Sleepflower

Sleepflower

Rezensionen
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6 - 8 von 8
Sleepflower vor 11 Jahren 8 5
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!
Letztes Jahr habe ich meinen Bruder in Holland besucht. Natürlich musste ich jede auffindbare Parfumerie abklappern und alles Unbekannte testen - man lebt ja nur einmal, und das auch noch in einer Gegend, in der gute Düfte gnadenlos unterschätzt werden.

Auf meinem Streifzug fand ich, in der hintersten Ecke ganz unten rechts bei einer riesigen Niederlassung des türkisen D, Estee Lauders Bronze Goddess. Kurz am Flakon geschnuppert, befand ich, dass der Duft - nach einer langen, existenziellen Parfumkrise - das Beste war, was ich besagten Sommer gerochen hatte. Der Duft war warm, sonnig, würzig, fruchtig, hölzern, sandig - alles gleichzeitig, fast schon ausschweifend. Ich fackelte nicht lange, und - zack - landete ein Sprüher auf meinem Hals. Etwas, das ich sonst beim Testen nie tun würde und für das ich meine Mitmenschen nur verächtlich anschaue, wenn Sie sich zu solchen Schandtaten hinreißen lassen!

Beseelt lief ich durch Utrecht, kaufte mir Kleidungsstücke in Orange und Zitronengelb - nein, das sind nicht meine bevorzugten Farben - und liebäugelte sogar kurzzeitig mit güldenem Nagellack - ebenfalls etwas, das ich sonst nie tun würde! Bei jeder Bewegung freute ich mich über den Duft, der dann und wann unter meinem Schal hervorlupfte.
Am nächsten Tag war klar: Wenn solch merkwürdige Dinge in mir ausgelöst werden, dann muss das Auslöser-Ding eben gekauft werden.

Zurück in Deutschland, machte ich mich also ans Werk: Ich recherchierte - erst entspannt, bald jedoch manisch; telefonierte nicht ein türkises D in Deutschland an, sondern gleich 3 - und zurück blieb die bittere Erkenntnis, dass das, was ich da gerochen hatte, limitiert und schon lange nicht mehr wirklich am Markt verfügbar war. Ich hatte im Vorfeld zwar von Bronze Goddess gehört, aber wusste noch nichts von dessen tausend verschiedenen Versionen&Namen.
Letzte Rettung war der Bruder, den ich (ausgestattet mit Barcode, Fotos des Objekts der Begierde+der Adresse des Dealers) auf den Weg schickte. Und so fand die Geschichte doch noch ein Happy End, als zwei Monate später mein Päckchen endlich durch den Zoll gelangte und ich seither - jetzt weiß ich es genau! - stolze Besitzerin von Estee Lauders Bronze Goddess Eau Fraiche Skinscent von 2010 bin.

Klar ist: der Duft funktioniert nur im Sommer. Im Winter würde er bei mir höchstens Depressionen auslösen.
Manchmal kann ich von ihm gar nicht genug bekommen; manchmal ist er aber auch zuviel für mich. Er startet unerwartet kratzig und herb, wird im weiteren Verlauf allerdings etwas wärmer, umschmeichelnder und changiert permanent zwischen fruchtig-milchigen und würzigen Noten.
Er riecht ebenso perfekt und eigenwillig wie die menschliche Haut, wenn man lange in der Sonne war und der Körper ganz aufgeladen mit Hitze ist. Er riecht nach Sand, nach hochwertiger Sonnencreme, nach Meerwasser, und er hat diese ganz typische, leicht mtallische Nuance. Er ist kein laues Lüftchen wie die meisten Sommerversuche, wahrscheinlich ist er für die Thematik sogar sehr eigenwillig - aber gerade das gefällt mir so daran.

Und warum erzähle ich das alles? Weil der neu lancierte&limitierte Duft, für den ich letztes Jahr Himmel&Hölle in Bewegung gebracht habe, seit Kurzem im türkisen D bei mir um die Ecke im Regal steht. Ich schwörs euch, das IST genau die gleiche Komposition! Nur mit einer anderen Flasche drum herum, aber wer lässt sich schon durch solch billige Tricks blenden...

Hätte ich das gewusst - ich hätte mir letztes Jahr einige schlaflose Nächte sparen können.
Aber ich freue mich natürlich auch für euch, die ihr in den letzten Jahren vielleicht nicht in Holland wart und daher nicht die Gelegenheit hattet, eure Nase ins Vergnügen zu tauchen.



