Bois du Portugal 1987

ZrankFappa
26.09.2020 - 04:21 Uhr
18
Top Rezension
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Ein Meilenstein definiert sich über den Abstand von Meilen zu anderen Meilensteinen. Dazwischen sind Kiesel.

Arbeitstitel:
"Warum riecht es im Bad deiner Mutter so gut, wenn der Herr Kapitän im Hause ist? (neu)".
---ursprünglicher Kommentar angepasst. -- >

Man ist verwöhnt. Einen ebenbürtigen Konkurrenten zu finden fällt schwer. Man hat sich sein Reich geschaffen. Außer verwöhnt zu sein ist man aber auch bequem und an Gewohnheiten gebunden.
Dann gibt es noch ein Universum voll holzigen Parfüms.
Die sind keinesfalls mit diesem gleichzusetzen. Zu vergleichen aber? Nun, wozu?

Ich weiß sonst nur immer was ich nicht will.
Bei diesem aber mache ich eine Ausnahme. Eine ganz große und dankbare Ausnahme! Ein Meilenstein.
Ein Meilenstein definiert sich über den Abstand von Meilen zu anderen Meilensteinen. Dazwischen sind Kiesel.

Ein Parfum spät zu entdecken ist wie der Film in den man nicht geht und der total beeindruckend sein soll, und dann bekommt man Jahre später die DVD geschenkt, ohne sich noch zu erinnern, und der Film ist einfach köstlich. Nicht nur einfach zum gefallen, sondern er ist anspruchsvoll und erlesen.

Erste Einschätzung:
'hmm ein Creed, naja, wenn es unbedingt sein muss'.
Der unwissende Vorverurteiler eben.

Erster kurzer Durchlauf.
Ich erwartete zumindest etwas plumpes wegen des Ambers. Aber dieses blieb aus. Die "Tiefe" geht nicht bis zur Teppichkante.

Nächste Erfahrung:
Bewusst auf dem Arm und Zeit lassen.
Relativ bald fühlte ich mich an einen Eindruck erinnert, als ob da Zimt dabei ist, oder etwas süßliches.
Ich zog mir dann aber etwas über, arbeitete ein Ründchen, tatsächlich körperlich, und als ich den Pullover wieder auszog war ich bereits im Drydown angelangt, und da ist es! Eine holzige Note, aber ganz fein. Und ganz würzig. Mit ganz hellen, eleganten, Tönen.
Das könnte ich sein. Wenn ich aus den Highlands nach irgendwohin zurückkehre.

Aber eben ohne die gewisse primitivliche Notierung. Die Highlands sind in diesem Fall nicht von Schafherden dominiert. ...

Auf den Verlauf habe ich nochmal achtgegeben, denn schon der erste Eindruck war der:

Der Auftakt ist schön dieselig kräftig. Kräftig die Bergamotte, welche ich liebe, und Lavendel, der Diesel. Hier ist ein gewisser Machtkampf zu spüren, wo ich mir wünschen würde dass er eindeutiger zugunsten der Bergamotte wäre. Oder diese sich wenigstens mit jemand, der gar nicht da ist, verbünden würde - eine ganz kleine Orange, oder Zitrone ;) um den ollen Lavendel eine zu verpassen.

Der Mittelteil ist, und jetzt weiß ich es, für mich sagenhaft langweilig.
Zedernholz. Eine unglaublich sanfte, fast nichtssagende kuschlig weiche Herznote. Das ist leider gar nichts.

Richtig Bombe ist die Fußnote. Will sagen die Basis.
Der "Rest" oder auch das was vom Tage übrigblieb ist so sagenhaft schön. Leicht rauchig, hell und schön. Vetiver, bitte immer, aber immer kombiniert, für die helle Frische, Sandelholz, für die dunkle Notierung, und Ambra, für die Tiefe. Ganz sagenhaft.

Ich glaube dieses Parfum zu kennen!
Meine Jugendkameradin war aus gutem Hause und ich besuchte sie oft, und natürlich kannte ich dann auch die abgelegenen Winkel des eleganten Familienhauses.
Die Mutter hatte ein eigenes Unternehmen, und der Lebensgefährte der Mutter fuhr als Kapitän von Fährschiffen nach Finnland.
So, und dort wo Lutz seine Hemden hatte oder auch im Bad roch es eben nach anspruchsvollem Herrn, der immer geistvoll, genießerisch und großzügig sein würde.
Meine Jugendkameradin habe ich aus den Augen verloren, sie studierte dann Architektur, und ob Lutz noch ist weiß ich nicht.
Aber so habe ich dieses Haus für mich aufbehalten: Erlesen, anspruchsvoll und ein ganz klein bisschen versnobt, aber dabei doch außerdem herzensgut.

[ Danke René72 für die Probe!! Es sind inzwischen mehr hinzugekommen.]

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