Chloé 1975 Eau de Toilette

Version von 1975
Medusa00
09.04.2011 - 15:13 Uhr
43
Top Rezension
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Der Mauerfall oder die obskure Geschichte wie ich zu Chloe kam

Wahre Geschichte, eine handelnde Person mittlerweile verstorben.
Es trug sich zu Ende Oktober 1989. Ich arbeitete als Kinderkrankenschwester in einer Kindekrippe und war mit unserem 3. Kind im 7. Monat schwanger. Wir hatten eine ältere Kollegin, die durfte in den Westen fahren. Sie brachte dann auch umgehend mit zur Arbeit, was sie wieder mitgebracht hatte, um damit zu prahlen und sie schwärmte, wie toll es im Westen wäre und wie schlimm bei uns. "Hach Leute, da drüben ist sogar das Gras grüner." Ich konterte ihr einmal und sagte:"Ja und die Dummen sind auch dümmer!" Sie war nur auf den ersten Blick ein netter Mensch, aber hinter dem Rücken spielte sie die Kolleginnen gegeneinader aus. Mich nannte sie einen Paradisvogel und die, die schon wieder schwanger ist. Das wurmte mich, aber ich wußte, mein Tag würde kommen. Jedenfalls kam sie im Oktober 89 wieder mal von einer Reise zurück und stellte Chloe auf den Tisch. Alle Kolleginnen, sogar ich- der schwangere Pardiesvogel- durften uns kurz besprühen. Ich war sofort verliebt. Dufteule, die ich schon immer war.
Nun wußte ich aber, daß jene Kollegin sich heimlich an Staatseigentum bediente, sprich Babysäfte (die im Laden Bückware waren) mitgehen lies. An 09.11.1989 war es soweit. Ich erwischte sie! Sie war so verdattert, daß sie mir "Schweigegeld" anbot. Daß sie sowieso schon verdächtig war und meine Chefin hinter der Tür lauschte, tut der Sache, wie ich zu Chloe kam keinen Abbruch. Jedenfalls zückte sie Chloe aus ihrer Handtasche und steckte es mir in die Kitteltasche. Dann hatte meinen Chefin ihren Auftritt, sie informierte den Abschnittsbevollmächtigten und sagte zu mir, ich solle das Parfüm behalten, es wäre nur recht und billig.
Kurze Zeit später, wurden wir alle nach Hause geschickt, denn merkwürdige Dinge trugen sich zu. Mein Mann rief an, ich solle ja nicht in die Stadt gehen, es knallt bestimmt noch und es könnte gefährlich werden. (Er arbeitete an unserem heutigen Wohnort, da wir uns im Frühjahr 89 unser Haus gekauft hatten)Ich war mit den Kindern noch in Pirna (bei Dresden).
Ich verbrachte also den Nachmittag und Abend vor dem Fernseher, hütete mein Chloe und verfolgte tränenüberströmt den wohl größten Tag Deutschlands, nämlich den Fall der Berliner Mauer.
Und Leute, während ich den Kommi schreibe, rotze ich in mein Taschentuch, heul. So wurde Chloe für mich ein Omen und der Duft, der mich am wichtigsten Tag aller Nachkriegsdeutschen begleitet hat. Bitte ein Schweigeminute einlegen, es geht gleich weiter...........................................

Heulschnieftränen von der Tasta gewischt. Chloe ist wieder da, hat einen würdigen Platz in meiner Sammlung und nun erzähle ich Euch wie es riecht.
Chloe ist für mich eines der schönsten Düfte überhaupt. Ein kleines Meisterwerk und so dicht gemacht, daß es schwer fällt einzelne Ingredenzien heraus zu riechen.
Chloe startet aldehydig, etwas kratzig, wie viele 1970iger. Aber das verfliegt schneller als bei Chanel No 5 und sofort übernehmen liebliche, aber unsüße Blüten den Reigen. Ein orgiastisches Blütenmeer.
Die Herznote kämpft nur schwer dagegen an und gibt weiter an die schönsten Blumen. Aber Chloe wird NIEEEEEE und das betone ich ausdrücklich!!!! schwer oder erschlagend!
Die Basis ist warm, holzig, etwas kratzbürstig, selbstbewußt, erotisch. Das Weib, welches weiß was es will. Eine schöne Frau, die alles vereint: Schönheit, Klugheit, Wärme... ein seltenes Exemplar.
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