Tecon

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Tecon vor 11 Jahren 14 14
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
"In der Wüste ist gar nichts. Und kein Mensch braucht gar nichts."
Was sich radikal anhört ist auf den zweiten Blick ein interessantes Zitat, dem bekanntlich vorausgeht: "Kein Araber liebt die Wüste. Wir lieben Wasser und grüne Bäume." Wasser und grüne Bäume gehören allerdings ebenso zu jeder Wüste, wie wilde Tiere. Und das suche ich hier vegebens. Gleichzeitig wünschenswert wäre das Gefühl von echter, weiter Leere, einem leichten Nichts gewesen. ("Nichts" ist für mich leicht, "Viel" ist schwer.) Auch davon leider keine Spur.

Da ich quasi gerade aus der namibischen Wüste komme, war ich aufgrund der Kommentare und diversen Blog-Artikel neugierig geworden, ob sich dieser Duft tatsächlich mit gerade erlebtem in Verbindung bringen lässt...
Mir ist bekannt, dass Lys du Désert nicht die arabischen oder afrikanischen Wüsten als Vorbild hat, sondern sich an amerikanischer Vegetation orientieren will. Ich bezweifle allerdings, dass eine Wüste dort pudrig-süß riecht.
Warm ist Lys du Désert, auch staubtrocken. Das ist für mich aber nicht ausreichend für die gewollte Assoziation. Allenfalls mit der weiten, Trockenheit um das intrigante, korrupte, glamouröse Las Vegas (der schwere Aspekt) herum, wie man es aus Film und Fernsehen kennt, kann ich diesen Duft in Verbindung bringen.

So gesehen leider eine Enttäuschung für mich. Dennoch handelt es sich natürlich nicht um einen "schlechten" Duft. Qualitativ ist Lys du Désert bestimmt hochwertig. Ich stimme auch zu, dass der Verlauf immer besser und angenehmer wird, was ich, was meine Haut angeht, nicht von vielen Parfums behaupten kann. Nur der Zusammenhang zum Namen erschließt sich mir leider nicht.

Wie bei so vielen angeblichen Unisex-Düften würde ich auch diesen doch recht eindeutig einem Geschlecht zuordnen. In diesem Fall weiblich, ob jung oder alt ist vermutlich stark vom Typ abhängig.
14 Antworten
Tecon vor 11 Jahren 10 2
8
Duft
1096 A.D.
Lagerfeuer, Mittelalter, Wollkleider... Das sind die Bilder die mir spontan durch den Kopf gingen, als ich Bois d'Ascèse das erste mal versprüht habe. Ich hatte etwas ausgefallenes und rauchiges erwartet, aber das hier hat alles übertroffen. Ich erinnerte mich plötzlich an Besuche auf Mittelaltermärkten und sogar an Geschichtsunterricht: Das ist der Geruch des Pöbels, der sich Anno 1096 unter größten Anstrengungen und Entbehrungen auf den grausamen Weg ins Heilige Land machte. Der Geruch von Kreuzzügen, Brandschatzungen, von verbranntem Wildfleisch ohne eine Spur orientalischen Gewürzes auf offenem Feuer gegrillt, von brennendem Teer, dass die Stadtmauern Antiochias zu verteidigen bestimmt war.

Keine romantische Vorstellung? Bois d'Ascèse ist nicht romantisch, nicht kuschelig, nichts womit man sich arrangieren soll. Es ist hart, beißend, aufdringlich und etwas ganz besonderes. Für mich ein untragbarer "Duft", obwohl ich rauchige Noten mag. Ich kann mir keine Gelegenheit vorstellen, in der ich diesen Duft als passend bezeichnen würde. Gerade deshalb verleiht er seinem Träger mit Sicherheit eine unglaubliche Aura, die jeden Weichspüler auf Distanz hält. Ich mag solche EdT´s, die sich nicht unterordnen lassen und ihren ganz eigenen Charakter entwickeln. Auch wenn ich dieses vielleicht niemals in der Öffentlichkeit tragen werde, bleibt es in meiner Nase ein toller Duft.
2 Antworten
Tecon vor 11 Jahren 18 8
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Die Suche nach der Signatur.
Seit ich vor wenigen Jahren begonnen habe, meine Düfte bewusst zu wählen, zu testen und inzwischen (letztendlich gemessen an meinen Bedüfnissen) auch zu bewerten, bin ich noch immer auf der Suche nach "meinem" Duft. Begonnen hat das ganze mit Gaultiers Le Male, der, wie leider so viele weitere, "irgendwie immer geht". Da sich gefühlt drei von vier Männern (Jungs) täglich damit benebeln, ist Le Male, wenn es auch eine wie ich finde sehr angenehme und "kluge" Komposition darstellt, eher eine Kopie, als eine Signatur. Die Eigenschaften "gefällig/tragbar", "für fast alle Anlässe geeignet" und "nicht zu süß oder pudrig" sind jedoch in jedem Fall wünschenswert, weshalb solch geniale EdP wie Nasomatto Duro oder Dior Homme Intense unter diesen Voraussetzungen nicht geeignet sind und daher nur zu bestimmten Anlässen aufgetragen werden. (Der Vergleich mit Le Male hinkt zugegebener Maßen gewaltig... Geschmäcker ändern sich und jeder wird einmal erwachsen.) ;)
Treffender ist da schon die Ähnlichkeit zu dem legendären Knize Ten. (Dazu später.)

