Snaporaz

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6 - 9 von 9
Snaporaz vor 7 Jahren 5 2
6
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Fruit Punch...
...war mein zweiter Gedanke zu diesem Duft. Mehr dazu später.
Bekannter Weise gehört es zur Beschäftigung vieler Reisender, sich die Wartezeit bis zum nächsten Flug mit dem Besuch in diversen Shops zu verkürzen. Meine erklärte Überbrückung der Wartezeit ist es (da Alkohol und Süßigkeiten bei mir wegfallen) ausgiebig zu gucken, was es so an Düften gibt. Speziell Düfte welche in meinem Heimatland nicht erhältlich sind.

Es war auf der Heimreise nach dem Urlaub in Dubai und mehr aus Langeweile denn aus dem Ziel heraus, einen neuen Duft zu finden und zu kaufen. In einem der vielen Shops am Airport im Kassenbereich stand er bereit um entdeckt zu werden. Nicht etwa in exklusiver Aufmachung wie wir es von teuren Düften kennen, nein, eher aufgehängt am Drehregal wie Rasierklingen. Noch dazu in solidem Kunststoff verpackt, wie man es im Elektrogeschäft als Diebstahlschutz kennt. Die Neugier auf das Fremde war groß und Zeit noch genug bis zum Heimflug. Ein kurzer Test auf die erstbeste Stelle. --Zack. Hedonistische, konzentrierte, erdrückend schwüle, süße Fruchtigkeit. Die kommt nicht auf den ersten Blick lustvoll daher, darüber noch ein Anzug. Sehr trickreich. Die Botschaft ist aber eindeutig; mit einem Erdbeben für unvorbereitete Nasen. Es kann nur Oud und Moschus sein welche diesem Erlebnis eine Impertinenz verleihen - im wahrsten Sinn des Wortes - und das in Kombination in der Basis!

Zurück an Ort und Stelle: mein Riechorgan sagt "ja!" Preis und Aufmachung entsprachen ja Drogeriedüften, aber ich bin eben sehr neugierig. Ich war neugierig auf die weitere Dufterfahrung.

Daheim - es war Hochsommer - hat sich mir beim Tragen die ganze Bandbreite eröffnet. Dieser Duft überbietet an Intensität und Projektion alles, was ich bis dahin erlebt habe. Er müsste eigentlich die Skala der Sillage sprengen. Hier reicht wirklich ein Sprühstoß für den ganzen Tag. Alles andere wäre der Umwelt nicht zu verantworten. Fruchtig und süß mit einer unglaublichen Intensität. Der wandert direkt in die Nase und vermittelt unmittelbar: hier bin ich und will ich sein! Ein Leisetreter ist er nicht. Er gibt noch einen Hauch an mit ihm getragenen und gewaschenen Hemden von sich!

Der Duft will auffallen; aber für mich nicht im negativen Sinn. Die Intensität macht ihn zu etwas Besonderem und dadurch für mich zu keinem Alltagsduft.

Meiner Frau ist er zu intensiv. Trotzdem verbinde ich mit ihm schöne Erinnerungen an unseren Urlaub und den Reiz des Spontanen!

Aber ja, hie und da trage ich ihn im Sommer. Für mich einzigartig!
2 Antworten
Snaporaz vor 8 Jahren 8 1
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Eine Ehre, ihn entdecken zu dürfen
Hier haben wir es mit einem der Düfte zu tun, welcher vor der Ankunft meiner Generation kreiert wurde. Eine Duftprojektion mit Anekdoten meines Lebens muss hier gänzlich entfallen.

Diesen erinnere ich mich, bis jetzt, nicht wahrgenommen zu haben. Ein Eintauchen in eine andere Zeit, mit großem Respekt und langsamen Schritt.

Der Duft ist etwas Besonderes und besticht durch seine Einzigartigkeit. Ich nehme als Auftakt eine bitter-pudrige, fast zu trockene Note wahr. Diese ist die ersten Minuten recht heftig. Ich habe die gewisse Pudrigkeit schon bei Düften von Prada wahrgenommen, aber die Bitterorange setzt hier einen sehr deutlichen Akzent. Dann geht es weiter mit einer angenehmen Wärme. Er entwickelt sich bei mir in Richtung Orientale. Auffallend ist die durchaus lange Haltbarkeit. Ein Vertreter für dezente, seriöse Anlässe. Der Duft passt zum gepflegten Mann.

