14.07.2020 - 11:22 Uhr
FvSpee
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Colonialwaren III: Rosendos Meilenstein
Der zuerst eingeschlagene russische Pfad hat uns in die Sackgasse einer Fleisch- und Wurstwarenabteilung geführt. Er soll daher zunächst verlassen werden. Wir wenden uns einstweilen südlicheren und lederfreieren Gefilden zu.
Brummel (Produkt) von Brummel (Marke) aus dem Puig-Konzern, ein Cologne, auf das ich schon vor langer Zeit aufmerksam geworden bin, das ich aber erst aus Anlass dieser Kommentarreihe erworben und getestet habe, ist so etwas wie der Prototyp dessen, was mir bei der Bezeichnung "braune Colognes" vorgeschwebt hat - und insoweit für mich ein echter Cologne-Meilenstein!
Wir haben hier einerseits ein wirklich leichtes, helles, frisches, nicht kopfschmerzerregend geheimnisvolles, aber dennoch schön fein komplex gewobenes, bedingungslos hitzetaugliches Sommerwässerchen mit satter Hesperidik (ich würde am ehesten auf Bergamotte und Zitrone in dieser Reihenfolge tippen) und vielleicht auch Lavendel. Auch die Haltbarkeit ist colognetypisch zurückhaltend.
Andererseits steht dem Ganzen ein schöner grundierender Kontrapunkt aus würzigen (ich meine hier Nelke wahrzunehmen), holzigen und auch seifigen Noten gegenüber. Dieser Komplex dominiert nie (und dadurch unterscheidet sich Brummel auch vom ebenfalls sehr schönen Tabac Original), sondern lässt der heiteren Zitrik immer knapp den Vortritt, spielt aber doch eine gut hörbare zweite Geige.
Mich erinnert Brummel übrigens streckenweise zwar entfernt, aber doch deutlich, an Grey Flannel, das zufällig oder nicht im selben Jahr geschaffen wurde. Diese Verwandtschaft scheinen auch andere so zu sehen, denn Geoffrey Beenes Klassiker wird hier in der rechten Spalte unter "... gefällt häufig auch..." geführt!
Unser Brummelbär ist dabei nicht nur ein echter Siebziger, sondern auch ein stolzer Spanier. Ohne dass ich das wissenschaftlich belegen könnte, scheint er mir, nicht anders als zum Beispiel Floid, eine durch und durch iberische DNA zu haben (irgendwo an anderer Stelle hatte ich mal sinngemäß die These von einer spezifischen Habsburg-Holzigkeit geäußert, die sich besonders in spanischen und österreichischen Düften zeigt). Dazu passt wiederum, dass Brummel von Rosendo Mateu geschaffen wurde, einem Parfumeur, der mir schon mehrfach positiv aufgefallen ist und in seinem langen und produktiven Berufsleben viele bekannte und berühmte Düfte geschaffen hat, und zwar mit ganz, ganz wenigen italienischen Ausnahmen immer nur für spanische Dufthäuser.
Gegen den ausgezeichneten Kommentar des Parfumos Bernard (Seitenbemerkung: Er ist nach seinem Brummel-Kommentar hier auf Parfumo verstummt, ich hoffe, das ist für mich kein Omen), den ich ergänzend zur Lektüre empfehle, möchte ich an zwei Stellen ganz sanfte Einwände erheben.
Natürlich besteht auf den ersten Blick ein fast schon komisch-schreiendes Missverhältnis zwischen diesem grundsoliden, alltagstauglichen Duft und der hochgradig exzentrischen und auch etwas traurigen historischen Figur des "Beau Brummel" (der letztlich auch ein gescheiterter Spinner war, um es mal deutlich zu sagen). Allerdings war Brummels Modestil bei all seinen Verrücktheiten nie flamboyant. Von daher passt der Name vielleicht besser, als man denkt.
