Aventus Cologne 2019

Flanker
24.03.2020 - 17:06 Uhr
18
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Game of Thrones

„Königin Victoria, die zugleich Kaiserin von Indien war, erklärte Creed zum offiziellen Hoflieferanten der edlen Parfums für den Hochadel. Unter der Schirmherrschaft von Kaiserin Eugénie ließ sich das Haus Creed 1854 in Paris nieder.“
„Royal Mayfair - inspiriert vom Leben des Königs Edward VIII., Duke of Windsor.“
„Bois du Portugal war der Lieblingsduft von Napoleon I.“
„Zur Hochzeit von Grace Kelly und Fürst Rainier von Monaco wurde für Gracia Patricia der Duft „Fleurissimo“ von Creed geschaffen.“
„Die Kundenliste liest sich wie ein Who is Who: z. B. sind Prinz Charles, Robert Redford und Clint Eastwood Fans des Duftes „Green Irish Tweed“.“
„Ein Flakon von „Erolfa“ stand in jeder Kabine der ersten Klasse der Titanic, und ein paar wenige davon sollen heute noch auf dem Meeresgrund zu finden sein.“

Kleine Anmerkung zu letzterem Zitat: Fragt ein Taucher den anderen: Na, auch wegen der Titanic hier? Meint der andere Taucher: Nee! Wegen der ollen Erolfa-Flakons!!

Wenn ich mir die Duftbeschreibung und Werbetexte vom Cologne ansehe, verzichtet Creed vollständig auf Kaiser(innen), König(Inn)e(n), Musiker(innen), etc. Nichteinmal Marcus Prinz von Anhalt wird erwähnt.

Auf dem Handrücken aufgetragen, empfängt mich ein frischer, zitrischer Auftakt. Duftrichtung Zitrone. Ich kann die Verbindung zu Chanel-Mainstreamkassenschlagern tatsächlich nachvollziehen, da mich ganz unterschwellig die Mandarine an mein Erlebnis mit AHS erinnert. Frisch-fruchtig-fröhlich startet das Vergnügen, um mittelfristig von sehr hellem Vetiver unterlegt zu werden. Die frische Kopfnote wird durch die üblichen Aromahelferlein aus dem Standardtöpfchen gestreckt und etwas mit Holz ergänzt.

Diese „Supportstoffe“ sorgen gefühlt dafür, dass man das Verblassen der Kopfnote vergisst und dennoch einen Frischeeindruck behält. Es bleibt eine stumpf-holzige, synthetisch-männliche Frische, die man so fein austariert, noch nie erleben durfte…*Örrgs*

Kurzes, persönliches Gedankenspiel:
Olivier zu Erwin: Erwin, mein Bub. Was meinst du? Wir kreieren mal was ganz Flippiges! Erwin zu Olivier: Au ja, Baba.
3 Jahre später stehen die Duftnoten fest: Zitrone - Mandarine - Holz

Ein weiterer Sprüher ging in die Armbeuge (auf meinen Pullover). Da man, nicht nur aus aktuellem Anlass, in die Armbeuge niesen soll, hielt ich das für eine Win-Win-Situation.
Das Interessante hierbei ist, dass anfangs ein komplett abweichender Dufteindruck entsteht. Im Auftakt konnte ich plötzlich authentische, spritzige Mandarinenschale wahrnehmen und fast schmecken. Nicht sooo schlecht! Der Eindruck hält sich eine ganze Weile bis auch hier, wohl der Ingwer dazu beiträgt, dass meine tolle Mandarinenschale in Richtung Dosenmandarine abdriftet. Der Frischeeindruck bleibt auf Stoff lange erhalten, wird jedoch mit der Zeit etwas süßer. Eine Süße, die mir auf der Haut nicht weiter aufgefallen ist. In der Basis gleichen sich die beiden Testversionen wieder an, wobei sich der stumpf-holzige Eindruck etwas zurückhält.

Mit Aventus Cologne hat Creed einiges über Board geworfen, was ggf. für die Weiterfahrt nützlich gewesen wäre (Rettungswesten, Trillerpfeifen, etc.). Creed-Düfte besaßen jeher für mich eine eigenständige DNA. Ob man Diese mag oder nicht, sei mal dahingestellt, aber es bestand ein Unterscheidungsmerkmal. Aventus Cologne ist der erste Duft, bei dem diese DNA irgendwo zwischen Ambroxan und Linalool verloren ging. Wann genau wurde Creed an BlackRock Long Term Private Capital verkauft?

Nicht nur Raffinesse, sondern auch das bisherige Werbe-Zitat ersparte man sich gezielt bei Aventus Cologne:
„In einer Zeit, in der die Duftindustrie von Modemarken und Celebrity-Marken beherrscht wird, ist es eine Freude, zu entdecken, dass es noch ein Familienunternehmen gibt, für welches höchste Qualitätsansprüche der Maßstab sind und das diese Werte auch heute noch lebt.“
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