Ohanami

Ohanami

Rezensionen
Ohanami vor 2 Jahren 9
7
Flakon
6
Sillage
7.5
Duft
Wintermilch
Wie duftet Milch? Die Idee der Marke Commodity, spezielle Alltagsdüfte nachzustellen, fand ich sehr interessant und wollte den Duft daher unbedingt testen.
Wie riecht Milch also? Milch riecht für mich süß, gleichzeitig ein wenig frisch (wenn sie kalt ist) und vor allem cremig-fettig. Eines vorweg: Dieser Duft riecht nicht nach Milch.

Beim Aufsprühen kommt mir sofort diese wahnsinnig würzig-süße Moschus-Tonka-Note entgegen, die zwar irgendwie kuschelig riecht, aber eben nicht nach Milch. Mit viel Fantasie ist es eine warme 1,5-Fett-Milch, üppig gezuckert, mit Vanille und Gewürzen versetzt, etwas schaumig geschlagen und vor dem Kaminfeuer in kleinen Schlückchen getrunken. Draußen schneit es. Ich kuschele mich in ein eine dicke, graue, flauschige Decke ein und schlafe langsam ein, werde mit jedem Schluck der süßen Milch müder. Marshmallows waren zum Glück keine in der Milch, sonst hätte ich sicher einen Zuckerschock bekommen.

Irgendwann, nach einigen Stunden, wird die Milch süßer, unten ist der Zucker ein wenig karamellisiert. Aber das schmecke ich schon gar nicht mehr, denn die Winterstille, der Kamin und die würzig-süße Milche haben mich sanft ins Traumland hinübergleiten lassen. Da trinke ich richtige Milch.
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Milk ist an sich ein schöner Duft. Zum kuscheln, Tee trinken und auf-dem-Sofa-sitzen sicherlich geeignet. Aber er ist auch wahnsinnig linear, ich kann hier absolut keinen Duftverlauf erkennen, außer das der Duft relativ schnell (nach ca. 2h) schwächer wird. Das einzige was ich rieche, ist kuschelig-würzige-Tonkabohne mit ein wenig Moschus-Fluff. Die Linearität macht Milk leider auch etwas langweilig. Andererseits, Milch ist eben auch nicht das spannendste Getränk!
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Ohanami vor 2 Jahren 11 4
6
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Mojito-Vanille
Als bekennender Vanille-Fan war ich sehr froh, die Vanille-Kollektion im Rahmen eines Wanderbriefs testen zu können (vielen Dank an VentoAureo!). Bei "Valkyrie" dachte ich natürlich erst einmal an etwas Schweres und sehr Weibliches, immerhin sind die Walküren die nordischen Schildjungfern. Aber auch in anderer Hinsicht überraschte der Duft mich: Kenne ich Vanille-Düfte doch eher als wärmend, kuschelig, leicht pudrig oder gourmandig-backpulverig, schlägt dieser mir nach dem Aufsprühen erst einmal die volle Breitseite Zitrus entgegen, vermischt mit einer kleinen Ahnung von Vanille! Hier ist "Valkyrie" ein toller und außergewöhnlicher Duft, perfekt für den Sommer. Die Limette und die Minze erinnern an eine sommerliche Cocktail-Party mit eleganten weißem Dresscode: Die Luft ist schon leicht abgekühlt, schöne Menschen stehen mit Mojitos in der Hand um einen Swimming-Pool herum. Im Hintergrund läuft Bossa Nova. Die Sillage ist hier relativ stark.

Diese schöne, sommerliche Bild, was so gar nicht zu meiner allgemeinen Vorstellung eines Vanille-Dufts passen will, bleibt mir hier, im kalten Dezember etwa 1 1/2h Stunden erhalten. Der Duft wird schwächer, ist nur noch hautnah wahrnehmbar. Auftritt Galbanum: Der Duft verliert seinen Mojito-Flair und wird grüner, vielleicht auch etwas muffiger. Vanille rieche ich gar nicht mehr, der Duft ist hier fast etwas stechend und etwas rauchig. Wie der Geruch nach der Coktailparty: Die Limetten sind ausgesaugt, der Rum ist alle, ein wenig liegt noch der Rauch der Zigarren und der ausgegangenen Gartenlaternen über dem Rasen. Die Nacht weht den Duft des nahen Pinienwaldes herüber. Alles ist still.