Und was die (irgendwie auch langweilige) Frage nach dem Alter des Trägers betrifft: Ja, ich kann mir den Duft exzellent an einem graumelierten Senor aus Malaga oder Burgos vorstellen. Aber Dios mio, ein solider, gut gemachter Klassiker geht immer. Da Brummel außerdem hierzulande (anders als in Spanien, wo er wohl auch heute ein Verkaufsrenner ist, auch als Rasierwasser) kaum bekannt ist und daher auch kein gerontologisches Kopfkino auslöst, warum sollte ihn dann nicht auch ein Jungteutone, den das Duftprofil anspricht, testen und bei Gefallen auch tragen?
Erhältlich ist auch Brummel über den "Spanienspezialisten" parfumsclub. Dieser Online-Anbieter scheint dieselbe Übersetzungsmaschine mit Witzischkeitsgarantie zu benutzen wie der tschechische Hersteller Alpa, denn dort wird zu Brummel ausgeführt: "Brummel ist eine Kolonie, die vom Aristokraten George Brummel aus dem 18. Jahrhundert inspiriert wurde, der in England den Trend für seinen Stil, seine Eleganz, seine Raffinesse und seinen verführerischen Charakter setzte. Die Flasche spiegelt ein ganz klassisches und elegantes Bild wider. Sein Aroma ist zitronig, blumig, würzig mit Holz, Leder und Moschus. Perfekt für den klassischen und eleganten Mann."
Es gibt von dieser Kolonie auch die spanientypischen Riesensplashbuddeln, ich habe mir für 11,90 Euro den 100-ml-Sprühflakon bestellt. Diesem zu Ehren noch folgendes: Er mag eine etwas billige Plastikkappe haben, versprüht aber einen schön fein verwirbelten Nebel. Und vor allem sieht er wie ein Flakon aus, ist angenehm funktional und passt platzsparend in den Duftschrank. Solche Langweiler sind mir tausend Mal lieber als hyperangestrengt originelle Flaschenmachwerke wie die Querformat-Flakons von Vilhelm Parfümerie. Zu denen würde mein sehr pragmatisch veranlagter Vater sagen: "Tolle Kloschüssel, sogar aus Gold, man hat nur das Loch zum Reinsch... vergessen."
Brummel (Produkt) von Brummel (Marke) aus dem Puig-Konzern, ein Cologne, auf das ich schon vor langer Zeit aufmerksam geworden bin, das ich aber erst aus Anlass dieser Kommentarreihe erworben und getestet habe, ist so etwas wie der Prototyp dessen, was mir bei der Bezeichnung "braune Colognes" vorgeschwebt hat - und insoweit für mich ein echter Cologne-Meilenstein!
Wir haben hier einerseits ein wirklich leichtes, helles, frisches, nicht kopfschmerzerregend geheimnisvolles, aber dennoch schön fein komplex gewobenes, bedingungslos hitzetaugliches Sommerwässerchen mit satter Hesperidik (ich würde am ehesten auf Bergamotte und Zitrone in dieser Reihenfolge tippen) und vielleicht auch Lavendel. Auch die Haltbarkeit ist colognetypisch zurückhaltend.
Andererseits steht dem Ganzen ein schöner grundierender Kontrapunkt aus würzigen (ich meine hier Nelke wahrzunehmen), holzigen und auch seifigen Noten gegenüber. Dieser Komplex dominiert nie (und dadurch unterscheidet sich Brummel auch vom ebenfalls sehr schönen Tabac Original), sondern lässt der heiteren Zitrik immer knapp den Vortritt, spielt aber doch eine gut hörbare zweite Geige.
Mich erinnert Brummel übrigens streckenweise zwar entfernt, aber doch deutlich, an Grey Flannel, das zufällig oder nicht im selben Jahr geschaffen wurde. Diese Verwandtschaft scheinen auch andere so zu sehen, denn Geoffrey Beenes Klassiker wird hier in der rechten Spalte unter "... gefällt häufig auch..." geführt!
