie immer gefüllte Nudeln in Salbei-Butter mit Parmesan. Das Rosenholz von H24 riecht edel und ist offenbar auch nachhaltig angebaut. Ich liebe holzig-würzige Düfte. Und es ist eine schöne Abwechslung, dass die Holzkomponente von H24 mal keine Zeder ist. Irgendwie ist auch die Narzisse subtil verwoben in der Dufttextur, ohne dass H24 übermäßig pudrig oder floral wirkt, sondern bis hierhin einfach nur natürlich.

Kommen wir zum synthetischen Sclarene, das tatsächlich riecht wie frisch gebügelte Wäsche. Es ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, stellt aber einen interessanten metallischen Kontrast zu den natürlichen Komponenten dar. Bei frisch gebügelt denke ich erst einmal an einen bürotauglichen Duft, und das ist er von der Zusammensetzung her ganz sicher. Allein die Standfestigkeit, die ich von einem solchen Office-Duft erwarte, fehlt H24 auf meiner Haut völlig, um mich durch den Arbeitstag zu begleiten. Es reicht ganz sicher nicht bis zum Nachmittag, nicht bis zur Mittagspause und leider nicht einmal bis zur ersten Kaffeepause. Nach 6-7 Spritzern am Morgen fragte ich meine Frau um 10 Uhr, ob sie noch einen Duft an mir wahrnahm. Tat sie nicht. Ich bereue den Kauf des schönen H24-Flakons keineswegs, das traumhaft in der Hand liegt. Aber auch wenn das prinzipiell möglich ist, werde ich den Flakon wohl nicht nachfüllen.

Addendum @Jasmin89: Mein Problem ist, dass H24 als Herrenduft nach Terre andere Erwartungen an die Haltbarkeit weckt. Bei Terre bin ich regelmäßig morgens aufgewacht und habe noch den Duft vom Vorabend wahrgenommen. Oder die Reinigungskraft hat mich um 19 Uhr gefragt, welchen Duft ich trage (noch TdH vom Morgen). H24 hätte als Unisex-Duft gut in die Jardin-Reihe gepasst. Da hätte ich auch andere, geringere Erwartungen an die Haltbarkeit gehabt. Trotzdem gibt es nicht nur einen Vertreter aus der Jardin-Reihe, der auf meiner Haut 2-3x so lange haftet wie H24.

Addendum @Ssmu: Mein 100 mL Flakon ist jetzt fast leer. Die Haltbarkeit von H24 ist auf Textilien erheblich länger als auf meiner Haut. Das liegt vor allem an der Sclarene-Komponente. Wenn ich H24 auf meinen Kittel aufsprühe, rieche ich über einige Stunden wie frisch gebügelt (leider nicht so sehr nach den schönen holzig-würzigen Noten). Ich kann nachvollziehen, dass das bei dem einen oder anderen Arzt gut ankommt. Aber kann man denselben Effekt nicht auch etwas günstiger mit etwas Bügelspray auf dem Kittel erreichen?
5 Antworten
Jc9 vor 3 Jahren 13 3
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Terre in Zeiten des Home Office
Ist mein letzter Kommentar, zu Poivre Samarcande, wirklich schon fünf Jahre her? In diesen Zeiten ist viel passiert. Dankbar dass mir das pandemische Virus nicht Geschmacks- und Geruchssinn genommen hat, halte ich das Eau Intense Vétiver von Terre d'Hermès in der Hand.

Mein Kumpel Klaus trägt das Eau de Parfum von Terre d'Hermès. Ich habe ihm gleich eine WhatsApp geschrieben, um zu fragen, ob er Eau Intense Vétiver schon kennen würde. Tat er nicht. Überhaupt mache er momentan fast nur Home Office. Gerade da, schrieb ich zurück, sollte man doch einen Duft tragen; bei der Arbeit mit FFP2-Maske hat keiner was davon. Man ist ja kein Bauer. Sei er auch nicht. Immerhin würde er eine Hose im Home Office tragen.

Die Grapefruit bzw. Orange des EdT/EdP ist durch die Bergamotte im Eau Intense Vétiver ausgetauscht. Die Bergamotte wirkt aber viel säuerlich-spritziger als die Bergamotte zum Beispiel in Equipage und auch die Grapefruit im ursprünglichen Terre. Nach dem Dry Down wird es weniger zitrisch; es dominieren Pfeffer und Vetiver, die gleichwohl schon Teil des EdT waren. Im Unterschied zu Povire Samarcande riecht es viel weniger gemüsig. Das Eau Intense Vétiver ist recht haltbar, wird bei mir aber schnell körpernäher.

