Parfumo
Parfumos Blog
vor 8 Jahren - 14.06.2016
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Über Nacht berühmt - Parfumo im Gespräch mit Giovanni Sammarco

Was sonst meist nur Personen in der Musik- oder Filmszene passiert, kann auch in der Parfumszene möglich sein. So erging es etwa Giovanni Sammarco, der durch ein überschwängliches Lob von Luca Turin geadelt wurde. 

Solch ein Lob vom "Duftpapst" ist Grund genug, einen Blick (sowie viele Riecher) auf diese Marke zu werfen – und auch gleich die Gelegenheit zu nutzen, Giovanni Sammarco auf einen Tee zu treffen, mit ihm zu plaudern und diese Plauderei dann noch in einem Interview für Parfumo enden zu lassen.

Ein Lob von Luca Turin, das ist ja eine hohe Auszeichnung. Wie hast Du davon eigentlich erfahren?

Es war merkwürdig, denn ich habe ihm die Proben geschickt, doch es gab Probleme mit der Zustellung. Dann haben wir einige E-Mails ausgetauscht und Luca meinte, er würde sie abholen und morgen kommentieren. Natürlich war ich darauf gespannt, dachte aber, er würde sie im Laufe des morgigen Tages kommentieren. Als ich dann um etwa 1 Uhr in der Nacht noch einmal auf meiner Website online war, waren dort plötzlich hunderte Besuche verzeichnet. Dann habe ich auch vom Kommentar erfahren. Das war wirklich ein sehr, sehr guter Kommentar, der mir viel geholfen hat, da er viele andere Kommentare auf anderen Blogs mit sich brachte und viel Interesse.

Der Weg bis dahin war ja weit. Vor allem hast Du ja in einem ganz anderen Gebiet begonnen.

Ja, ich habe Rechtswissenschaften studiert und auch einen PHD gemacht. Lange war ich nicht wirklich an Parfümerie interessiert und erst im Sommer nach dem Master hat sich dies geändert, das war im Juni 2009.

Während ich meinen PHD gemacht habe, habe ich mich intensiver mit der Parfümeurskunst beschäftigt und bin immer mehr in die Materie eingetaucht. An einem gewissen Punkt habe ich mir gedacht, dass das ein Job für mich sein könnte. Das war auch die Zeit, wo ich begonnen habe, meinen Umzug aus Italien in die Schweiz zu planen. Diesen Wunsch hatte ich schon lange Zeit und im letzten Jahr meines PHD – meine Arbeit war übrigens über "Evaluation of risk of work-related stress" - kam ich dann in die Schweiz, das war 2013. Da habe ich auch die Marke gegründet und die Parfums zu kreieren.

Von denen ist ja mittlerweile wohl "Vitrum" das bekannteste.

Und es ist auch das erste Parfum, das ich gemacht habe. Eine Freundin von mir, Federica, ist eine Parfumliebhaberin und wir haben uns oft über Parfums unterhalten. Sie sagte mir einmal, dass sie Vetiver liebt, und hat mir alle Vetiver-Düfte, die sie mag, aufgezählt. Und dann habe ich einen Vetiver-Duft für sie gemacht. Jetzt nicht im Sinne eines "bespoke perfum", sondern es war eher so ein «Warum machst Du nicht ein Vetiver-Parfum für mich?".

Tut mir leid, dass ich Dich unterbreche, aber: Du machst auch "bespoke perfumes", oder?

Ja, das stimmt. Das ist immer ein langer Prozess, so ein Parfum zu kreieren. Man muss sich Zeit nehmen, um den Kunden oft zu treffen. Zu Beginn spricht man viel, zeigt ihm Rohstoffe und bespricht, was er oder sie von einem Parfum erwartet. Man findet heraus, was die bevorzugten Bestandteile sind, was die Wünsche sind. Dann macht man ein paar Versuche, gibt ihm die Proben, damit er oder sie diese auch tragen kann. Und auf deren Basis wird dann weitergearbeitet.

Klingt spannend, aber kehren wir zurück zu Federica und Vitrum.

Ja, Federica liebte Vitrum von ersten Augenblick an und sie liebt es immer noch. Ich habe beschlossen, es in meine Kollektion aufzunehmen. Mittlerweile hat sie ihren früheren Job als Journalistin aufgegeben und hat in Verona einen Shop mit Vintage-Kleidung eröffnet. Eben dort verkauft sie nun auch meine Parfums.

Trägst Du es selbst auch gerne?

Ja, ich trage all meine Parfums gerne. Entweder diese oder manchmal auch ein paar Tropfen von puren Rohstoffen. Aber Vitrum ist ein Duft, den man am besten jeden Tag tragen sollte. Ein traditionelles Parfum, das, wenn es auch für eine Frau geschaffen wurde, eher maskulin wirkt, da es ein Vetiver-Duft ist. Aber es ist eben auch an Frauen toll. Und natürlich an Männern ebenso. Und irgendwie geht es immer.

Deutlich weiblicher wirkt auf mich "Alter", das auf amerikanischen Blogs sehr gelobt wird.

"Alter" ist ein verrücktes Parfum. Es enthält eine hohe Konzentration von Jasmin Sambac und ist das luxuriöseste Parfum der Linie. Es ist sehr sinnlich, sehr betörend und sehr komplex, wenngleich es nicht viele Inhaltsstoffe hat. Es ist sogar das Parfum der Kollektion mit den wenigsten Inhaltsstoffen, aber die sind dafür alle sehr rein.