Unser Brummelbär ist dabei nicht nur ein echter Siebziger, sondern auch ein stolzer Spanier. Ohne dass ich das wissenschaftlich belegen könnte, scheint er mir, nicht anders als zum Beispiel Floid, eine durch und durch iberische DNA zu haben (irgendwo an anderer Stelle hatte ich mal sinngemäß die These von einer spezifischen Habsburg-Holzigkeit geäußert, die sich besonders in spanischen und österreichischen Düften zeigt). Dazu passt wiederum, dass Brummel von Rosendo Mateu geschaffen wurde, einem Parfumeur, der mir schon mehrfach positiv aufgefallen ist und in seinem langen und produktiven Berufsleben viele bekannte und berühmte Düfte geschaffen hat, und zwar mit ganz, ganz wenigen italienischen Ausnahmen immer nur für spanische Dufthäuser.
Gegen den ausgezeichneten Kommentar des Parfumos Bernard (Seitenbemerkung: Er ist nach seinem Brummel-Kommentar hier auf Parfumo verstummt, ich hoffe, das ist für mich kein Omen), den ich ergänzend zur Lektüre empfehle, möchte ich an zwei Stellen ganz sanfte Einwände erheben.
Natürlich besteht auf den ersten Blick ein fast schon komisch-schreiendes Missverhältnis zwischen diesem grundsoliden, alltagstauglichen Duft und der hochgradig exzentrischen und auch etwas traurigen historischen Figur des "Beau Brummel" (der letztlich auch ein gescheiterter Spinner war, um es mal deutlich zu sagen). Allerdings war Brummels Modestil bei all seinen Verrücktheiten nie flamboyant. Von daher passt der Name vielleicht besser, als man denkt.
Und was die (irgendwie auch langweilige) Frage nach dem Alter des Trägers betrifft: Ja, ich kann mir den Duft exzellent an einem graumelierten Senor aus Malaga oder Burgos vorstellen. Aber Dios mio, ein solider, gut gemachter Klassiker geht immer. Da Brummel außerdem hierzulande (anders als in Spanien, wo er wohl auch heute ein Verkaufsrenner ist, auch als Rasierwasser) kaum bekannt ist und daher auch kein gerontologisches Kopfkino auslöst, warum sollte ihn dann nicht auch ein Jungteutone, den das Duftprofil anspricht, testen und bei Gefallen auch tragen?
Erhältlich ist auch Brummel über den "Spanienspezialisten" parfumsclub. Dieser Online-Anbieter scheint dieselbe Übersetzungsmaschine mit Witzischkeitsgarantie zu benutzen wie der tschechische Hersteller Alpa, denn dort wird zu Brummel ausgeführt: "Brummel ist eine Kolonie, die vom Aristokraten George Brummel aus dem 18. Jahrhundert inspiriert wurde, der in England den Trend für seinen Stil, seine Eleganz, seine Raffinesse und seinen verführerischen Charakter setzte. Die Flasche spiegelt ein ganz klassisches und elegantes Bild wider. Sein Aroma ist zitronig, blumig, würzig mit Holz, Leder und Moschus. Perfekt für den klassischen und eleganten Mann."
Es gibt von dieser Kolonie auch die spanientypischen Riesensplashbuddeln, ich habe mir für 11,90 Euro den 100-ml-Sprühflakon bestellt. Diesem zu Ehren noch folgendes: Er mag eine etwas billige Plastikkappe haben, versprüht aber einen schön fein verwirbelten Nebel. Und vor allem sieht er wie ein Flakon aus, ist angenehm funktional und passt platzsparend in den Duftschrank. Solche Langweiler sind mir tausend Mal lieber als hyperangestrengt originelle Flaschenmachwerke wie die Querformat-Flakons von Vilhelm Parfümerie. Zu denen würde mein sehr pragmatisch veranlagter Vater sagen: "Tolle Kloschüssel, sogar aus Gold, man hat nur das Loch zum Reinsch... vergessen."
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