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Top Rezension
Roaring Twenties? Keine Spur.
Wer das einerseits herb-florale, andererseits aber auch grün-grasige Veilchenblatt schätzt, wird mit ‚Portrayal Man’ bestens bedient sein. Es steht absolut im Zentrum des Duftes. Vetiver verstärkt die frischen und grünen Aspekte, während Wacholder trockene Würze beisteuert und holzige, sowie ledrige Nuancen den Fond von ‚Portrayal Man’ bestimmen.
Der Duft ist eine Reminiszenz an ebenso Veilchenblatt-zentrierte Düfte wie Geoffrey Beenes ‚Grey Flannel’ (minus der strahlenden Frische), Diors ‚Fahrenheit’ (minus der Petrolnote) und Guerlains leider eingestelltes ‚Arsène Lupin’ (minus Guerlinade), allerdings ohne deren Charakterstärke und Raffinesse zu erreichen.
‚Portrayal Man’ ist nämlich ein ziemlich linearer Duft, der sich während des Verlaufes nicht sonderlich entwickelt.
Christopher Chong berichtet, dass der Duft als olfaktorisches Portrait der 20er Jahre zu lesen sei, inspiriert von einer Zeit dramatischen sozialen Wandels und der Menschen, die sich gegen die kulturellen Beschränkungen ihrer Zeit auflehnten. Der Duft sei eine Studie über die Geburt eines neuen Zeitalters und die Freiheiten die mit ihm kamen.
Na ja, ich würde sagen: typisches Marketing-Geschwurbel, das im Duft so gar keine Entsprechung findet.
Denn etwas Aufbegehrendes, Revolutionäres vermittelt ‚Portrayal Man’ nun wirklich nicht, vielmehr etwas Statisches, Steifes – keine ‚roaring twenties’, eher englisches Tea-Time-Biedermeier.
Mir kommen bei Herrn Chongs Worten auch eher Düfte wie Piguets ‚Bandit’, Molinards ‚Habanita’, oder auch Chanels ‚Bois des Îles’ oder ‚Cuir de Russie’ in den Sinn – Düfte, die den Hedonismus und das Aufbegehren gegen ein traditionelles Geschlechterbild eher wiederspiegeln als dieser neue Duft von Amouage. Wenngleich ihm eine gewisse Dandyhaftigkeit tatsächlich nicht abzusprechen ist: der Duft des Veilchens, bzw. des Veilchenblattes eignet sich allerdings auch gut dazu: floral-elegant, frisch und grün, dabei überhaupt nicht süß oder gar indolisch. Oscar Wilde oder Marcel Proust wären vielleicht die passenden Träger für ein Veilchen-Soliflor, aber sie waren typische Jahrhundertwende-Gewächse und keine Repräsentanten der zwanziger Jahre.
Aber sei´s drum.
Der verqueren Verlinkung zum Trotz, ist ‚Portrayal Man’ auch gar nicht schlecht. Aber eben kaum mehr. Er ist weder modern, schon gar nicht innovativ und hat obendrein kaum Raffinesse. Er überrascht nicht mit gewagten Kontrasten und kommt gänzlich ohne innere Spannung aus – kurz, irgendwie ein Langweiler, allerdings ein nicht schlecht duftender. Ist doch schon mal was...
Nur hätte ich mir einen solchen Duft eher im Katalog von Penhaligon´s vorstellen können, als in jenem von Amouage. Wobei ich gedanklich immer noch den alten Amouage-Düften von orientalischer Opulenz nachhänge: ‚Gold’, ‚Dia’ und ‚Jubilation’. Aber schon die letzten Kreationen des Hauses, ‚Imitation’, ‚Figment’ oder ‚Bracken’ hatten mit der ursprünglichen Duft-DNA so gar keine Verbindung mehr.
Egal, das Haus Amouage stellt sich eben breiter auf, möchte weltweit gleichermaßen getragen werden und ebenso weltweit ein Synonym für duftenden Luxus sein. Und Luxus muss ja auch nicht immer glamourös oder gar schrill daher kommen. Nein, es geht auch zurückhaltender, mit britischem Understatement sozusagen, mit ‚Portrayal Man’ zum Beispiel.
Haltbarkeit und Abstrahlung (ich vermeide tunlichst das Wort ‚Sillage’, weil es mich immer an Silage erinnert: stinkendes Gärfutter in der Landwirtschaft) sind Amouage-typisch absolut tadellos.
Fazit: gerne hätte ‚Portrayal Man’ etwas aufregender, mutiger, glamouröser sein dürfen, dem ‚Tanz auf dem Vulkan’ der zwanziger Jahre entsprechend. Hier aber herrscht steife, etwas altmodische Gepflegtheit.
Ganz nett, aber eben nicht mehr.
