DerDefcon
22.12.2019 - 07:45 Uhr
17
Top Rezension
8.5Duft 8Haltbarkeit 7Sillage 8Flakon

Was für eine Duftpyramide!

Was für eine Duftpyramide das doch ist. Allein ein Blick in die Basisnote könnte einen vermuten lassen, es hier mit einem olkatorischen Overkill zu tun zu haben. Vorgeschlagen wurde mir dieser Duft anlässlich meiner Anfrage im Forum bezüglich der Suche nach etwas Würzig-holzigem, bei dem einem keine pappige Süße um die Nase gehauen wird. Die nette Parfuma KJV war so gütig, mir eine kleine Abfüllung zukommen zu lassen.

Kommen wir zurück zum olfaktorischen Overkill, welcher zwar augenscheinlich, aber olfaktorisch dann doch nicht vorhanden ist. Auch wenn ich nicht von einem "Overkill" sprechen möchte, bleibt der Duft komplex und vor allem wandlungsfähig. Wer mit derartiger Wandlungsfähigkeit nicht zurechtkommt, wird mit "Dolce di Giorno" wohl eher nicht warm werden.

Beinahe weihnachtlich, da himmlisch würzig, wird die eigene Nase nach dem ersten Sprühstoß beglückt. Trockener, sehr luftiger Zimt macht sich breit. Dieser kommt recht dunkel daher und unterscheidet sich so von anderen Kreationen, die jenes Gewürz beinhalten. Zusätzlich wird eine Priese Pfeffer wahrgenommen, welche allerdings für keinerlei Stechen in der Nase sorgt - gut so!
Dieses zimtige Dunkelsein wird, so meine ich, erst durch die Backpflaume hervorgerufen, welche recht prominent ins Auge sticht, sobald man einen Blick auf die Duftpyramide wirft. Pflaumen können sehr quietschig, wenn nicht gar klebrig-süß sein. Hier ist das anders.
Die Pflaume scheint eine getrocknete zu sein, welche somit durch ein leicht säuerliches Auftreten zu bestechen weiß. Mit Zimt und Pfeffer kombiniert, sorgt dies für weihnachtliche Assoziationen.
Bis jetzt erscheint mir das alles sehr trocken, staubig und leicht säuerlich. Das wird nicht jeder mögen. Ich jedoch finde großen Gefallen daran. Auch werden nicht gleich ganze Gebäudekomplexe olfaktorisch kontaminiert, sodass die Assoziationen bezüglich der Weihnachtszeit und damit einhergehender Besinnlichkeit mehr und mehr bestätigt werden. Weihnachten bedeutet nämlich auch, sich selbst nicht zu sehr in den Vordergrund zu stellen, was auch einen Teil jener Besinnlichkeit erst ausmacht, so meine Meinung.

Aber genug herummoralisiert. Kommen wir zurück zum Duft.

Die trocken-würzige Zimtigkeit, welche die getrocknete Pflaume gekonnt untermalt, soll das Geruchsbild über mehrere Stunden hinweg noch dominieren. Erst später werden die weihnachtlichen Leckereien in eine Sandelholzschale gepackt. Die für dieses Holz so typische Cremigkeit setzt ein, drängt jene dominante Würze etwas zurück. Irgendwer schmeißt noch eine kleine - wirklich kleine - Vanilleschote in jene Schale, wodurch ein wenig Süße mit ins Spiel kommt.
Mit Einsetzen der Hölzer und der leichten, glücklicherweise sehr dezenten Süße beginnt "Dolce di Giorno" sich der eigenen Haut immer mehr und mehr anzuschmiegen. Zimt und Pfeffer bleiben wahrnehmbar, doch teilen sie sich nicht mehr ganz so sehr dem Umfeld mit. Der Träger darf die cremige Süße noch für einige Stunden genießen, ehe diese sich langsam und besinnlich zurückzieht.

Nur der Träger?

Nein, auch Trägerin!

"Dolce di Giorno" ist, wie so vieles, für jedes Geschlecht gemacht. Hier gibt es nichts, was auschließlich "maskulin" oder ausschließlich "feminim" in Erscheinung tritt. Den darf - nein - den soll ruhig jede/r benutzen.
5 Antworten
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 6 Jahren
Ich mag das Wort "herummoralisiert" Pokal für dich
SoapSoap vor 6 Jahren
Schön erfasst - für mich darf’s damit auch im Sommer weihnachtlich sein ;-)
Melisse2Melisse2 vor 6 Jahren
Zimt mag ich ja nicht (außer im Arabesque und in Opium). Der klingt mit seiner Pflaume wieder nach so einer Ausnahme. Sehr schöne anschauliche Duftbeschreibung. Schade, dass nicht rauszukriegen ist, was Figolide, Evee, Lorenox, Orcanox in der Pyramide sein könnten. Aber wenigstens geben sie hier die "oxe" an. Die Pyramide von Parana z.B. (auch von Bois 1920) listet nur ganz manierliche Duftnoten und überrascht dann mit einer geballten Ladung Ambroxan, mit der keiner rechnen konnte.
PollitaPollita vor 6 Jahren
Hast Du damit nun Deinen perfekten Holzduft gefunden? Sehr schön beschrieben!
SchatzSucherSchatzSucher vor 6 Jahren
Den Duft hast Du so wunderbar und anschaulich beschrieben, den habe ich förmlich in der Nase. Diese Duftrichtung sagt mir auch meist sehr zu. Fehlt eigentlich nur die passende Witterung für den Duft :-)