Und für alle, die es detailliert mögen, hier eine imho recht treffende Auflistung der INCIs des "2010er" (ohne Gewährleistung der Korrektheit)

Kopf: Amber, Mandarine, Sizilianische Bergamotte, Orange, Zitrone

Herz: Tiare-Milch, Jasmin, Magnolie, Orangenblüte, Lavendel

Basis: Amber, Kokosnussmilch, Sandelholz, Vanille, Vetiver, Myrrhe
5 Antworten
Sleepflower vor 11 Jahren 7 2
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Ein echter Qualitäts-Jahrgang!
1976 passierte noch was - es wurde hervorragende Musik gemacht, politisch gings zur Sache, und auch einige besonders gelungene Menschen wurden in diesem Jahr in die Welt gesetzt! Ich persönlich war natürlich nie Teil dieses Jahrgangs, daher kann ich mir sorgenfrei alle Dinge schön malen, die ca. 10 Jahre vor meiner Geburt geschehen sind.

Beseelt durch meine Vorurteile machte ich mich also ans Testen der Anthology Collection von Penhaligons - und bei Orange Blossom ist meine Nase hängen geblieben.
Ich liebe die Orangenblüte, bin aber nicht unbedingt ein Fan von Solifloralen, also war ich gespannt, was mich hier erwarten würde.

Zu Beginn lukt die Orangenblüte durch ein bisschen Gestrüpp hervor - der Duft startet recht holzig und würzig, fast ein bisschen trocken. Es ist mir zwar ein Rätsel, was genau diesen Eindruck hervorruft (vielleicht Kardamom und Veilchenblatt?) - aber je öfter ich den Auftakt rieche, desto besser gefällt er mir.
Im Herzen wird die Orangenblüte nun wahrlich ins rechte Licht gerückt und strahlt aus vollem Leibe. Wenn man genau darauf achtet, kann man ein paar Mitspieler heraus riechen; ein wenig Pfirsich ist dabei, und auch der Jasmin lässt sich erahnen - alles jedoch so dezent, dass der Orangenblüte genug Raum gegeben wird, um sich voll zu entfalten.
Mir persönlich gefällt die Basis des Duftes am besten. Die "Solistin" wird nach und nach in Vanille und weichen Hölzern eingebettet, der Duft wird so immer cremiger und wärmer.

Orange Blossom überrascht mich am meisten durch seine starke Wandelbarkeit, aber auch durch die ungewöhnlichen Kontexte, in die Bertrand Duchaufour die Orangenblüte hier setzt. In diesem Punkt kann ich mich meinem Vorredner nur anschließen: das Hause Penhaligon's hat hier ein köstliches, sinnliches Wässerchen kreiert, das ich in dieser Form noch nie gerochen habe.
Die Haltbarkeit ist wirklich gut, gleiches gilt auf meiner Haut für die Sillage - das darf man bei dem recht stolzen Preis für die 100ml aber auch gerne erwarten.

Ein perfekter Frühlingsbote, den man sicherlich auch noch bis in den Spätherbst hinein tragen kann.
2 Antworten
Sleepflower vor 12 Jahren 8 1
6
Duft
Gepflegte Trägheit
In der Toskana warst du ja auch schon lange nicht mehr - dachte ich mir, als ich mir neulich ein paar Proben von La Collina Toscana zukommen ließ.
Entgegen meines eigentlichen Reiseziels ging es dann aber irgendwie doch ganz woanders hin: und zwar in den Süßwarenladen.

Dort fand sich eine besondere Art von Karamellbonbon, in die man offenbar gewisse Massen an Tiareblüten versenkt hatte. Ich hatte zwar keine besondere Komplexität des Duftes erwartet, aber aufgrund der Beschreibung doch etwas deutlich Blumenlastigeres.
Tatsächlich würde ich den Duft aber weit eher als Gourmand denn als Floralen einordnen, da Vanille und Karamell (zumindest auf meiner Haut) hier ganz dominant sind und durch die Blüten allenfalls ergänzt werden.
Das wird besonders bei der cremig-pudrigen Sillage deutlich, die mich fast wieder in mein Dasein als Zwölfjährige zurückversetzt (denn damals hatten fast alle meine Freundinnen das Deo mit dem Namen Vanilla Kisses benutzt).

Aber ich will mich nicht nur beschweren: So ein Ausflug ins Süßwarengeschäft kann durchaus schön sein, und nicht an jeden Tag möchte man der Komplexität des Lebens auch noch olfaktorisch begegnen.
Darüber hinaus ist seine Haltbarkeit und "Reichweite" sehr gut. Obwohl ich ihn keinesfalls als dezent bezeichnen würde, fällt er niemals unangenehm auf - das gilt sowohl für die Trägerin als auch für die Mitriechenden.

Sehr schade ist lediglich, dass die Moschusnote überhaupt nicht wahrnehmbar ist - das hätte dem Duft sicherlich etwas mehr Leichtigkeit und Frische verliehen. Nach meinem Empfinden ist er für die wärmsten Tage des Jahres daher nicht wirklich geeignet.
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