Flanker ist ja so ein hässlicher Name, als ob der Duft nicht für sich alleine stehen kann. Das kann er aber definitiv. Christine Nagel hat Terre neu interpretiert, noch linearer und minimalistischer als ihr Vorgänger Jean-Claude Ellena, der Großmeister des gepflegten linearen Minimalismus. Eau Intense Vétiver ist aufgeräumter ohne Feuerstein und Zedernote, die ich anfangs recht mochte, mich aber im fortgeschrittenen Alter immer mehr an Bleistifte erinnert. Eau Intense Vétiver bringt mich wieder zurück in die Terre-Familie, nachdem ich schon länger keinen Terre-Duft mehr getragen habe.

Eau Intense Vétiver riecht so nach Business, dass ich ihn auch gut bei der Arbeit tragen kann, nicht nur im Home Office. Dafür greife ich zu Hause aber auch häufiger, als ursprünglich gedacht, zum Eau Intense Vétiver. Und Klaus? Klaus will jedenfalls mal das Eau Intense Vétiver probieren, wenn die Läden wieder aufmachen. Auch beim Parfum-Kauf empfiehlt es sich, eine Hose zu tragen.
3 Antworten
Jc9 vor 8 Jahren 3
8
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Poivre Samarcande: Hunger auf Gazpacho-Suppe
Im Drydown noch frisch, aber schon sehr pfeffrig, ist auch dieser Ellena-Duft erstaunlich linear und äußerst sorgfältig und stilvoll abgestimmt. Der Duft projiziert sich selbst zu Beginn nur mäßig weit. Bei den Ingredienzen denkt man zweifelsohne an einen Gemüsegarten, aber fruchtig-obstig wirkt der Duft zu keinem Zeitpunkt, eher intensiv würzig. Bei dem Duft von Paprika, Pfeffer und Kümmel habe ich mir dann aber dennoch fest vorgenommen, in diesem Sommer endlich mal eine Gazpacho-Suppe zuzubereiten, für die ich genau diese Gewürze verwende.

Insgesamt bleibt Poivre Samarcande herb und wird insbesondere im Verlauf auch recht trocken. Die Basisnote ist fast identisch zu Terre d'Hermès. Jeder Arsch kann das riechen (frei nach Johannes Brahms). Damit ist Poivre Samarcande auch ähnlich standhaft wie Terre d'Hermès, für einen Hermessence-Duft schon überdurchschnittlich lang. Der Preis für Poivre Samarcande ist freilich deutlich höher als für TdH, ohne dass mir Poivre Samarcande besser gefällt als TdH. Das als Unisex-Duft vermarktete Poivre Samarcande ist auch kein bisschen weniger männlich als der Herren-Duft TdH. Ich habe Spaß an der großzügigen pfeffrigen Probe, aber dauerhaft werde ich mir Poivre Samarcande wohl nicht zulegen. Wenn Geld für mich keine Rolle spielen würde, würde ich mir ein 200 mL Flakon von Poivre Samarcande kaufen, allein schon der Abwechslung halber.
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Jc9 vor 8 Jahren 4
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Holzig, gourmandig und leider auch seifig-rauchig
Um meinen Einstand bei meinem neuen Arbeitgeber zu feiern, hatte ich einen Haselnuss-Schokoladen-Kuchen gebacken. Am gleichen Tag habe ich auch den etwas gourmandigen Duft Santal Massoïa getestet. Das passte zunächst einmal gar nicht schlecht zusammen:

Santal Massoïa kommt Hermès-typisch sehr edel und frisch daher, elitär. Die süßen Hölzer kann man gut vernehmen. Ich rieche auch etwas Haselnuss. Die Milch ist keine H-Milch vom Discounter, sondern eine 3,8%ige Milch mit viel Honig und Gewürzen, die man trinkt, wenn man bei einem Infekt wieder auf die Beine kommen möchte.

Ganz so heimelig ist Santal Massoïa dann aber doch nicht. Es hat von Anfang an einen seifigen Unterton (vielleicht sogar ein wenig schweißig). Das macht ihn (und seinen Träger) ein Stück weit unnahbar bei aller Heimeligkeit. Außerdem kann ich ähnlich wie bei Vétiver Tonka eine rauchige Tabaknote vernehmen. Der Duft ist ein Herrenduft, den man als Raucher und auch in Leitungsfunktionen bei der Arbeit gut tragen kann.

Ich beneide die Menschen, bei denen dieser Duft sehr lange anhält und die eine Duftentwicklung vernehmen können. Die meisten Ellena-Düfte sind recht linear, und für meine Nase macht Santal Massoïa da keine Ausnahme: Nach vier Stunden ist der holzig-gourmandige Anteil verflogen; einen 8-Stunden-Arbeitstag hält er leider nicht durch.

Zurück bleibt eine sehr hautnahe Eichenmoos-Note, wie man sie von anderen Ellena-Düften kennt (z.B. Un Jardin sur le Nil oder Un Jardin en Méditerranée). Die rauchige Komponente bleibt aber. Von einem Gourmand-Duft in der Basisnote keine Spur mehr. Tabak kann ich nicht ausstehen. Wenigstens duftet hinter mir noch der Haselnuss-Schokoladen-Kuchen.
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