30.01.2019 - 17:42 Uhr
FvSpee
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FvSpee
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16
Am Oudistenstrand Teil 2 oder der Fürst des Adlerholzes
Zwei Dinge möchte ich vorausschicken. Erstens: Dieser Oud kostet nicht knapp 600 Euro wie der letzte, auch nicht 400, und, unglaublich, nicht einmal 200, sondern nicht mehr als 185 Euro pro 100 ml (und damit etwa so viel wie Singular Oud aus dem Hause Urban Scents, den ich in dieser Reihe nicht kommentieren kann, ganz einfach weil ich ihn schon kommentiert habe). Nach dem Prinzip "es tut so gut, wenn der Schmerz nachlässt" erscheint uns dies nun wirklich als Ramschpreis. Zweitens: Es handelt sich um einen wirklich gelungenen Duft. Darauf komme ich zurück, wenn ich euch zuvor noch eine Weile mit Ausführungen zum Dufthaus und zum Parfumeur gefoltert habe.
Christian Provenzano ist nicht etwa der sympathisch und etwas harmlos aussehende norditalienische Schwiegermuttertyp, als der er sich auf Fotos tarnt, nein, er ist niemand anderes als der wahre Oudini, der dunkle Fürst des Adlerholzes. Unter seinem eigenen Label hat er die Düfte "Oud al Fayed", "Pearl Oud" und "Oud Signature" herausgebracht, für das (auf mich irgendwie sinister wirkende) saudische (!) Label "Amado" die Düfte "Immortal Oud", "Imperial Oud" (ich möchte nicht wissen, welches Reich da gemeint ist), "Oud Mystère" und "Sublime" (natürlich auch mit Oud) geschaffen und für Penhaligon's hat er "Oud de Nil" und vier weitere Oud-Düfte kreiert. Ich stelle ihn mir als eine Art Saruman vor, der seine Orks in die ganze Welt ausschickt, um die letzten Adlerholzbäume zu fällen und diese dann, von wahnsinnigem Kichern geschüttelt, in dunklen Schächten, die von lodernden Feuern erhellt werden, zu immer neuen Oud-Suden verarbeitet.
Auf irgendwelchen Umwegen muss er dann auch zu dem Label "Anima Vinci" gelangt sein, das hier auf Parfumo merkwürdig unkommentiert ist und generell etwas wie aus der Retorte wirkt. Es hat neben diversen Duftkerzen und dergleichen sieben Düfte von sieben verschiedenen Parfumeuren (sieben! Mystik!) im Programm; all diese Düfte sind 2017 und 2018 erschienen. Wenn ich mir die Internetseite der Firma anschaue, packt mich zuerst ein leichtes Unbehagen: Diese Aufmachung im Wellness-Stil mit ahnungslos hineinkopierten Zen-Versatzstücken, diese gewollt runden, "organischen" Formen der Flakons, das ist mir alles nichts. Wenn ich dann am Ende der Seite allerdings unter dem Titel "Our Manifesto" auf zwei Gedichte, nein, man muss sagen, Gebete, stoße, die im Stile des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses Reklamelyrik wie "I believe in the power of fragrance to bring hope, joy and love" und "A better world created with passion" daherschwafeln, wird mir wahrhaftig übel. Ich finde das in höchstem Maße geschmacklos und es wäre für mich ein absolutes Ausschlusskriterium, so einen Duft zu kaufen oder auch nur einen Test in Erwägung zu ziehen.
In diesem Fall hätte das allerdings zur Folge gehabt, dass ich einen ganz besonders feinen Duft verpasst hätte. Ich hab ihn nämlich (nach dem Erhalt einer Geschenkprobe von einer freundlichen Parfuma) getestet bevor ich diese ganzen teils kuriosen, teils unappetitlichen Hintergründe recherchiert hatte.
Oud Delight ist außerordentlich vielschichtig, ja fast schon zusammengewürfelt, wie Angua völlig treffend beschrieben hat. Für mich allerdings in einer Weise, die weder wirr noch überladen-opulent wirkt. Dem großen Oudissimus ist es hier virtuos gelungen, mit etlichen Duftnoten und Duftrichtungen zu jonglieren, ohne dass ihm eine davon runtergefallen ist. Ich würde es mal so beschreiben wollen: Wir haben da eine blumig-aldehydige feminine Komponente, dann eine frischwürzig-maskuline, und als drittes eine krautig-stinkende mit dem markanten Oud, die einen lustigen Reigen tanzen. Dabei verändern sich die Komponenten in sich (in der femininen Komponente macht das Aldehydige mehr Grünem Platz; das Stinkdrittel wird erstmal schwächer, reduziert sich zu einem ganz leichten Ziehen, bis es dann wieder stärker stechend sich aufbäumt) und gehen überraschende Verbindungen ein. In den Lücken meint man auch andere Noten, etwa erdige oder apfelig-fruchtige zu erspüren.
All das ist vielleicht etwas beliebig, es hat auch eine gewisse Schwere (das ist ja nun kein leichtes zitrisches Sommeerdüftchen), aber es ist fein austariert, harmonisch, ja fröhlich, und daher letztlich dann doch leicht. Es ist ein schönes weiches Drehen am Duftrad!
Nach etwa 5-6 Stunden beginnt die Ent-Oudung. Die niemals penentrant gewesenen, aber bisweilen doch schon markant stechenden charakteristischen Noten ziehen sich mählich zurück und lassen einen kräftigen, dann in der Tat eher maskulinen harzig-würzigen, leicht süßen Fond übrig. Nach sieben Stunden meint man schon, dieser wolle erlöschen, daran denkt er aber gar nicht, sondern dreht noch einmal auf und sich munter kreiselnd weiter, entwickelt tatsächlich aus geheimen Reserven eine Art ambrisch-mentholige Frische, strahlt und strahlt, und tonkt schließlich auch in der dreizehnten Stunde noch hautnah, aber ganz schön kräftig herum.