Nur erahnen kann man, welchem Zeitgeist er entstammt. Zweifelsfrei mutet der Duft durchaus ernst an. Die Flasche lässt erkennen, dass dieses Haus sich der Kreation von Düften verschrieben hat, fernab der Notwendigkeit eines weiteren Geschäftsfelds.

--Ich denke vielleicht an einen Mann im Straßenanzug, in mittleren Jahren, wie er in einer beliebigen europäischen Metropole durch die Straßen spaziert. Es ist Frühling und hat gerade zu regnen aufgehört. Es war eine Zeit, als Anzüge noch gesellschafts- und berufsumfassend getragen wurden und Hüte bei Männern eine wichtige Rolle spielten. Es war aber auch eine Zeit, in welcher das T-Shirt sich bereits der klassischen Unterwäsche emanzipierte und offen getragen wurde.

Würzig-pudrig, wie der Duft beschrieben wird, trifft es eigentlich sehr gut. Meine Nase muss erst weiter differenzieren, aber den von vielen hier genannten, klassischen Vertreter des Zitronenthemas konnte ich nicht gleich beim ersten Anlauf wahrnehmen. Viel zu anders sind meine gegenwärtigen Kandidaten wie „Eau Sauvage“ oder „Pour Monsieur“.

Der Duft hat etwas von Vertragsunterzeichnung an sich. Keineswegs ein kleiner Fisch; hier begleiten wir Großvater zur Übernahme weiterer Unternehmen, um sie in seinen Familienbetrieb einzugliedern. Normalerweise lässt sich Großvater ja vertreten. Aber bei diesem Abschluss ist er lieber selbst an Ort und Stelle. Großvater weiß was er tut. Lange hat er sich diesen Schritt überlegt; auch im Hinblick auf die Wertschätzung und das Wohlergehen seiner Mitarbeiter.
1 Antwort
Snaporaz vor 8 Jahren 18 2
9
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Erwin, hol' die Wumme !
Zu diesem Wässerchen bin ich über ein Buch des Gentleman gestoßen. Als ich dann zu dieser Community kam wurde ich neugierig und habe hier ein bisschen recherchiert und online bestellt. Die Flasche erinnert entfernt an die RL-Klassiker und lässt Edles erwarten. Auch die Verpackung ist unscheinbar; doch bei genauerer Betrachtung, wie ich meine, bereits dem Zirkus nahe.

Dieser Duft fällt unter die Gattung Keulenartige. Er trägt der Umwelt in einer Art und Weise auf, die ihresgleichen sucht. Hier geht es gleich richtig los! Eine Abhandlung von allem was stark und impertinent ist. Dieser Mix aus Duftstoffen ist wie die französischen und italienischen Actionkomödien der 80er Jahre: hart, erbarmungslos, unverfroren – und, durch die deutsche Dialogregie, in einer eigenen, historischen Bandbreite des Witz angesiedelt.

Die Fruchtkeule in der Kopfnote, gemischt mit Aldehyd, ist wie die beidhändige Doppelbackpfeife: sie kommt ganz plötzlich und unvereinbart. Es geht ans Ganze. Für den Fall, dass der Gegner sich noch einmal aufrafft, folgt der Piment-Sturm. Alles aber nach wie vor in der 1. Partie.

Was dann kommt ist die Täuschung von Gefälligkeit. Weichere Akkorde... Sandelholz, Zeder, Zimt. Grundsolide die Vanille.

Möchten wir vielleicht miteinander reden...?! --Nein, zu heiß ist es hier drinnen und draußen. Wir beenden es hier und jetzt in der Strandbar noch mit vollem Bauch Würstchen.