In einer kleinen aber feinen Parfümerie in meiner Heimat, der schönen Hansestadt Bremen, hatte ich die Möglichkeit Carbone direkt zu testen und den Rest des Tages mit mir herumzutragen. Ich hatte über diesen Duft gelesen und war neugierig geworden. Herb, würzig, rauchig waren in meiner Phantasie deutlich vorhanden. Doch direkt nach dem ersten Sprüher musste ich den Verkäufer unwillkürlich fragend ansehen und anschließend den Flakon prüfen, ob es sich denn auch um den gewollten Tester handelte... Grüne Frische? Leichtigkeit? Fast schon leicht fruchtig in den ersten Sekunden? Sehr angenehm, aber das war so gar nicht das erwartete! Dennoch, der Flakon war der richtige, der Verkäufer nickte wissend. Und tatsächlich: Nach wenigen Momenten, allenfalls ein paar Minuten, weicht das grüne, frische, spritzige in den Hintergrund und deutlicher, gar nicht hanseatischer Rauch steigt auf und drängt sich nach vorn. Im Kontrast zunächst aufdringlich, im Verlauf aber angenehm rund.

Auf dem Rückweg bin ich an einer der kleineren Douglas-Filialen vorbei gekommen, die mir von vorigem Verkäufer empfohlen wurde, da es dort das besagte Knize Ten gäbe. (Wer hätte das gedacht...) Auf den anderen Arm gesprüht musste ich feststellen, dass Knize Ten im Auftakt gewaltiger daher kommt, als wolle es im direkten Vergleich zu Carbone ordentlich auf die K**e hauen. :) Direkte Rauchschwaden umgeben das Handgelenk, bildlich gesprochen, nicht frisch, nicht grün. Knize Ten beißt sich durch, ist zunächst intensiver. Doch im Verlauf beider Düfte finde ich sie durchaus vergleichbar und je später es wird umso ähnlicher. In Sachen Haltbarkeit tun sich beide nichts und sind schlicht sehr gut. Die Geruchsverläufe sind (wie schon gelegentlich kritisiert wurde) unspektakulär. Beide riechen konstant nach Rauch, Gummi, Teer und noch leicht nachgewürzt. Im Gegensatz zu Knize Ten ist Carbone nach kurzer Zeit jedoch weit weniger scharf, etwas undefinierbarer, dezenter und daher meinem Empfinden nach tragbarer in der heutigen Zeit, ohne sich den bekannten "Allerweltsdüften" unterzuordnen.

Auch erwähnt sein sollte der Flakon, der absolut gelungen, schlicht und klotzig daherkommt und den Inhalt konsequent wiederspiegelt.
Erfreulich ist zudem der Preis: Mit ca. 70 €/50 ml befindet Carbone sich (ähnlich wie Knize Ten) im gehobenen Mittelfeld, ohne in Qualität den Vergleich mit weit teureren Wässerchen fürchten zu müssen.

Fazit: Carbone de Balmain ist ein durchweg gelungener Duft, der überraschend beginnt und im weiteren Verlauf weder aufdringlich noch zurückhaltend jedoch auch wenig abwechslungsreich ist. Er hebt sich ab, von den zur Zeit eher süßlichen oder einfach nur "frischen" Sport-/Sommerdüften und stellt eine interessante Ausnahme dar. Für mich ganz klar einer der Top 10 Düfte mit guten Chancen, meine "Signatur" zu werden.
8 Antworten
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