Der Duft ist eine Reminiszenz an ebenso Veilchenblatt-zentrierte Düfte wie Geoffrey Beenes ‚Grey Flannel’ (minus der strahlenden Frische), Diors ‚Fahrenheit’ (minus der Petrolnote) und Guerlains leider eingestelltes ‚Arsène Lupin’ (minus Guerlinade), allerdings ohne deren Charakterstärke und Raffinesse zu erreichen.
‚Portrayal Man’ ist nämlich ein ziemlich linearer Duft, der sich während des Verlaufes nicht sonderlich entwickelt.
Christopher Chong berichtet, dass der Duft als olfaktorisches Portrait der 20er Jahre zu lesen sei, inspiriert von einer Zeit dramatischen sozialen Wandels und der Menschen, die sich gegen die kulturellen Beschränkungen ihrer Zeit auflehnten. Der Duft sei eine Studie über die Geburt eines neuen Zeitalters und die Freiheiten die mit ihm kamen.
Na ja, ich würde sagen: typisches Marketing-Geschwurbel, das im Duft so gar keine Entsprechung findet.
Denn etwas Aufbegehrendes, Revolutionäres vermittelt ‚Portrayal Man’ nun wirklich nicht, vielmehr etwas Statisches, Steifes – keine ‚roaring twenties’, eher englisches Tea-Time-Biedermeier.
Mir kommen bei Herrn Chongs Worten auch eher Düfte wie Piguets ‚Bandit’, Molinards ‚Habanita’, oder auch Chanels ‚Bois des Îles’ oder ‚Cuir de Russie’ in den Sinn – Düfte, die den Hedonismus und das Aufbegehren gegen ein traditionelles Geschlechterbild eher wiederspiegeln als dieser neue Duft von Amouage. Wenngleich ihm eine gewisse Dandyhaftigkeit tatsächlich nicht abzusprechen ist: der Duft des Veilchens, bzw. des Veilchenblattes eignet sich allerdings auch gut dazu: floral-elegant, frisch und grün, dabei überhaupt nicht süß oder gar indolisch. Oscar Wilde oder Marcel Proust wären vielleicht die passenden Träger für ein Veilchen-Soliflor, aber sie waren typische Jahrhundertwende-Gewächse und keine Repräsentanten der zwanziger Jahre.
Aber sei´s drum.
Der verqueren Verlinkung zum Trotz, ist ‚Portrayal Man’ auch gar nicht schlecht. Aber eben kaum mehr. Er ist weder modern, schon gar nicht innovativ und hat obendrein kaum Raffinesse. Er überrascht nicht mit gewagten Kontrasten und kommt gänzlich ohne innere Spannung aus – kurz, irgendwie ein Langweiler, allerdings ein nicht schlecht duftender. Ist doch schon mal was...
Nur hätte ich mir einen solchen Duft eher im Katalog von Penhaligon´s vorstellen können, als in jenem von Amouage. Wobei ich gedanklich immer noch den alten Amouage-Düften von orientalischer Opulenz nachhänge: ‚Gold’, ‚Dia’ und ‚Jubilation’. Aber schon die letzten Kreationen des Hauses, ‚Imitation’, ‚Figment’ oder ‚Bracken’ hatten mit der ursprünglichen Duft-DNA so gar keine Verbindung mehr.
Egal, das Haus Amouage stellt sich eben breiter auf, möchte weltweit gleichermaßen getragen werden und ebenso weltweit ein Synonym für duftenden Luxus sein. Und Luxus muss ja auch nicht immer glamourös oder gar schrill daher kommen. Nein, es geht auch zurückhaltender, mit britischem Understatement sozusagen, mit ‚Portrayal Man’ zum Beispiel.
Haltbarkeit und Abstrahlung (ich vermeide tunlichst das Wort ‚Sillage’, weil es mich immer an Silage erinnert: stinkendes Gärfutter in der Landwirtschaft) sind Amouage-typisch absolut tadellos.
Fazit: gerne hätte ‚Portrayal Man’ etwas aufregender, mutiger, glamouröser sein dürfen, dem ‚Tanz auf dem Vulkan’ der zwanziger Jahre entsprechend. Hier aber herrscht steife, etwas altmodische Gepflegtheit.
Ganz nett, aber eben nicht mehr.
5 Antworten
Sonjoschka vor 7 Jahren
Fahrenheit, Grey Flanell...für mich schauderhafte Düfte. Anhand der Noten dachte ich mir schon so etwas. Danke.
Parma vor 7 Jahren
Sehr detaillierter und informativer Kommi, der klar Stellung bezieht. Vielen Dank!
RobGordon vor 7 Jahren
Den hatte ich auch schon auf dem imaginären Testradar, aber nach deiner Beschreibung hin, spar ich mir meine Neugierde für andere neue Releases, danke!
3lbows vor 7 Jahren
Kundig trifft’s eigentlich ganz gut. Darauf einen du Jardin!
DaveGahan101 vor 7 Jahren
Schön endlich mal wieder ein Kommentar von Dir zu lesen..wunderbar differenziert und kundig!