Giorgio for Men gibt keine Zeit nachzudenken; sich nicht einmal bewusst des Spiels zu werden. Vielleicht so hedonistisch wie Adriano als Womanizer, wenn er im Trend der 80er in Pluderhose und Rippshirt an der Strandpromenade im geckenhaften Stechschritt daher stolziert und den Frauen die Begierde ins Gesicht treibt.
2 Antworten
Snaporaz vor 8 Jahren 16 4
4
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
5
Duft
Stehachterl - oder: wenn Opa noch im Wirtshaus sitzt
Mein erster Kommentar zu einem durchaus besonderen Duft. Lange hatte ich ihn nicht beachtet. Bis ich ihn neulich im nächsten Drogeriemarkt erschnuppert habe. Da kam mir die Erinnerung blitzartig in den Sinn, das Ende aller Zweifel - "Neo" vor dem Spiegel - bereit für die Tatsachen.

Was kommen da bloß für Erinnerungen auf... Ich habe in meiner Kindheit und Jugend bereits viele Düfte wahrgenommen und sie meistens mit schönen Erinnerungen in Verbindung gebracht. Dies hatte vor allem damit zu tun, dass mein Vater, seit ich denken kann, immer gut geduftet hat. Er nahm uns auch immer Düfte mit wenn er dienstlich herumflog.

Diesen Duft bringe ich mit einer Szene in Verbindung die, zum damaligen Zeitpunkt, Mitte der 80er Jahre, alltäglicher nicht hätte sein können. Ich war damals sechs. Sonntags waren wir immer bei Oma und Opa. Oma kochte immer viel und gut. Wenn Opa nicht pünktlich zum Essen kam, fanden wir ihn meist im Wirtshaus um die Ecke wieder beim Schnapsen. Dann ging mein Onkel mit mir Opa abholen. Ein typisches Wirtshaus, man könnte sagen: Weinhaus im Wiener Arbeitermilieu. Tür auf, Vorhang vor - und da standen sie bereits vor dem Eingang: die "Stehachterl". In Wien ist das die Dauerkundschaft der genannten Lokalität, welche sich einen gewissen Spiegel aufrecht hält und meistens von Frühmorgens bis Mittags stehend das Glaserl kippt.

Da roch ich es - es war Pacos Kraut, gemischt mit einer Wolke aus Alkohol und Zigrarettenrauch. Schwer, beißend. Der Franz, der Werner und Herr Sebesta. Da standen sie seit 6.30 Uhr. Tranken sich mit Fusel voll, um dem Alltag, aber auch den Erlebnissen ihrer Jugend zu entkommen. Brillantine im Haar, Kamm in der Hosentasche; allzeit bereit und schnell gezogen wie ein Wurfmesser. Schwere Koteletten bis zum Kinn und schwere Kette um den Hals. Männer so unbeirrbar wie ihr Duft. Krautig, stechend, scharf. Es waren halt andere Zeiten. Mit einer Hand an der Theke festhalten. Sich umschauen. Wie ist die Lage... wer kommt rein? Weingeschwängerte, rote Augen.... alles in Zeitlupe. "Kind, geh weiter... Opa sitzt hinten im Eck" sagt Onkel. Da gab es nicht viel zu schauen. Solche Leute schaut man nicht lange an. Sie sehen dich an. Ich bekam es immer mit der Angst zu tun.

Dann ging es hinter einen dicken Filzvorhang, welcher die anderen Gäste vor dem Rauch und der trinkenden Kundschaft aber auch der Geräuschkulisse schützen soll. Da saß Opa.

Der Duft ist kein Leisetreter und nicht mit Düften der heutigen Zeit zu vergleichen. Er steckt sein Revier ab. Nichts für junge Menschen. Einer der niemals in der Drogerie empfohlen wird. Ihn zu tragen ist eine Prüfung; ein Abhandeln und Eintauchen. Nicht alltäglich. Seine Träger ziehen ihr Ding jedenfalls durch. In Erinnerung an die alten Zeiten.

Man(n) trägt ihn nicht aus einer bestimmten Konformität heraus. Um ehrlich zu sein: wer will das schon?

Kein Duft von Marcello oder Alain. Eher der Duft von Marlon.

Für mich jedoch einer der wenigen Düfte mit einem sehr ausgeprägten Duftverlauf.
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