06.03.2020 - 03:30 Uhr

FlirtyFlower
81 Rezensionen

FlirtyFlower
Top Rezension
46
Aschenputtels Vermächtnis
Prolog
„Und als die Engel der Finsternis über uns wachen, zieht ein Sturm auf. Ein Sturm, mit dessen Konsequenzen wir niemals gerechnet hätten.“
Zitat aus der Serie „Das Kind“
Donnerstag, 23. Januar 2020
Heute ist der Tag gekommen. Der Tag, an dem das Fass übergelaufen ist. Ich bin es gewöhnt, dass mein Chef mich nicht mag. Aber, dass die Kollegin, die schon immer den „Liebling-des-Chefs-Bonus“ hat, unverschämt wird, implodiere ich. Aber natürlich bleibe ich gelassen und antworte freundlich, gefasst und mit innerlichem Kotzen.
Wisst ihr, ich bin ein Loser. Ein schwarzes Schaf. Ein Ergebnis der unerträglichen Leichtigkeit des Seins. Ich bin es fast schon gewöhnt in der Arbeit beschissen zu werden.
Uff! Zur Beruhigung lege ich die Probe von Mandarine Basilic auf. Ein schöner Auftakt. Nennen wir ihn blumig. Dabei hatte ich einen zitrischen Auftakt erwartet. Ich sprühe ihn zur Sicherheit auch auf ein Kosmetiktuch. Ich rieche etwas cremiges, nur irgendwie riecht das Ganze... unerwartet.
Da ich noch immer genervt bin, lege ich das Kosmetiktuch in meine Tasche. Ein fataler Fehler. Denn meist vergesse ich viele Dinge. Naja, sagen wir, es hat auch seine guten Seiten Vieles vergessen zu können.
Am Abend muss ich meine Monatskarte von den Verkehrsbetrieben holen. Allerdings hätte ich niemals damit gerechnet, dass auch das ein fataler Fehler ist. Denn als ich meine Nummer ziehe, warten tatsächlich ein paar Leute vor mir.
Eine kleine ältere Frau „Typ Mutti“ fragt: „Wo sind denn hier die Busfahrpläne?“ Ich sage es ihr und sehe ihr nach. Sagen wir sie ist Anfang sechzig, unscheinbar, hat einen alten schwarzen Mantel an. Lustig fand ich ihre rote Wollmütze und ihr Gesicht, das dafür spricht, dass sie schon einiges im Leben gesehen hat. Ihr Gesicht ist blass, genau wie ihre blassblauen Augen. Ihr graues Haar geht bis zu ihren Schultern und ist gewellt.
Doch, dass dieses Treffen für mich im wahrsten Sinne des Wortes „Wellen schlagen“ würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Und was soll ich euch sagen: Ich sollte noch mein blaues Wunder erleben!
Die Dame kommt zurück und stellt sich zu mir. „Darf ich sie fragen, welche Nummer sie haben“, sagt sie. Ich sage, ich habe A380 und Sie?“ „A385.“ Aber Moment! Auf der Anzeigentafel steht A102. Es kann doch nicht sein, dass 270 Leute vor uns dran sind. Und was soll ich euch sagen, es kann sein.
Als sie sich zu mir stellt, nimmt sie ihre Mütze ab und erklärt mir, dass es zu warm ist und der Verband sonst schmerzt. Sie sagt, „Krebs, weißer Hautkrebs. Ich wurde letzte Woche operiert und es ist einfach zu warm.“
Uff! Ich schlucke. Ganz schön hart. Ich sehe ihr direkt in die Augen. Ich halte ihrem Blick stand, ohne ihn zu unterbrechen. Aber da ich mit vielen Strapazen des Lebens betraut bin, quatsche ich einfach weiter mit ihr. Ich habe heute keine Eile und die Karte brauche ich auch. Und sie ist wirklich sympathisch. Wie so viele Leute, die wir auf den ersten Blick nicht sehen und doch weitaus interessanter sind als diese ganzen „Wannabees“, diese Blender, diese leeren Hüllen, die nur an der Oberfläche leben.
Sie erzählt mir vom Tod ihrer Eltern sowie von ihren Sorgen des Alltags. Obwohl wir uns erst ein paar Minuten kennen, ist es fast so als hätte Gott sie mir geschickt.
Ihre Worte durchbohren mich noch immer. Immer und immer wieder. Sie sagt: „Befasse dich nicht erst mit den Problemen, wenn es zu spät ist. Nicht erst, wenn du keine Kraft dafür hast. Sieh den Tatsachen ins Auge und tue, was notwendig ist.“
Als wir uns verabschieden, gehe ich mit Gänsehaut von ihr.