Der Duft bleibt nun eine ganze Weile so, changiert immer wieder zwischen waldig-muffig-rauchig und limettig (das sind die übriggebliebenen Mojito-Limetten die ihren restlichen Saft verlieren).
Irgendwann kommt dann so etwas wie eine sehr verwaschene, süßlich-krautige Art von Vanille aus dem Morgendunst gekrochen. Sie wirkt etwas unausgeschlafen, noch leise, reibt sich die Augen, der Schädel brummt noch etwas von den Cocktails. Sie ist die Tochter der Besitzer der Hauses, blickt durch die offene Wohnzimmertür auf den noch aufzuräumenden Garten. Zum Frühstück isst sie einen Vanillepuddig (hier kommt tatsächlich ein ganz leichte Puddig-Note auf). Es riecht noch ein bisschen nach Schnaps in der Wohnung, hier haben sie Vaters guten schottischen Whiskey geplündert. Sie streckt sich noch einmal, dann cremt sie sich ein, mit einer teuren, holzigen Creme und legt sich wieder hin.

******

Ein schöner Duft von Sylvaine Delacourte, nach dem testen von Vahina und Vanori mein Lieblingsduft aus der Kollektion. Wenn nur die schöne Kopfnote etwas länger bliebe und der Muff in der Herznote nicht wäre, ein Kaufkandidat. Haltbarkeit und Sillage befinden sich im Mittelfeld, nach der schönen Kopfnote wird der Duft aber schnell hautnah.
4 Antworten
Ohanami vor 2 Jahren 5 2
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
22. Dezember 1902
1902, als Konstantinopel noch Orient war.
Auf dem überdachten Markt
fragt der Händler die Reisende,
ob sie Gewürze mag.
Sie riecht hinein in den bunten Basar,
ein Schwall an allem was sie mag und nicht mag,
fremd und unnahbar.
Den Zimt, den kennt sie ja,
aber das rote?
„Safran“, ja, da nimmt sie was mit.
„Ah und eine Zitrone“,
zur Erfrischung versteht sich.

Tiefer geht die Reisende hinein,
Kapalı Çarşı heißt der Markt,
brannte ab, so heißt es.
Sie kann das rauchende Holz noch riechen,
die Asche, den Wind, der schwach an sie dringt.
Oder ist es der Weihrauch der von fern an sie dringt?
Eine Kirche, hier im Orient?
Als Katholikin findet sie es nett.
Doch dann sieht sie die Berge,
aufgetürmt vor ihr,
2 Piaster das Gramm.
Wie Kandiszucker siehts aus,
findet sie.
„Da nehme ich gerne was mit“,
zur Besinnung, versteht sich.

Sie wandelt umher,
die Tasche ist voll,
ihr dröhnt der Kopf,
der Geruch ist zu doll.
Am Abend endlich legt sie sich ins Bett,
lässt sich ein Bad ein,
beziehungsweise,
naja,
der Page war so nett.
Sie fühlt sich fremd,
etwas kalt.
Sie schließt die Augen
und ihr fällt ein,
es weihnachtet ja schon daheim!
Und zuhause,
in der rauen Münchner Luft,
gibt es Kipfeln mit
schönem Vanilleduft.
Sie wünscht sich
sie nähme die mit,
zur Erinnerung, versteht sich.
2 Antworten
Ohanami vor 3 Jahren 12 6
6
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Delizie al Limone
Alessandra läuft durch die Gassen des kleinen sizilianischen Städtchens Taormina. Es ist der erste Urlaub allein für die 30-jährige, sie und ihr langjähriger Freund haben sich im Winter getrennt. Zehn lange Tage hat sie sich freigenommen von ihrem langweiligen Bürojob in Mailand, um sie hier zu verbringen. Es ist Anfang April und früher Nachmittag, die Sonne steht hoch, es ist angenehm warm und Alessandra fühlt sich wunderbar entspannt in ihrem weißen Leinenkleid, die dunkelblonden Haare unter ihrem Strohhut wehen in der leichten Brise. Sie ist schon einige Tage hier und froh, dass die Touristenscharen, die die Stadt sonst bevölkern, in den unteren Gassen geblieben sind. Alessandra merkt gerade, wie ihr Magen knurrt, da dringt ein wunderbarer Duft in ihre Nase: Zitrone und Vanille, saftiger Teig, darauf ein wenig Puderzucker. Sie dreht sich um und erblickt eine kleine Bäckerei. „Pasticceria da Giovanni“ steht in verschnörkelten, roten Buchstaben auf einem gefliesten Schild über dem Eingang. Alessandra kann nicht anders, der wunderbare Geruch zieht sie an, sie tritt ein und bestellt sie gleich zwei dieser kleinen kugeligen Törtchen, sie heißen „Delizie al Limone“.

