Nuit Fraîche 2019

Yatagan
10.06.2021 - 04:58 Uhr
85
Top Rezension
6
Preis
9
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft

Mittelprächtige Mondnacht

Unkommentierte Düfte No. 165

Wenn man nach vielen Monaten (Monden) mal wieder eine Rezension verfasst und dazu noch zu einem Caron-Duft, der hier noch nicht besprochen und breitgetreten wurde, dann mag es sein, dass einige Leser:innen einen großen Duft erwarten. Das ist hier nicht der Fall. So viel schon mal vorab.

Auch dem im Titel erwähnten, vielleicht berühmtesten deutschen Gedicht aus der Epoche der Romantik (von Eichendorff) wird der Duft nicht gerecht (wer Mondnacht nicht kennt, möge es baldmöglichst lesen: die damit verbundenen Erwartungen werden gründlich verfehlt).

Auch dass die wenigen Bewertungen zwischen 6.0 und 9.0 schwanken, ist nicht verwunderlich: Der Duft hat was und gleichzeitig auch nicht - und das erklärt sich ganz leicht aus den ozonischen Noten, die stark im Vordergrund stehen. Auch das Guajakholz (wie meist etwas künstlich), taucht nicht erst in der Basis auf, sondern bereits sehr früh im Mittelteil und wenn man das beides addiert, ist man genau da, wo die meisten Drogeriedüfte ihre innere Mitte haben: bei einem etwas sterilen, ozonisch frischen, künstlich holzigen Duft, den man auch billiger bekommen könnte. An sich scheint mir das trotzdem ganz passend, denn dieser Caron-Duft wurde in diesen überraschend wandelbaren Zeiten von der vielleicht zweitwichtigsten Traditionsmarke Frankreichs (natürlich in jedem Falle hinter Guerlain einzuordnen) für eine französische Drogerie- und Parfümeriekette entwickelt und landete deshalb nie so richtig im Breitenmarkt, schon gar nicht in Deutschland. Man höre und staune. So etwas hätte es unter Ernest Daltroff, dem Grandseigneur von Caron, niemals nicht gegeben.

Viel mehr wäre über diesen Duft eigentlich gar nicht zu sagen, wäre da nicht ein nostalgischer Touch, der mich an irgendeinen obskuren 70er-Duft erinnert und wenn sich bei mir konkretere Assoziationen dazu einstellen, werde ich sie hier unter P.S. vermerken. Dieser Touch ist es übrigens, der mir den Duft irgendwie sehr angenehm erscheinen lässt. ich würde ihn vorerst hilfsweise da verorten, wo die ersten recht preiswerten Meeresbrise-Düfte zu finden sind, nämlich rund um Bleu Marine von Pierre Cardin (siehe dort). Die bei Bleu Marine kunterbunt verzeichneten zahlreichen Noten sind natürlich Unfug, beschreiben stattdessen vermutlich nur das, was man dem Käufer olfaktorisch einreden wollte. Auch Bleu Marine war und ist ein mehr oder minder synthetischer Duft. Da ist Caron mit seiner frischen Nacht immerhin ehrlicher.
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