Und da ist es. Das Tuch, auf das ich Mandarine Basilic gesprüht hatte.
Als ich an dem Tuch mit Mandarine Basilic rieche, frage ich mich, ob man Schönheit riechen kann. Eine Schönheit, die man beim ersten Aufsprühen, beim ersten Blick, beim ersten Treffen nicht wahrgenommen hat.
Ich sehe weiße Blumen, ein unendlich schönes Mandarinenblütenkleid, das sich sauber und mit einer golden-terracotta farbenen Aura um mich schmiegt. Nichts stört, nichts eckt an, nichts kann diesen unendlich perfekten Moment trüben.
Es ist als ob ich durch diesen Duft einen Moment rieche, der unendlich ist. Wie ein Moment, der echt ist. Ein Moment, der dir den Weg zeigt.
Es ist wie ein Moment der Wahrheit. Ein Moment, der dich begreifen lässt. Was echt ist, was zählt und was für immer bleiben wird. Der Moment, in dem du erkennst, dass etwas nicht nur schön ist, sondern auch warum. Und, dass dies der Grund für seine Unendlichkeit ist. Und der Moment des Begreifens, der dir den Weg zeigt.
Und mit einem mal weiß ich, was zu tun ist. Und ich mache den Termin doch aus, mit dem ich gehadert hatte.
Und denkt bitte immer daran: Aschenputtel hat niemals nach einem Prinzen gefragt. Sondern nach einem schönen Kleid und einem freien Abend, an dem sie einfach nur Spaß haben konnte.
Und auch wenn jemand unscheinbar aussieht oder ein Duft euch erst auf den zweiten Blick in den Bann zieht, denkt daran: allein der bleibende Eindruck zählt. Das was euch die Ohnmacht nimmt, das was euch die innere Schönheit begreifen lässt, das was euch Stärke gibt.
Und, was immer ihr gerade durchmachen solltet: Ich wünsche euch viel Kraft.
Epilog
„Du weißt der Sturm hätte alles zerstören können. Das ist der Grund warum wir gehen mussten. Doch was du nicht weißt ist, dass die Schlange vor unserem Nest gewartet hat. Wenn wir nicht geflohen wären, hätte sie unser Nest zerstört und hätte unser Ei gegessen. Das ist der Grund, warum die Engel der Finsternis uns in Wahrheit gerettet haben. Auch wenn alles so ausgesehen hat, als wäre es zu Ende, haben sie uns einen Neuanfang ermöglicht.“
„Und als die Engel der Finsternis über uns wachen, zieht ein Sturm auf. Ein Sturm, mit dessen Konsequenzen wir niemals gerechnet hätten.“
Zitat aus der Serie „Das Kind“
Donnerstag, 23. Januar 2020
Heute ist der Tag gekommen. Der Tag, an dem das Fass übergelaufen ist. Ich bin es gewöhnt, dass mein Chef mich nicht mag. Aber, dass die Kollegin, die schon immer den „Liebling-des-Chefs-Bonus“ hat, unverschämt wird, implodiere ich. Aber natürlich bleibe ich gelassen und antworte freundlich, gefasst und mit innerlichem Kotzen.
Wisst ihr, ich bin ein Loser. Ein schwarzes Schaf. Ein Ergebnis der unerträglichen Leichtigkeit des Seins. Ich bin es fast schon gewöhnt in der Arbeit beschissen zu werden.
Uff! Zur Beruhigung lege ich die Probe von Mandarine Basilic auf. Ein schöner Auftakt. Nennen wir ihn blumig. Dabei hatte ich einen zitrischen Auftakt erwartet. Ich sprühe ihn zur Sicherheit auch auf ein Kosmetiktuch. Ich rieche etwas cremiges, nur irgendwie riecht das Ganze... unerwartet.
Da ich noch immer genervt bin, lege ich das Kosmetiktuch in meine Tasche. Ein fataler Fehler. Denn meist vergesse ich viele Dinge. Naja, sagen wir, es hat auch seine guten Seiten Vieles vergessen zu können.
Am Abend muss ich meine Monatskarte von den Verkehrsbetrieben holen. Allerdings hätte ich niemals damit gerechnet, dass auch das ein fataler Fehler ist. Denn als ich meine Nummer ziehe, warten tatsächlich ein paar Leute vor mir.
Eine kleine ältere Frau „Typ Mutti“ fragt: „Wo sind denn hier die Busfahrpläne?“ Ich sage es ihr und sehe ihr nach. Sagen wir sie ist Anfang sechzig, unscheinbar, hat einen alten schwarzen Mantel an. Lustig fand ich ihre rote Wollmütze und ihr Gesicht, das dafür spricht, dass sie schon einiges im Leben gesehen hat. Ihr Gesicht ist blass, genau wie ihre blassblauen Augen. Ihr graues Haar geht bis zu ihren Schultern und ist gewellt.
