
Maxcorn
Rezensionen
Detailliert
Am Ende die Reue
Es soll ein schöner Abend werden. Die Jungs haben gefragt, ob ich mal wieder ausgehen will und es ist sowieso viel zu lange her, dass ich mal wieder richtig draußen war. Die Klamotten sitzen, sportlich casual. Alles andere passt sowieso nicht zu mir. Jeder Versuch, mich reifer zu kleiden, fehlgeschlagen. Zwei Spritzer Ralph's Club kommen auf meinen Hals, ÖPNV, die Fahrt zur WG des Kumpels. Begrüßung an der Tür, eine Blondine lächelt mich freundlich an. Kleines WG-Sit-In mit Vorglühen. Ich kenne sie nicht, finde sie toll. Ob sie mich auch toll findet? Vieles spricht dafür. Umarmung, Küsschen links, rechts. Sie riecht toll. Großstadtabend, nachher feiern gehen. Ich nehme mir ein Bier. Die süße Note von Ralph's Club sticht beim ersten Schluck Bier durch meine Nase und ich stelle mir vor, dass die Frauen den Duft lieben. Die Blondine geht rauchen. Ich rauche gar nicht mehr und folge ihr auf den Balkon, schnorre mir eine Zigarette. Die andern sind alle im Gespräch, ich mache schlechten Smalltalk, ein paar halbgare Witze. Wir stehen nah aneinander und schauen in die Ferne. Sie sagt "Du riechst gut". Ein, zwei Stunden später, ich trinke das vierte Bier. Die mystische Süße ist verflogen, übrig bleibt nur noch aufdringliche Synthetik. Wir gehen weiter in den Club, die Blonde ist mittlerweile abgehauen. Die Jungs stehen um mich rum. Ich bin besoffen und unzufrieden, rempel aus Versehen einen Typen neben mir an, der mich zurückschubst. Ein klarer Gedanke. Ich muss dieses Trauerspiel beenden, hole meine Jacke an der Garderobe ab. Draußen vor der Tür verkneife ich mir die Zigarette. Eigentlich rauche ich ja nicht. Eigentlich mag ich ja auch feiern nicht. U-Bahn-Fahrt nach Hause. Morgens wache ich mit Kater auf. Reue, Alkohol, Schuldgefühle. Ich war ein aufdringlicher Typ mit aufdringlichem Parfum. Meine Lunge kratzt, ich muss husten. Die Reste des gestrigen Abends kommen nach oben, ich schnappe nach Luft. Die Reste von Ralphs Club pressen sich beim Einatmen durch meine Nasenlöcher, so ungefragt und unsensibel. Ich will mich ändern, nehme eine Kopfschmerztablette und steige unter die Dusche.
2 Antworten
Tiefblau
Ein heißer Sommerabend auf der Yacht. Meine Frau macht sich gerade fertig, trägt die letzten Züge des Makeups auf und zieht ihr leichtes Sommerkleid an. Die Bootsschuhe sitzen wie angegossen. Das Leinenhemd schmiegt sich leicht an meinen trainierten Oberkörper, während der Wind der adriatischen Küste langsam an der Küste entlang weht und zwischen meiner Haut und dem Stoff entlang zieht. "Schatz, bist du bereit? Unser Shuttle kommt gleich." frage ich nach unten. Ein Hauch von Polo Blue zieht von meiner Brust aus hoch in meine Nasenlöcher. Leichte Zitrusnoten, mit Holzmusik im Hintergrund, die ihren Platz kennt und während des Konzerts nicht aufdringlich wird. Das lachende Gesicht meiner Freundin taucht aus der Nasszelle auf, sie sieht einfach wunderbar aus. "Nur noch eine Sekunde" sagt sie, bevor sie das Licht ausmacht und nach oben kommt. Der Marinero nähert sich mit verminderter Geschwindigkeit mit seinem Speedboot, stoppt gefühlvoll auf und legt an unserer Yacht an. Ich helfe meiner Freundin beim Übersteigen der Reling, bevor ich selber den ersten Schritt in das Speedboot mache. Der Marinero legt den Rückwärtsgang ein und erhöht langsam die Geschwindigkeit, während wir die Yacht hinter uns lassen. Meine Frau sitzt neben mir und lächelt. "Du riechst gut. Ist das Polo Blue?". Ich nicke und lächel zurück. Sie schmiegt sich langsam an mich und ich höre sie sichtlich entspannt ausatmen. Ich umarme sie mit meinem linken Arm, während ich mich mit dem rechten Arm an der Steuerbordseite festhalte. Das Speedboot schiebt sich mittlerweile mit satten 40 Knoten durch die ruhige See, die Sonne steht tief. Nichts kann mich aus der Ruhe bringen. Das Leben war nie leichter.