Pradia

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6 - 6 von 6
Pradia vor 8 Jahren 16 3
10
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Meine holde Lilie
Ich muss zugeben, dass ich bis vor einigen Tagen noch nie von der Firma Atkinsons gehört hatte und meine Kenntnis Londoner Düfte sich auf Penhaligons und Floris beschränkte. Zudem hätte ich ehrlicherweise wohl auch nie einen Lilienduft in Test-Betracht gezogen, da ich Lilien als Blume nicht sonderlich mag – zu formal irgendwie. Zwei Gründe, die eher nicht dafür sprechen, meinen ersten Kommentar hier auf Parfumo nun gerade über den neuesten Lilienduft aus dem Hause eines britischen Hoflieferanten zu schreiben. Hätte es da nicht das Parfumo-Gewinnspiel mit Ludwig Beck gegeben...

Hier hat das sprichwörtliche Anfängerglück zugeschlagen und ich habe tatsächlich genau diesen Duft gewonnen. An dieser Stelle noch einmal mein herzliches Dankeschön nach München an die edlen Spender und vielen Dank auch an das Parfumoteam, das diese Verlosung ermöglicht hat!!

Sehr schnell kam es an, das Geschenkpaket, und darin ein weißer Kartonschuber mit goldenem Logo, der beim Öffnen einen schon rein durch seine Größe beeindruckenden Flakon freigibt. Der Flakon selbst ist zwar breit aber flach, so dass er sehr gut in der Hand liegt. Das geradlinige und schnörkellose Glas, gepaart mit dem (in diesem Fall) goldenen Emblem, welches sich auch auf dem Deckel der Kappe wiederfindet, lässt mich sofort an typisch britisches Understatement denken und widerspiegelt für mein Empfinden sehr gut, dass My Fair Lily als Teil der „Contemporary (= zeitgenössischen) Collection“ ein moderner Duft sein soll.

Und damit wären wir nun auch beim Duft selbst angelangt. Ein beherzter Sprüher und mein erster Gedanke ist „Oh, das riecht gut!“. Der Duft startet sehr präsent mit einer blumigen Frische, die aber zu keiner Zeit ins Süße oder rein Blumige abdriftet, denn zarte aquatische Noten halten die Balance und sorgen für einen frischen und belebenden Beiklang.

Ein eher unblumiger Unterton (der Rhabarber?) verleiht dem Duft von Anfang an Tiefe und Stil. Hier schwingt sich definitiv kein zartblümeliges Sträußchen zu ätherischen Dufthöhen auf, der Duft bleibt fest am Boden. Dennoch fühle ich mich beschwingt, auf eine reife und elegante Art.

Nach ca. einer halben Stunde reduziert sich die Sillage auf ein eher körpernahes Niveau. Das ist auch gut so, denn jetzt übernimmt die Lilie die Führung und der Duft wird süßer. Der aquatische Gegenpart verabschiedet sich leise und überlässt einem betörenden Lilienduft das Feld. Doch auch dieser bezaubernde Soloauftritt der Lilie wird im Hintergrund von einem dunkleren, schon leicht cremigen Grundton geerdet (hier glaube ich, nach wie vor Kamille wahrzunehmen), so dass man keine Gefahr läuft, von einem Lilienbukett erschlagen zu werden.
Laut Atkinsons eigener Duftbeschreibung (Quelle AlzD Dufttagebuch) mischen in der Herznote auch Ylang-Ylang und Jasmin mit.

Zunehmend entwickelt sich nun ein cremiger, sehr angenehm unblumiger Basiston, in welchem die Lilie sanft ausklingt. Der Patchouli sticht zu keiner Zeit hervor, sondern sorgt nur diskret im Hintergrund dafür, dass die Basisnote sehr lang anhaltend auf der Haut verweilt. So dass man noch lange nur für sich selbst dem Duft nachhängen kann, wenn man nicht doch der Versuchung nachgibt, neu zu sprühen.

Die Haltbarkeit lag bei mir im aus meiner Sicht idealen Zeitfenster von ca. 5 h, danach bewegt sich der Duft nur noch im sehr hautnahen Bereich. Dort konnte ich den Duft jedoch sogar am nächsten Tag noch wahrnehmen. Somit kann man mittags mal nachsprühen oder eben den Duft rechtzeitig vor einem abendlichen Event ausklingen lassen.

Die Sillage startet auf höherem Niveau, reduziert sich jedoch sehr schnell auf absolute Bürotauglichkeit. Obwohl Lilie vielleicht nicht jedermanns Geschmack trifft, wird man mit diesem Duft nicht unangenehm auffallen. Man ist jedoch für einige Stunden von einer unaufdringlich-eleganten, im körpernahen Bereich durchaus beständigen Duftaura umwoben.

My fair Lily ist ein wunderschöner, hundertprozentig alltagstauglicher Duft, der es meisterlich versteht, den an sich intensiven und schweren Geruch der Lilie sehr natürlich und leicht mit einem belebenden Auftakt und cremiger Basis zu kombinieren.

Jahreszeitlich würde ich ihn eher im Frühjahr und Sommer sehen. Ist My fair Lily ein echter Unisex-Duft? Atkinsons selbst nehmen in ihrer Duftbeschreibung ja Bezug auf Eliza Doolittle aus dem Namenspate stehenden „My fair Lady“, schlagen sich dadurch eher auf die feminine Seite. Ich kann mir den Duft jedoch durchaus auch an einem (jungen, Anzug tragenden, eher extrovertierten) Mann vorstellen... aber das ist rein mein persönlicher Eindruck, versteht sich.

My fair Lily ist ein wunderbarer Lilienduft, der gekonnt den Bogen von frischem Auftakt zu cremiger Basis schlägt und zu jeder Zeit unaufdringliche Eleganz mit einem gewissen Wohlfühlfaktor kombiniert. Ich glaube, spätestens jetzt wird dem geneigten Leser dieses Kommentars klar, das Lily mich auf ganzer Linie für sich eingenommen und ihren Platz in meiner Sammlung im Sturm erobert hat. Klare Testempfehlung!
3 Antworten
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