Poetrice

Düfte, die einschlagen, ziehen oft recht bald Nachfolgedüfte hinter sich her. So auch passiert mit Sensous und Sensous Nude.

Während Sensous mit seiner Honigsüsse für mich ein typischer Winterduft ist, passt Sensous Nude hervorragend zum Frühjahr. Wieso man zwar die kleine Schwester "Nude" getauft hat, entzieht sich meiner Kenntnis - muss man nackt sein, damit der Duft am besten zur Geltung kommt? Egal. Begonnn beim taktilen Gefühl des Flakons in der Hand - es gibt Flakons, die liegen wirklich sensationell gut in der Hand, und dieser hier ist so einer - über den präsenten, aber unaufdringlichen Honigton bis hin zu einem Rausch sanfter, duftender Blütenakkorde: Nude präsentiert sich gefällig und höchst angenehm. Nichts an diesem Duft ist zu penetrant, nichts sticht zu deutlich hervor. "Gross-Sensous" schmeisst noch hemmungslos mit Honig und Amber um sich. "Nude" geht das alles viel dezenter an, legt den Schwerpunkt offenbar auf allgemeine Tragbarkeit und erfüllt ihn mühelos. Die Verwandtschaft zwischen den beiden Düften ist unverkennbar, aber "Nude" steht durchaus nicht im Schatten der grossen Schwester, sondern hat eigenen Charakter, eigene Persönlichkeit - so, wie es idealerweise sein sollte.

Mit Vanille ist das so eine Sache. Vanille kann eine wundervolle Basis für Düfte abgeben. Vanille kann aber auch kaufhausig, billig, penetrant und künstlich sein.

Die Parfums von Onkel Serge sind ja nun durchaus sehr hochwertige Essenzen und von daher habe ich mir von Un Bois Vanille wirklich viel erwartet. Aber die Intensität und Süsse, mit der es einen dann erschlägt, waren mir zu viel. Vor allem die intensive Kokosnote geben mir das Gefühl, in einem Milchshake-Vollbad zu liegen. Fehlen nur noch ein Schirmchen und ein Keksi auf dem Teller.

In meiner Verzweiflung habe ich etwas versucht, was ich sonst nie mache: ich habe Un Bois Vanille in homöopathischen Dosen als Unterlage zu anderen Düften gemischt (verträgt sich z.B. sehr schön mit "Amour" von Kenzo oder mit "Sensous" von Estee Lauder), wo es ihnen mehr Tiefe und Haltbarkeit gibt. Aber einfach so, ohne alles? Nein, geht gar nicht.

Mein angebrochener Flakon wandert nun aus nach Deutschland und bereitet dort einer Liebhaberin Freude.

Mit meiner Liebe für Düfte bin auch meistens ich diejenige, welche die Düfte für meinen Mann aussucht.
Vor einiger Zeit bin ich über "Ambré" gestolpert und seither hin und weg von diesem Duft. Aber aufgepasst: Ambré ist nix für die Twenty-Somethings-Generation. Für mich am ehesten vergleichbar mit einem Glas Rotwein (am besten schon ein paar Jährchen alt) aus dem kleinen Eichenfass. Da gehört auch ein bestimmter Typus Mann hinter dieses Parfum. Ein Genussmensch (gern auch ein bisschen sichtbar um die Mitte herum), der gelebte Erfahrung mitbringt. Jemand, der besagtes Glas Rotwein bei einem schönen Essen oder in angenehmer Gesellschaft (oder beides) geniesst. Denn Ambré ist für mich genau das: ein weicher, satter, reifer, geniesserischer Duft.
Ich kann gut verstehen, dass die vanilligen Noten nicht jedermanns Sache sind. Beim Vergleich mit anderen Düften dieses Zuschnitts kann ich leider nicht mitreden. Persönlich finde ich Ambré einen sehr gelungenen Männerduft und den Idealduft für meinen Mann, den ich immer wieder mit Hingabe an ihm rieche.

Heute morgen habe ich mich für Gris Clair entschieden. Dieser Duft steht seit dem vorigen Sommer in meiner Sammlung und bereichert sie aufs Schönste. Lavendel gehört für mich zu meinen Lieblingsdüften, und die Art, wie SL ihn hier interpretiert, ist ebenso ungewöhnlich wie überzeugend.

Im ersten Anflug nach dem Aufsprühen ist der Lavendel stark durchzogen mit einer intensiv süssen, fast vanilligen Note. Diese verabschiedet sich jedoch recht rasch, und zurück bleibt ein leicht rauchiger und sehr ursprünglicher Lavendelduft. Der hat nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, wie man Lavendel sonst kennt: als Beigabe in Kölnisch Wasser oder als Duftpölsterchen für den Kleiderschrank. Die leicht rauchige Note hat was von einem Lavendelfeld, auf das seit Stunden die Sonne knallt. Der erste ätherische Duft ist verflogen und in das Herz der Lavendelblüten mischt sich etwas Schweres, Erdiges, das einen dazu verführt, eine Decke auszubreiten, sich auszustrecken, die Augen zu schliessen und sich von der Hitze und dem Duft davontragen zu lassen. So stelle ich mir einen Nachmittag in der Provence vor.

Dieser Duft ist einer meiner "Schätze". Ich mag Ingwer sehr und dieser Duft vereint alles in sich, was für mich Ingwer ausmacht: die würzige, leicht scharfe Aromatik ebenso wie das Helle, Frische, wenn man an einer gerade aufgeschnittenen Ingwerwurzel riecht. Durch die Beigabe der Zitrusnoten ist dieser Duft für mich ein idealer Begleiter für warme Tage. Schade nur, dass die Haltbarkeit nicht allzu gross ist - nach zwei, spätestens drei Stunden müsste ich nachsprühen.