Untrennbar mit der Schweiz ist ja Schokolade verbunden – und "Bond-T" ist diesem Thema auch gewidmet.

Das stimmt. Es ist ein sehr eigenwilliges Parfum und das einzige, zu dem die Inspiration keine Frau war. Vielmehr war die Inspiration der Besuch einer Schokoladenfabrik. Ich habe Cocoa Absolute benutzt, um dieses Feeling zu transportieren, das man erhält, wenn man solch eine Fabrik betritt. Es geht um dunkle Schokolade und dafür habe ich auch viel Patchouli verwendet. Zudem ist es mit Osmanthus kombiniert, um eine Harmonie zu erschaffen und eine natürliche Fruchtigkeit zu erzeugen. Mir war es wichtig, dass es zwar ein Schokoladenparfum wird, aber kein Gourmand. Vielmehr ist es dunkel, ledig und eben eigenwillig.

Und magst Du auch Schokolade?

Oh ja, vor allem gibt es ja hier in der Schweiz wirklich gute. Die von Läderach mit ganzen Haselnüssen, aber vor allem die Truffes von Sprüngli, alle von denen, die sind toll. Ich liebe Schokolade einfach. Und da wir von Essen sprechen: Manchmal koche ich auch mit Parfums.

Wirklich? Wie machst Du das?

Ich gebe einfach Parfum ins Essen. Mache einen Kuchen mit dem ätherischen Öl einer Blume, einem guten Absolute, oder auch Kekse. Es gibt etwa einen traditionellen Kuchen, den man mit Blütenwasser macht, aber mit zwei Tropfen eines ätherischen Öls ist er noch viel besser. Man kann auch etwas in Tee geben. Oder Biskuits.

Und welche Absolutes sind da Deine Favoriten?

Orangenblüte und Jasmin. Und Biskuits mit Labdanum sind auch sehr gut.

So, genug über Backen und Süßes geredet, es geht ja eigentlich um Deine Parfums. Last but not least gibt es da noch "Ariel".

Ja, Ariel ist sehr wichtig für mich, weil es dafür eine sehr starke Inspiration gab, über die ich aber nicht sprechen kann. Mit Ariel habe ich versucht, ein olfaktives Portrait einer Frau zu schaffen. Ich wollte die Idee einer ganz bestimmten Frau mit diesem Parfum ausdrücken.

Es ist blumig-grün. Die starke grüne Note kommt von Angelikawurzel. Es ist eine sehr helle grüne Note mit vielen blumigen Noten kombiniert. Tuberose, Osmanthus, Rose und viele andere. Auch habe ich viel indisches Sandelholz verwendet, ein wenig Veilchen und die pudrige Note, das ist Iris.

Es ist eher feminin und sehr elegant. Das Parfum eines liebenswerten Mädchens, das mit leiser Stimme spricht.

Klingt zauberhaft. Um da gleich anzuschließen – Was wäre, wenn eine gute Fee käme und Du plötzlich 3 Wünsche für Deine Parfümeurkarriere frei hättest? Welche wären es?

Mehr zu verkaufen. Nicht sehr romantisch, ich weiß.

Dann vielleicht als zweiten Wunsch einen romantischeren.

Das Parfum für die Frau meines Lebens zu kreieren – auch wenn ich noch nicht weiß, wer sie sein wird.

Ok, das war jetzt sehr romantisch. Und als dritten Wunsch?

Ein absolutes Meisterwerk zu schaffen. Nein, das ist zu platt. Ich möchte gerne ein Parfum kreieren, das auch noch in 50 Jahren auf dem Markt ist und dann immer noch erfolgreich ist.

Bislang besteht Deine Kollektion aus vier Parfums, vielleicht wird es ja eines davon. Und ich hoffe, man darf es verraten, dass es auch ein neues Parfum geben wird.

Ja natürlich, aber bis das auf den Markt kommt, braucht es noch etwas Zeit. Ich habe auch noch keinen Namen dafür. Ich bin bei diesem Parfum von Veilchen ausgegangen, aber es ist kein Veilchen-Parfum, sondern hat nur die Aura von Veilchen. Es ist floral-grün-fruchtig. Vor allem geht es um die Idealisierung der Schönheit. Ich habe dafür eben mit Blüten, Früchten und Moschus gearbeitet. Mehr kann ich noch nicht sagen, aber ich hoffe, ich kann es bald auf den Markt bringen. Vielleicht gleich, wenn ich einen Namen dafür gefunden habe….

Dann viel Erfolg bei der Suche. Und Danke, dass Du Dir Zeit für das Interview genommen hast. Am Ende gibt es noch etwas, das die Leserinnen und Leser sehr interessieren und freuen wird.

Ja, ich biete ein Set mit 4 Proben zur Verlosung.

Vielen Dank! Und an die Parfumos: Bitte einfach hier einen (netten) Kommentar hinterlassen und aus allen Eintragungen, die in den nächsten 20 Tagen eingehen, wird gelost.

Das Interview führte Barbara Korp, vielen Dank!

Aktualisiert am 12.05.2022 - 14:46 Uhr
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