Die Bäckerei hat einen Garten, in dem allerlei Blumen blühen, der Blick geht hinaus aufs blaue Meer und auf die kleine vorgelagerte Insel mit einer Villa aus Natursteinen. Sie nimmt den ersten Bissen des Törtchens. Der Geschmack ist wunderbar zitronig, es ist nicht nur der Saft im Teig, sondern auch die Schale, gleichzeitig ist das Törtchen weich und sanft, der Biskuitteig umhüllt die Zitrone wie eine Decke. Alessandra lächelt und nimmt noch ein zweites Stückchen. Welche Überraschung: Im Inneren des Törtchens verbirgt sich eine kräftig nach Vanille schmeckende Cremefüllung. Sie zieht die warme Luft ein. Der schwere Geruch des weiß blühenden Jasminbuschs, neben dem sie sitzt, weht zu ihr hinüber und vermischt sich mit dem Duft der Törtchen. Am Ende des kleinen Gartens steht ein blühender Orangenbaum. Unter ihr wagen sich die ersten Badenden in das noch kalte Mittelmeer.

Am Abend hat Alessandra ein Date mit dem Urlauber in der Nachbarferienwohnung, Marco, einem Investmentbanker aus Turin. Sie gehen in einem feinen Fischrestaurant essen, aber Alessandra muss die ganze Zeit nur an die Bäckerei mit den Zitronentörtchen denken. Also überzeugt sie Marco nach dem letzten Glas Grillo noch einmal die steilen Gassen hinaufzulaufen, vielleicht hat die Bäckerei noch auf? Und ja, Giovanni selbst, ein alter, weißhaariger Nonno, steht noch immer lächelnd hinter dem Tresen, vor ihm die verschiedensten Törtchen, Kuchen und Torten. In der Bäckerei riecht es jetzt anders als heute Nachmittag: Giovanni hat wohl frisch gebacken, denn es riecht intensiv nach Vanille und Kuchenteig. Auch diesen Geruch findet Alessandra einfach wunderbar, also bestellt sie zwei Vanilletörtchen und setzt sich mit Marco in den Garten. Die Sonne ist bereits untergegangen und die ersten Sterne erscheinen am Himmel. Wieder weht der Jasmin hinüber, diesmal kräftiger, in der Nacht duftet er stärker. Und mit vanilligen, cremigen und puderzuckrigen Lippen küssen sich Alessandra und Marco das erste Mal.

Eine Woche später ist Alessandra zurück in ihrer kleinen und überteuerten Zweizimmerwohnung in Mailand und kann weder die Törtchen noch Marco vergessen. Sie sucht in ganz Mailand nach einer Bäckerei, die diese Törtchen backt, doch keine schmecken so wie bei da Giovanni. Sie ruft Marco an, sie treffen sich wieder, sie werden ein Paar. Im Herbst fahren sie erneut zusammen nach Sizilien, essen die Törtchen, schauen aufs Meer, sind verliebt. Die kleine Konditorei in der Via Silipigni wird ihr Ort, ihr Wohnzimmer. Zwei Tage vor ihrer Abfahrt stirbt Giovanni unerwartet an einem Herzanfall. Er hat keine Erben, keine Kinder. Was soll nur aus der Pasticceria werden? Nach kurzem Überlegen ist Alessandra und Marco klar: Sie werden die Bäckerei kaufen.

Im nächsten Frühjahr stehen Alessandra und Marco in hinter dem Tresen in der kleinen Konditorei, sie heißt immer noch „Pastecceria da Giovanni“. Wieder weht der Duft der Zitronen, der Vanille und des Jasmins durch die Gassen von Taormina und eine junge Frau in einem weißen Leinenkleid betritt den Laden: „Was riecht denn hier so wunderbar?“, fragt sie. Alessandra lächelt: „Es sind die Delizie al Limone“.
6 Antworten