04.02.2022 - 08:52 Uhr

Ponticus
76 Rezensionen

Ponticus
Top Rezension
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Wie sich doch die Zeiten ändern !
Vor mehr als 11 Jahren berichtete Friendchild hier auf Parfumo in seinem heute noch prominent platzierten Daumen-runter-Kommentar davon, wie Habit Rouge damals das Ranking beliebter Düfte dominierte und dort immer auf Platz eins zu finden war. Schaut man heute auf die am besten bewerteten Parfüme, ist unter den ersten einhundert Herrendüften kein Habit Rouge mehr zu finden, weder das EdT, noch das EdP, noch das Extrait.
Ganz sicher liegt das nicht an der kraftvollen, erdigen Bitterkeit der anfangs kreischenden Zitronen und Orangen mit der Habit Rouge EdT eröffnet und dessen bittere Aromen sich in einer pfiffig ausgeklügelten Harmonie in duftige Frische wandeln. Abgemildert durch warme schokodunkle und erdige Noten, gesellen sich mit der Zeit vorwitzige, aromatische Ledernoten dazu, erst fruchtig, später immer cremiger, bis sie schließlich in einem lieblichen, leicht süßlichen Vanillenebel versinken.
Vielleicht hat der Verlust an Beliebtheit mit dem Namen zu tun? Habit Rouge bedeutet roter Frack, Jacke, Jäckchen. 1965 eine Hommage Guerlains an seine Leidenschaft der Pferdedressur bei der die Reiter gerne eine rote Jacke trugen. Nun ist das Dressurreiten und nicht nur das in den roten Jacketts, schon seit längerer Zeit in Verruf geraten und spätestens seit dem Olympia-Eklat arg verpönt, als die heulende Annika Schleu mit der Reitgerte auf ihr störrische Pferd einschlug um es unter ihren Willen zu zwingen. Das gilt gleichermaßen für die Verfolgungsjagden, bei der rotbefrackte Reiter neben der Hundemeute hinter einem Fuchs querfeldein hinterherjagen. Auch das verbreitete rote Jäckchen des Torero beim Stierkampf in der Arena wird wohl mit diesem gemeinsam untergehen. Selbst die rote Uniformjacke der Irish Guards, getragen auch von Prinz William, bekommt mit den zunehmenden Affären des Königshauses ein Geschmäckle. Ebenfalls kann keiner sagen, daß der rote Militärfrack des Colonel William Tavington, der den jungen Sohn des Witwers Benjamin Martin im Film „Der Patriot“ erschoß, diesen sympathischer machte. Bleibt noch Karneval und Zirkus, aber auch da ist der Ast der Zuneigung absteigend. Das rote Jäckchen des kleinen Mädchens in Spielbergs Film „Schindlers Liste“ sei hier nur am Rande und in aller gebotenen Demut erwähnt, aber auch dieses stand unter keinem guten Stern. Selbst ich hatte Mitte der neunziger Jahre mal ein knallrotes Business Jackett und das heutige Betrachten dieser Bilder bestärkt mich weiter in meiner Eingangsvermutung. Ein triftiger Grund sich von mir abzuwenden, denn vertrauenswürdig sah ich damit nicht aus.
Einen Teil zum „Vergessen“ älterer Düfte trägt wahrscheinlich auch die Flut der vielen Neuerscheinungen bei. Möchte man hier nur annähernd gut informiert sein, bleibt wenig Zeit für die Klassiker. Die Werbung und die Influencer zielen auch eher auf Neuheiten ab. Das Alter der Nutzer spielt sicher ebenfalls eine Rolle. Ich als reifer Best Ager kenne und mag Düfte von „früher“. Gleichzeitig gefallen mir aber auch viele neuere Kreationen ganz ausgezeichnet und meine Sammlung ist da ein guter Mix. Dagegen sind die Düfte von „Oma und Opa“ bei den Jüngeren eher seltener vertreten und weitgehend unbekannt.
Die Bevorzugung anderer Düfte als Habit Rouge und ähnlicher Vertreter in der Spitzengruppe, ist auch den heutigen Duftvorlieben der Männer geschuldet. Für ältere Klassiker ist die Masse der Herren nicht zu begeistern, erst jenseits von Platz 20 finden sich Parfüme aus dem vorigen Jahrtausend und damit älter als 20 Jahre. Für die unisex Düften ist die Lage noch offensichtlicher. Nur bei den Damen kehrt sich die Begehrlichkeit nach guten Spitzendüften, auf das Alter abgestellt, komplett um. Die sechs beliebtesten Frauendüften sind, jeder für sich, weit über 90 Jahre alt. Die Damen lieben ihre Klassiker und zeigen das auch.
Ich liebe meine Klassiker ebenfalls, unter anderem eben auch Habit Rouge. Nicht der teuerste, aber für mich einer der schönsten im Markt befindlichen Düfte. Mit stimuliernder Vitalität und Leidenschaft, der auch viel verwegener Charme innewohnt, paart sich hier innere Substanz und handwerkliche Eleganz zu einem großen, zeitlosen Orientalen. Zitronengrün spritzig, bittrig fruchtig frisch, schokoerdig, warm süßlich ledrig, vanillig balsamisch kräftig ! Ein dynamischer Komplex von bitterer Zitrik, samtigem Leder und süßlicher Vanille dominiert das Geschehen dabei durchgängig auf das Feinste. Raumgreifend, ganztägig und einzigartig duftend, dazu in einem herrlichen Flakon und in einer schönen roten Schachtel, ist Habit Rouge zeitlos und gemacht für die Ewigkeit. Gleichwohl, und bei aller berechtigten Euphorie des Liebhabers, bleibt Habit Rouge doch nur ein Parfüm. Aber was für eines !
