Wodkagorba

Wodkagorba

Rezensionen
Wodkagorba vor 4 Jahren 13 5
9
Flakon
9
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Verführerische, anspruchsvolle Dualität der Welt in einer Flasche
Pegasus. Wer sich die Frage stellt, wie dieser Duft riecht, der findet einen Teil der Antwort bereits in der Phonetik (oder: fast schon Onomatopoesie) des Namens begründet: PE - ga - sus, ein Name wie ein Schuss, eine olfaktorische Bombenexplosion, leicht aggressiv, ein bisschen arrogant, definitiv unübersehbar, aber dabei durchaus nicht prollig oder billig, sondern gepflegt und stilvoll, sogar durchaus kuschlig, ja romantisch.
(Mir kommt dabei Jeremy in den Sinn, wie er in seinen letzten Videos den Namen "Pegasus" immer mit sichtlichem Genuss zelebriert und abfeiert - aber das nur am Rande)

Was diesen Duft aus dem Hause Marly so besonders macht, ist im Unterschied zu anderen Nischendüften nicht die Komplexität dieses Duftes, sondern schlicht seine Einzigartigkeit, die paradoxerweise aus der Einfachheit einer perfekt klaren, fast schon philosophischen Idee entsteht. Die Grundidee von Pegasus ist, zwei eigentlich völlig gegenätzliche, schwer vereinbare Duft-Noten erfolgreich und harmonisch in einem Flakon zusammenzuführen:
Auf der einen Seite dominiert die für Pegasus so charakteristische, metallische Kühle, die klar wahrnehmbar ist und Distanziertheit und emotionale Kälte, eine gewisse Arroganz vermittelt; auf der anderen Seite prägt Pegasus die ebenso charakteristische Bittermandelnote, auf cremige und verführerische Weise durch die Vanille in der Basis verfeinert. Diese herb-süße Bittermandel in Kombination mit der Vanille repräsentiert im diametralen Unterschied zur erwähnten, metallischen Kühle menschliche Nahbarkeit, Wärme, eine Idee von Romantik. Und genau darin liegt die Genialität, das gewisse Etwas von Pegasus: Die existenzielle Dualität dieser Welt aus Nähe und Distanz, aus Wärme und Kälte, aus sinnlichem Understatement und ritterlicher Arroganz olfaktorisch zusammengefasst und zusammengeführt in einem einzigen edlen Duft, einem einzigen Flakon.

Diese beiden Elemente bilden das Grundgerüst von Pegasus. Dazu gesellen sich noch ein bisschen angenehme Frische durch die Bergamotte und etwas Kreuzkümmel-Würze, die dem gesamten Duft eine gewisse Maskulinität verleiht, weshalb ich den Duft persönlich auch eher als Herrenduft klassifizieren würde, vielleicht auch wegen dem Metallischen, für das man durchaus ein gewisses Selbstbewusstsein beim Tragen mitbringen sollte. Dennoch ist der Duft auch für Damen natürlich nicht untragbar (wenn man dies als Frau möchte). Amber und Sandelholz stellen die gesamte Duftkomposition auf ein sanftes, stabiles Fundament und veredeln die einzelnen Duftnoten.

Tragen kann man diesen wundervollen Duft aus dem Hause Marly eigentlich immer, dennoch spielt er seine Stärken bei kühlen Temperaturen und vor allem im Winter am besten aus. Trotzdem ist er auch im Frühling oder an etwas kühleren (keine subtropischen!) Sommernächten sicherlich gut tragbar. Lediglich bei hohen Temperaturen würde ich mich auf frischere und nicht ganz so schwere Duft-Alternativen besinnen.

Kommen wir zur soziologisch-psychologischen Komponente dieses Duftes (oder wie Jeremy zu sagen pflegt: zu den "Ladies-Reactions" ;)
Obwohl dieser Duft aufgrund seines Duftcharakters für mich klar ein Nischenduft ist, kommt er bei der (ich formuliere das hier mal so plattitüdenhaft) "breiten Masse" wirklich gut an, vor allem bei den Mädels. Manchmal hatte ich - vor allem im Winter - schon das Gefühl, das der ein oder andere Vertreter des weiblichen Geschlechts sich physisch zum Träger dieses Duftes durchaus hingezogen fühlt (das wurde mir auf dem Weihnachtsmarkt auch wörtlich so gesagt). Generell gibt es durchaus das ein oder andere Kompliment für den Duft und er hinterlässt nach meinen Erfahrungen wirklich einen guten Eindruck.

Bei Performance und Flakondesign halte ich mich kurz:
Die Performance ist bei Pegasus ziemlich gut, sowohl was Haltbarkeit (je nach Umgebung und Temperatur eigentlich immer solide 7-8 Stunden, manchmal sogar mehr) als auch Projektion (in den ersten Stunden deutlich wahrnehmbar) betrifft. Der glänzende, silberne, schwere Flakon passt perfekt zu diesem Duft - sehr schön, ein bisschen prollig vielleicht, aber auch massiv und edel.

Insgesamt kann ich diesen Duft nur empfehlen und spreche trotz des typisch hohen Marly-Preises auch eine Kaufempfehlung aus. Ich würde den Duft aber vorher ausprobieren, da die Geschmäcker ja bekanntlich verschieden sind und man vorher herausfinden sollte, ob einem persönlich diese metallische Bittermandel-Kreation auch so sehr zusagt, dass man bereit ist den Preis (~200 Euro für 125 ml) zu zahlen.
5 Antworten