Das andere Ende des Spektrums - Vetiver Frozen Fragrance von Guerlain

Als Guerlain zu Beginn des Milleniums ihr großartiges Vetiver reformulierte, schien klar, was LVMH mit dieser Marke vorhatte. Vetiver wurde durchgestylt, modernisiert, hell- statt dunkelgrün, und ein Großteil seines Charakters ging verloren. Seitdem sind wir auf der Suche nach Vetiver-Alternativen. Mittlerweile scheint man sich bei Guerlain eines Besseren zu besinnen. Immerhin wurde der alte Flakon wieder eingeführt, wenn auch leider nicht der alte Duft drin ist.

Die Variante Vetiver Frozen Fragrance bzw. Eau Glacée stammt aus den Jahren des Millenium Optimismus. Es handelt sich um eine Leicht-Variante des 2000er Vetivers. Ebenso wie der Duft Vetiver Sport war Frozen Fragrance nur kurz auf dem Markt – sei es, weil der Duft von vorne herein limitiert war, sei es, weil der Verkaufserfolg ausblieb.

Zur Klarstellung: Auch das reformulierte 2000er Vetiver ist immer noch ein hervorragendes Parfum, und seine Varianten sind allemal einen Blick wert. Fast versöhnt hat mich Vetiver Extreme, welches mit viel eigenem Charakter als zeitgemäßer Nachfolger des ursprünglichen Vetiver gelten darf.

Während Vetiver Extreme finster, dunkel und sehr prägnant ist, markiert Eau Glacée das andere Ende des Spektrums. Hier wurde vollends alles weggelassen, was im 2000er Vetiver noch an Sperrigkeit übrig war. Es fehlen alle rauchigen, tabak-artigen Anklänge. Stattdessen gibt es im Kopf eine schwächliche Zitrusnote, gepaart mit minziger Krautigkeit. Wirklich kalt erscheint Eau Glacée nicht. Man würde ihm auch unrecht tun, es als leichtes Sommerwässerchen abzutun.

Ich drücke es mal so aus: Wenn wir im robusten Vetiver Extreme einen Holzfäller-Typen sehen, dann ist Eau Glacée der elegante Herr mit Panama und hellem Leinenanzug. Das Weglassen aller rauen, dunklen Aspekte markiert im Vetiver Spektrum das genaue Gegenteil der so beliebten dunklen Vetivers von Encré Noir bis Frédéric Malles Vetiver Extraordinaire. Und wenn wir mal über den Tellerrand von Guerlain hinausschauen, dann gibt es in diesem elegant-konservativen Stil genau einen Duft, der ihn wie zweiter verkörpert: Frédéric Haldimanns Vetiver, welches vor ein paar Jahren im Home Shopping erhältlich war. Festhalten, wer ihn noch besitzt!

Nach der Frische und Leichtigkeit der Kopfnote zeigt auch Eau Glacée seine Krallen. Es ist stark genug, einen ganzen Tag durchzustehen. Dabei bleibt es sehr nah am Körper. Ich habe es als sehr angenehm empfunden, nur gelegentlich, zum Beispiel bei einer unbeabsichtigten Bewegung, einen Hauch dieser Vetiver-Eleganz und Komplexität wahrnehmen zu dürfen. Erinnern wir uns: Auch das Original -Vetiver von 1961 war ein Eau de Cologne, gedacht für die schnelle Erfrischung. Frozen Fragrance hat zwar ausgeprägte Haltbarkeit, kommt aber in seiner Zurückhaltung dem Cologne-Gedanken entgegen.

Ich mag die Leicht-Varianten der Guerlain-Erfolgsdüfte. Sowohl bei Guerlain Homme, als auch bei Habit Rouge gefallen sie mir besser als das Original und die intensiveren Varianten. Vetiver ist eine Ausnahme: das Extreme ist ein großer Wurf, ganz im Gegensatz zum überall erhältlichen 2000er Vetiver. Wenn ich diese Düfte nun in Beziehung setze, dann steht das 2000er Vetiver genau in der Mitte. Ich erkenne damit: es ist nicht Fisch, nicht Fleisch. Neben Vetiver Extreme und Frozen Fragrance wäre es fast verzichtbar.

Bei Guerlain hält man das anders: Vetiver Sport und Frozen Fragrance sind längst eingestellt, neue Leicht-Varianten nicht in Sicht. Schade!

Apicius für ParfumoBlog

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