Es wäre schön, wenn ich erneut einen Moment der Erinnerung an eine solche Legende anregen konnte und bedanke mich herzlichst für die erhaltene Aufmerksamkeit.
Ganz sicher liegt das nicht an der kraftvollen, erdigen Bitterkeit der anfangs kreischenden Zitronen und Orangen mit der Habit Rouge EdT eröffnet und dessen bittere Aromen sich in einer pfiffig ausgeklügelten Harmonie in duftige Frische wandeln. Abgemildert durch warme schokodunkle und erdige Noten, gesellen sich mit der Zeit vorwitzige, aromatische Ledernoten dazu, erst fruchtig, später immer cremiger, bis sie schließlich in einem lieblichen, leicht süßlichen Vanillenebel versinken.
Vielleicht hat der Verlust an Beliebtheit mit dem Namen zu tun? Habit Rouge bedeutet roter Frack, Jacke, Jäckchen. 1965 eine Hommage Guerlains an seine Leidenschaft der Pferdedressur bei der die Reiter gerne eine rote Jacke trugen. Nun ist das Dressurreiten und nicht nur das in den roten Jacketts, schon seit längerer Zeit in Verruf geraten und spätestens seit dem Olympia-Eklat arg verpönt, als die heulende Annika Schleu mit der Reitgerte auf ihr störrische Pferd einschlug um es unter ihren Willen zu zwingen. Das gilt gleichermaßen für die Verfolgungsjagden, bei der rotbefrackte Reiter neben der Hundemeute hinter einem Fuchs querfeldein hinterherjagen. Auch das verbreitete rote Jäckchen des Torero beim Stierkampf in der Arena wird wohl mit diesem gemeinsam untergehen. Selbst die rote Uniformjacke der Irish Guards, getragen auch von Prinz William, bekommt mit den zunehmenden Affären des Königshauses ein Geschmäckle. Ebenfalls kann keiner sagen, daß der rote Militärfrack des Colonel William Tavington, der den jungen Sohn des Witwers Benjamin Martin im Film „Der Patriot“ erschoß, diesen sympathischer machte. Bleibt noch Karneval und Zirkus, aber auch da ist der Ast der Zuneigung absteigend. Das rote Jäckchen des kleinen Mädchens in Spielbergs Film „Schindlers Liste“ sei hier nur am Rande und in aller gebotenen Demut erwähnt, aber auch dieses stand unter keinem guten Stern. Selbst ich hatte Mitte der neunziger Jahre mal ein knallrotes Business Jackett und das heutige Betrachten dieser Bilder bestärkt mich weiter in meiner Eingangsvermutung. Ein triftiger Grund sich von mir abzuwenden, denn vertrauenswürdig sah ich damit nicht aus.
Einen Teil zum „Vergessen“ älterer Düfte trägt wahrscheinlich auch die Flut der vielen Neuerscheinungen bei. Möchte man hier nur annähernd gut informiert sein, bleibt wenig Zeit für die Klassiker. Die Werbung und die Influencer zielen auch eher auf Neuheiten ab. Das Alter der Nutzer spielt sicher ebenfalls eine Rolle. Ich als reifer Best Ager kenne und mag Düfte von „früher“. Gleichzeitig gefallen mir aber auch viele neuere Kreationen ganz ausgezeichnet und meine Sammlung ist da ein guter Mix. Dagegen sind die Düfte von „Oma und Opa“ bei den Jüngeren eher seltener vertreten und weitgehend unbekannt.
Die Bevorzugung anderer Düfte als Habit Rouge und ähnlicher Vertreter in der Spitzengruppe, ist auch den heutigen Duftvorlieben der Männer geschuldet. Für ältere Klassiker ist die Masse der Herren nicht zu begeistern, erst jenseits von Platz 20 finden sich Parfüme aus dem vorigen Jahrtausend und damit älter als 20 Jahre. Für die unisex Düften ist die Lage noch offensichtlicher. Nur bei den Damen kehrt sich die Begehrlichkeit nach guten Spitzendüften, auf das Alter abgestellt, komplett um. Die sechs beliebtesten Frauendüften sind, jeder für sich, weit über 90 Jahre alt. Die Damen lieben ihre Klassiker und zeigen das auch.
Ich liebe meine Klassiker ebenfalls, unter anderem eben auch Habit Rouge. Nicht der teuerste, aber für mich einer der schönsten im Markt befindlichen Düfte. Mit stimuliernder Vitalität und Leidenschaft, der auch viel verwegener Charme innewohnt, paart sich hier innere Substanz und handwerkliche Eleganz zu einem großen, zeitlosen Orientalen. Zitronengrün spritzig, bittrig fruchtig frisch, schokoerdig, warm süßlich ledrig, vanillig balsamisch kräftig ! Ein dynamischer Komplex von bitterer Zitrik, samtigem Leder und süßlicher Vanille dominiert das Geschehen dabei durchgängig auf das Feinste. Raumgreifend, ganztägig und einzigartig duftend, dazu in einem herrlichen Flakon und in einer schönen roten Schachtel, ist Habit Rouge zeitlos und gemacht für die Ewigkeit. Gleichwohl, und bei aller berechtigten Euphorie des Liebhabers, bleibt Habit Rouge doch nur ein Parfüm. Aber was für eines !
Es wäre schön, wenn ich erneut einen Moment der Erinnerung an eine solche Legende anregen konnte und bedanke mich herzlichst für die erhaltene Aufmerksamkeit.
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