Turandot
Turandots Blog
vor 13 Jahren - 02.06.2011
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Verkaufen - was ist das schon...

Auf der Liste der Berufe mit besonders hohem Image wird man den Verkäufer, die Verkäuferin vergeblich suchen.  Ich gebe es zu, wenn ich nach meiner Tätigkeit gefragt werden, dann sage ich „Drogistin“, obwohl das, was ich heute täglich mache mit dem Berufsbild meines Lehrberufes nicht mehr viel gemeinsam hat. 
Dass sich jemand, der im Verkauf arbeitet keines besonders hohen Images erfreuen kann, das liegt leider auch daran, dass viele Geschäftsinhaber zu Gunsten der Personalkosten ungelernte Kräfte einstellen, die bei noch so gutem Willen Probleme haben müssen, sich das Fachwissen in ein paar Wochen anzueignen, das in einer fundierten Ausbildung Grundlage für den Erfolg im Beruf unverzichtbar ist. Die Verkäuferin verkommt zur Hilfskraft, die die Regale einräumt, Ware sortiert und an die Kunden weitergibt. Und das ist einfach zu wenig. So wird der Beruf zum Job, der nötig ist, um die Familienkasse aufzubessern.
Dabei ist der Beruf des Verkäufers, ganz unabhängig von der Branche einer der interessantesten und vielseitigsten Tätigkeiten, die ich mir vorstellen kann. Da ich selbst in unserer Firma mit der Ausbildung der Azubis betraut bin, ist eine meiner ersten Fragen an die jungen Mädchen: Warum habt Ihr Euch für diesen Beruf entschieden und gerade bei M. beworben? Nicht selten bekomme ich dann die Antwort: Weil ich mich schon immer gerne schminke, weil mir Parfums Freude machen, weil ich Luxus mag, weil ich an Mode und Farben interessiert bin usw. usw. Und genau das ist das Problem, denn Voraussetzung für Freude diesem Beruf ist es nicht in erster Linie, die Ware toll zu finden – die ist letzlich nur Mittel zum Zweck – sondern gerne mit Menschen zu tun zu haben. Und zwar pausenlos mit immer wieder andern Menschen. Darauf kann man in der Ausbildung gar nicht genug Gewicht legen.  Flexibilität, Neugier, Interesse an dem Menschen, der vor mir steht. Das ist der Schlüssel zu Freude und Zufriedenheit in unserem Beruf. Wer das mitbringt, strahlt dies auch aus. Der Rest ist erlerntes Wissen und die Bereitschaft, ein Berufsleben lang weiter zu lernen.
Ist das nicht aufregend und spannend? Jeder Kunde, der zu mir kommt, hat ein Anliegen, für das ich hoffentlich die Lösung in der Hand habe. Und hinter jedem dieser Anliegen steckt ein Problem, ein Wunsch, Emotionen und die gesamte Persönlichkeit des Kunden, der Kundin, die da vor mir steht.  Geht es vordergründig nur um einen bestimmten Nagellack von Chanel, so verbirgt sich vielleicht dahinter vielleicht der Wunsch, genauso erfolgreich, beliebt oder angesagt zu sein, wie Heidi Klum, die in einer Fernsehsehndung darauf aufmerksam gemacht hat. Fragt eine Kundin nach einer Creme, so ist nur bei oberflächlicher Betrachtungsweise eine Emulsion aus Fett und Wasser gemeint, die die Haut geschmeidig hält. In Wirklichkeit möchte diese Kundin ein Stück ihrer Jugend festhalten, vielleicht sogar zurück holen.  Bei Parfums tauchen wir noch ein ganzes Stück weiter in die Gefühlswelt der Verwenderin ein und so wird es oft ein langes und nicht selten sehr vertrauensvolles Gespräch von Frau zu Frau, das letztendlich dazu führt,  dass sie Kundin zufrieden das Geschäft verlässt. Alleine die Zufriedenheit der Kundin ist wichtig, nicht die Frage, ob ich gut verkauft habe. Diesen Ansatz kann man auf jede Branche anwenden, denn z.B. bei einem Autokauf geht es auch nicht in erster Linie um ein Produkt, das mich von A nach B bringt, ein Mantel soll auch nicht nur warm halten und wenn ich Waschpulver kaufe, oder bestimmte Lebensmittel, dann ist neben Sauberkeit und Gesundheit auch die Zufriedenheit der Familie ein Kriterium für einen Kaufimpuls.
Ich wehre mich immer ein bisschen gegen den alten Spruch: „Der Kunde ist König“. Das würde ja bedeuten, dass der Verkäufer die Stellung des Untertans einnimmt und das ist eine denkbar schlechtePosition, ein erfolgreiches Verkaufsgespräch zu führen. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich auf Augenhöhe mit dem Kunden am besten zurecht komme. Der Kunde hat ein Anliegen, ich möchte Umsatz machen und die Ware ist das Bindeglied. Ich fühle mich als Gastgeberin und betrachte meine Kunden als Gäste. So wie ich einen Gast bei mir zu Hause behandle,  so gehe ich auch mit meinen Kunden um und freue mich, wenn sie gerne wieder kommen.  Ich wünsche mir bei manchen Kunden, sie würden sich auch wie Gäste benehmen. Aber das ist vielleicht einmal Thema eines eigenen Blog-Beitrags.
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