Doch, dass dieses Treffen für mich im wahrsten Sinne des Wortes „Wellen schlagen“ würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Und was soll ich euch sagen: Ich sollte noch mein blaues Wunder erleben!
Die Dame kommt zurück und stellt sich zu mir. „Darf ich sie fragen, welche Nummer sie haben“, sagt sie. Ich sage, ich habe A380 und Sie?“ „A385.“ Aber Moment! Auf der Anzeigentafel steht A102. Es kann doch nicht sein, dass 270 Leute vor uns dran sind. Und was soll ich euch sagen, es kann sein.
Als sie sich zu mir stellt, nimmt sie ihre Mütze ab und erklärt mir, dass es zu warm ist und der Verband sonst schmerzt. Sie sagt, „Krebs, weißer Hautkrebs. Ich wurde letzte Woche operiert und es ist einfach zu warm.“
Uff! Ich schlucke. Ganz schön hart. Ich sehe ihr direkt in die Augen. Ich halte ihrem Blick stand, ohne ihn zu unterbrechen. Aber da ich mit vielen Strapazen des Lebens betraut bin, quatsche ich einfach weiter mit ihr. Ich habe heute keine Eile und die Karte brauche ich auch. Und sie ist wirklich sympathisch. Wie so viele Leute, die wir auf den ersten Blick nicht sehen und doch weitaus interessanter sind als diese ganzen „Wannabees“, diese Blender, diese leeren Hüllen, die nur an der Oberfläche leben.
Sie erzählt mir vom Tod ihrer Eltern sowie von ihren Sorgen des Alltags. Obwohl wir uns erst ein paar Minuten kennen, ist es fast so als hätte Gott sie mir geschickt.
Ihre Worte durchbohren mich noch immer. Immer und immer wieder. Sie sagt: „Befasse dich nicht erst mit den Problemen, wenn es zu spät ist. Nicht erst, wenn du keine Kraft dafür hast. Sieh den Tatsachen ins Auge und tue, was notwendig ist.“
Als wir uns verabschieden, gehe ich mit Gänsehaut von ihr.
Und da ist es. Das Tuch, auf das ich Mandarine Basilic gesprüht hatte.
Als ich an dem Tuch mit Mandarine Basilic rieche, frage ich mich, ob man Schönheit riechen kann. Eine Schönheit, die man beim ersten Aufsprühen, beim ersten Blick, beim ersten Treffen nicht wahrgenommen hat.
Ich sehe weiße Blumen, ein unendlich schönes Mandarinenblütenkleid, das sich sauber und mit einer golden-terracotta farbenen Aura um mich schmiegt. Nichts stört, nichts eckt an, nichts kann diesen unendlich perfekten Moment trüben.
Es ist als ob ich durch diesen Duft einen Moment rieche, der unendlich ist. Wie ein Moment, der echt ist. Ein Moment, der dir den Weg zeigt.
Es ist wie ein Moment der Wahrheit. Ein Moment, der dich begreifen lässt. Was echt ist, was zählt und was für immer bleiben wird. Der Moment, in dem du erkennst, dass etwas nicht nur schön ist, sondern auch warum. Und, dass dies der Grund für seine Unendlichkeit ist. Und der Moment des Begreifens, der dir den Weg zeigt.
Und mit einem mal weiß ich, was zu tun ist. Und ich mache den Termin doch aus, mit dem ich gehadert hatte.
Und denkt bitte immer daran: Aschenputtel hat niemals nach einem Prinzen gefragt. Sondern nach einem schönen Kleid und einem freien Abend, an dem sie einfach nur Spaß haben konnte.
Und auch wenn jemand unscheinbar aussieht oder ein Duft euch erst auf den zweiten Blick in den Bann zieht, denkt daran: allein der bleibende Eindruck zählt. Das was euch die Ohnmacht nimmt, das was euch die innere Schönheit begreifen lässt, das was euch Stärke gibt.
Und, was immer ihr gerade durchmachen solltet: Ich wünsche euch viel Kraft.
Epilog
„Du weißt der Sturm hätte alles zerstören können. Das ist der Grund warum wir gehen mussten. Doch was du nicht weißt ist, dass die Schlange vor unserem Nest gewartet hat. Wenn wir nicht geflohen wären, hätte sie unser Nest zerstört und hätte unser Ei gegessen. Das ist der Grund, warum die Engel der Finsternis uns in Wahrheit gerettet haben. Auch wenn alles so ausgesehen hat, als wäre es zu Ende, haben sie uns einen Neuanfang ermöglicht.“
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