Mir macht das einen Riesenspaß, meine Frau ist auch sehr angetan, und im Ergebnis bin ich heiter (daher vielleicht "Oud Delight"), versöhnt und fast bereit, der Firma den unsäglichen Werbeschwachsinn zu verzeihen. Und auf Meister Provenzano werde ich ein Auge haben!
Christian Provenzano ist nicht etwa der sympathisch und etwas harmlos aussehende norditalienische Schwiegermuttertyp, als der er sich auf Fotos tarnt, nein, er ist niemand anderes als der wahre Oudini, der dunkle Fürst des Adlerholzes. Unter seinem eigenen Label hat er die Düfte "Oud al Fayed", "Pearl Oud" und "Oud Signature" herausgebracht, für das (auf mich irgendwie sinister wirkende) saudische (!) Label "Amado" die Düfte "Immortal Oud", "Imperial Oud" (ich möchte nicht wissen, welches Reich da gemeint ist), "Oud Mystère" und "Sublime" (natürlich auch mit Oud) geschaffen und für Penhaligon's hat er "Oud de Nil" und vier weitere Oud-Düfte kreiert. Ich stelle ihn mir als eine Art Saruman vor, der seine Orks in die ganze Welt ausschickt, um die letzten Adlerholzbäume zu fällen und diese dann, von wahnsinnigem Kichern geschüttelt, in dunklen Schächten, die von lodernden Feuern erhellt werden, zu immer neuen Oud-Suden verarbeitet.
Auf irgendwelchen Umwegen muss er dann auch zu dem Label "Anima Vinci" gelangt sein, das hier auf Parfumo merkwürdig unkommentiert ist und generell etwas wie aus der Retorte wirkt. Es hat neben diversen Duftkerzen und dergleichen sieben Düfte von sieben verschiedenen Parfumeuren (sieben! Mystik!) im Programm; all diese Düfte sind 2017 und 2018 erschienen. Wenn ich mir die Internetseite der Firma anschaue, packt mich zuerst ein leichtes Unbehagen: Diese Aufmachung im Wellness-Stil mit ahnungslos hineinkopierten Zen-Versatzstücken, diese gewollt runden, "organischen" Formen der Flakons, das ist mir alles nichts. Wenn ich dann am Ende der Seite allerdings unter dem Titel "Our Manifesto" auf zwei Gedichte, nein, man muss sagen, Gebete, stoße, die im Stile des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses Reklamelyrik wie "I believe in the power of fragrance to bring hope, joy and love" und "A better world created with passion" daherschwafeln, wird mir wahrhaftig übel. Ich finde das in höchstem Maße geschmacklos und es wäre für mich ein absolutes Ausschlusskriterium, so einen Duft zu kaufen oder auch nur einen Test in Erwägung zu ziehen.
In diesem Fall hätte das allerdings zur Folge gehabt, dass ich einen ganz besonders feinen Duft verpasst hätte. Ich hab ihn nämlich (nach dem Erhalt einer Geschenkprobe von einer freundlichen Parfuma) getestet bevor ich diese ganzen teils kuriosen, teils unappetitlichen Hintergründe recherchiert hatte.
Oud Delight ist außerordentlich vielschichtig, ja fast schon zusammengewürfelt, wie Angua völlig treffend beschrieben hat. Für mich allerdings in einer Weise, die weder wirr noch überladen-opulent wirkt. Dem großen Oudissimus ist es hier virtuos gelungen, mit etlichen Duftnoten und Duftrichtungen zu jonglieren, ohne dass ihm eine davon runtergefallen ist. Ich würde es mal so beschreiben wollen: Wir haben da eine blumig-aldehydige feminine Komponente, dann eine frischwürzig-maskuline, und als drittes eine krautig-stinkende mit dem markanten Oud, die einen lustigen Reigen tanzen. Dabei verändern sich die Komponenten in sich (in der femininen Komponente macht das Aldehydige mehr Grünem Platz; das Stinkdrittel wird erstmal schwächer, reduziert sich zu einem ganz leichten Ziehen, bis es dann wieder stärker stechend sich aufbäumt) und gehen überraschende Verbindungen ein. In den Lücken meint man auch andere Noten, etwa erdige oder apfelig-fruchtige zu erspüren.
All das ist vielleicht etwas beliebig, es hat auch eine gewisse Schwere (das ist ja nun kein leichtes zitrisches Sommeerdüftchen), aber es ist fein austariert, harmonisch, ja fröhlich, und daher letztlich dann doch leicht. Es ist ein schönes weiches Drehen am Duftrad!
Nach etwa 5-6 Stunden beginnt die Ent-Oudung. Die niemals penentrant gewesenen, aber bisweilen doch schon markant stechenden charakteristischen Noten ziehen sich mählich zurück und lassen einen kräftigen, dann in der Tat eher maskulinen harzig-würzigen, leicht süßen Fond übrig. Nach sieben Stunden meint man schon, dieser wolle erlöschen, daran denkt er aber gar nicht, sondern dreht noch einmal auf und sich munter kreiselnd weiter, entwickelt tatsächlich aus geheimen Reserven eine Art ambrisch-mentholige Frische, strahlt und strahlt, und tonkt schließlich auch in der dreizehnten Stunde noch hautnah, aber ganz schön kräftig herum.
Mir macht das einen Riesenspaß, meine Frau ist auch sehr angetan, und im Ergebnis bin ich heiter (daher vielleicht "Oud Delight"), versöhnt und fast bereit, der Firma den unsäglichen Werbeschwachsinn zu verzeihen. Und auf Meister Provenzano werde ich ein Auge haben!
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