JoHannes

JoHannes

Rezensionen
Filtern & sortieren
6 - 8 von 8
JoHannes vor 10 Monaten 36 21
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Meer. Weihrauch. Sonne.
Dieser Tag am Meer. Südlich, bei den Sanddünen.

Alles hell. Flirrender Sand. Salzig. Und warm: Einkehr.

Diese kleine gotische Kirche. Ihre offenen Türen. Und weisse Vorhänge, die schon lange aus den Fenstern wehen. Heisser Wind umspielt. Der Steinboden: warm.

Hier wurde schon lange keine Messe mehr gefeiert. Der Weihrauch hängt in dem ockerfarbenen Gestein. Die alten ausgebleichten Gemälde: still. Die salzige Meerluft weht vom Strand. Sanft. Flirrend.

Um die Kirche: ein aufgebener Friedhof. Verbranntes Gras. Ein Myrrhenstrauch. Das Harz schmilzt unter der Sonne. Süsslich. Fein.

Eine kurze Rast. Einkehr. Schatten. Hier sitzt es sich gut.

Dämmerung. Der Duft von Kardamom: fruchtig. Warm. Tief. Rund. Immer wieder der stille Windzug aus der Kirche. Und Weihrauch.

Nacht. Stille.

+

Musik: Orient - Occident · Hespèrion XXI · Jordi Savall
21 Antworten
JoHannes vor 1 Jahr 24 22
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
haut und haut
jade

diese unfassbar schöne/sinnliche/warme/samtige vanille.

dieser weiche/runde amber, diese safrannote,
die beide so gefühlvoll umarmt und eingehüllt werden.
geherzt.

diese töne, die die haut einhüllen
wie samtenene/feinwürzige kleider.

diese wärme, in die man sich hineinträumt
und — haut an haut — darin versinkt.

die sinnlichkeit vereint
mit all ihrer lust,
ambriert, warmwächsern und mit seidigem schweigen
die sehnsucht.

die haut blüht in alle himmel,
ton in ton,
sanft flüsternd,
begehrend.

die zeit träumt sich fort
zu den weichen wolkentürmen
der himmel.

wärmende stille —
aus allen poren schweigt es.

haut — alles ist haut.
und tiefe wärme.
und sinnlichkeit.

es ist egal, woher du kommst.
wer du bist.
schweige. und fühle.
hier.
und jetzt.

+
Richard Strauss | Wiegenlied | Jessye Norman
https://youtu.be/a8G27O69ZWY
22 Antworten
JoHannes vor 1 Jahr 49 59
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Interpretation einer Interpretation
Alessandro Gualtieri: Leidenschaftsbesessener, Abgrunddeuter, Himmelsflaneur, Bilderjongleur, Provocateur olfactif, Suchtmeister, künstlerische Blendgranate, Sehnsuchtsführer, MannsBild, Verführungsschelm.

Alessandro Gualtieri hat es mit SADONASO auf die Spitze getrieben, hat seine Gemeinde auf die Spitze getrieben. Sozusagen auf eine Eisbergspitze während des Klimawandels, mit Versprechen des raschen Abschmelzens.

Und damit ist für mich seine Präsentation (und nur diese) von SADONASO ein (zugegeben zeitgeistiger) Geniestreich:

Schein und Sein.
Verpackung und Inhalt.
Aussen und innen.
Haut und Herz.

Bei SADONASO lohnt es für mich jedoch nicht, hinter die erzählte Geschichte/die Bilder zu sehen. Der Duft passiert im sozusagen optisch, kann mit den Augen erfasst werden. Der Geruchssinn ist hier für mich nicht wesentlich.

Und somit ist SADONASO mMn viel mehr eine zeitgeistige Versuchsanordnung als ein Duft. Der Duft, bzw. die erzählte Geschichte, spiegelt für mich den Weg, den wir als Menschen gehen. Viel Fake, viel Oberfläche (wie ich letztes Jahr schmerzlich erlebt habe, dass etwas anderes vorgespielt wird), viel Interpretation (einer Interpretation). Und wie oft in diesen Zeiten bleibt Vieles im Aussen. Mit viel Sehnsucht nach tragenden Innenwelten.

Es geht Alessandro Gualtieri mMn hier fast nur um Provokation und vielleicht auch, uns einen Spiegel vorzuhalten (dann wäre es wieder richtig gut). Papp auf Mist ein Label drauf, mach es teuer oder erzähl irgend eine Geschichte - und die Menschen laufen dir hinterher. Wie harlekineske Lemminge, aber real. Tiki-toki mit Insta-Move.

Also erzählt Gualtieri eine Geschichte aus Lack und Leder und S/M und lädt zur Vorstellung des Duftes zu einer S/M-Party. Er geht sogar soweit, einen Penisverschluss als Sonderedition zu verkaufen. Kostet mehr, ist dann natürlich mehr wert. Fakewert. Und schickt seine Fans mit diesen Bildern in den Duft. Und das Gehirn übernimmt und interpretiert den Duft. Der ohne diese Information einfach nur süss und ein bissl synthetisch plastikmässig daherkommt (ich habe das gestern in der Kneipe an "menschlichem Material" aka Human Resources ausprobiert: ich habe SADONASO mit und ohne Vorinformation riechen lassen. Was soll ich sagen: 2 ziemlich verschiedene Wahrnehmungen).

Ja, der Duft (ohne diese Untenrum-Geschichte drumherum): karamellig, süss, synthetisch, plastikafin. Angelehnt an BARAONDA. Gefällig mit Hintertürchen. Und doch irgendwie Mainstream. Das wars. Hält hautnah 5 bis 6 Stunden.

Buchtipp: Elias Canetti "Masse und Macht"
Musiktipp: Heller/Qualtinger "Bei mir seids alle im Oarsch daham"
59 Antworten
6 - 8 von 8