Daisydarling
17.03.2023 - 18:22 Uhr
34
Top Rezension
8
Preis
8
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Hopelessly devoted

Wir reisen in ein Jahr zurück, in dem Petticoats in Mode sind, Elvis Presley und Pat Boone die Charts beherrschen, Lippenstift und Puder in Bakelit-Handtaschen aufbewahrt werden und man sich für Parties und Events so richtig aufbrezelt. Im Jahr 1957 erhält Coco Chanel den Neiman Marcus Fashion Award. In Amerika wird sie dafür gefeiert und hoch geehrt. Dieser Duft ist der Berühmtheit, die sie in dieser Zeit erfahren hat, gewidmet.

Insbesondere den Punkt "aufbrezeln" möchte ich in dieser Rezension aufgreifen - das Zurechtmachen für ganz besondere Gelegenheiten. Man kennt die alten Fotos aus dem Internet oder von der Familie. Ausladende Kleider, viel Tüll und Taft für die Jüngeren (das kratzt!) und Seide, Brokat oder ähnliche Stoffe für die erwachsenen Frauen. Das Haarspray, der schwere Duft von Puder und die Nylonstrümpfe, die auf keinen Fall fehlen dürfen. Der Schallplattenspieler knistert im Hintergrund. Es klingelt, ist es die Verabredung für den Abschlussball oder die Verwandschaft für einen Geburtstag?

Spritzige, glasklare Bergamotte wird aufgefangen von sanftem Moschus, der wie eine herrlich teure Körperlotion duftet. Honig und Iris, hell und leuchtend wie warme Sonnenstrahlen, gesellen sich dazu. Das Puder ist eine Erinnerung, die keineswegs den Traum stört oder zu sehr an die unliebsame Großmutter erinnert. Der Duft macht keinen großen Duftverlauf durch, ist ein konstantes Anklopfen der eingerahmten schwarz-weiß Fotos in den Glasschränken unserer Verwandten. Man schließt den Duft gerne in die Arme, man wirkt gepflegt und angenehm feminin, nie aufdringlich streng (wie Chanel ja gerne mal sein kann) oder sogar pappsüß und klebrig. Moschus harmoniert wunderbar mit dem Honig, genau so möchte ich für den Rest meines Lebens duften!

Kein Duft, aber auch wirklich *kein* Duft fängt diese Ästethik, diese uneingeschränkte Dedikation zu Mode und Schönheit besser ein als Chanel 1957. Dies ist kein Duft für jemanden, der diese Sachen nicht wertschätzt. Kein Duft spiegelt das nostalgische Idealbild der 1950er Jahre so akkurat wider und ist dabei gleichzeitig kein altbackener Abklatsch oder 4711-Keule. Es ist ein Meisterwerk der Komposition aus zeitloser Klassik und femininer Eleganz.

Dies ist ein Duft für die Frau, die sich gerne mit Stolz schick anzieht, aber keineswegs borniert oder hochnäsig ist. Dies ist der Duft, der das komplette Outfit - egal ob Teller- oder Bleistiftrock, Bluse oder Tweed-Kostüm - vollstens abrunden und den femininen Charme einer jeden Trägerin doppelt unterstreicht. Wenn der Rock besonders gut zum Oberteil passt, man einen tollen neuen Lippenstift gefunden hat, dann 1957 zu tragen - es gibt für mich kein schöneres Gefühl. Dann möchte ich schreien “Ich liebe es, mich so kleiden zu dürfen. Ich liebe es, eine Frau zu sein. Ich liebe es, feminin zu sein!”

Chanel hat hier meinen absoluten Traumduft geschaffen. Seit über 5 Jahren bin ich den 1950er Jahre verfallen - seit 3 Jahren laufe ich auch so im Alltag bei Wind und Wetter herum (minus die aufwendigen Frisuren und Lippenstift - sorry)
Zu meinen Lieblingsfilmen gehören Zurück in die Zukunft und Grease. In meinem Kleiderschrank hängen Kleider und Röcke.
Neben den vielen schlechten Dingen, die in den 1950er Jahren auf der Welt passiert sind, ist dieser Duft ein Lichtblick und eine willkommene Erinnerung an vergangene Zeiten, die ich auf alten Fotos lächelnd wiederfinde. Nicht umsonst ist 1957 mein Signaturduft.

Wie Elvis Presley mit “Can’t Help Falling In Love”, die Poni-Tails mit “Born Too Late” oder Olivia Newton-John als Sandy mit “Hopelessly Devoted To You” vermitteln - Ich liebe dich, du bist so weit entfernt, aber ohne dich geht’s nicht.
10 Antworten