Dolce Vita 1995 Eau de Toilette

Alba
17.03.2014 - 10:39 Uhr
37
Top Rezension
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft

90er Jahre Büro Alltag

Rückblick. 1995. 5:30h. Schnell in Lederhose und Angorapulli geschlüpft. Ein Sprühstoß "Tocade" aufs Dekolleté - auf geht's, zum Fernmeldeamt 1, Köln. Auf den Fluren wird geraucht und erzählt, ein Standaschenbecher schmort und qualmt munter vor sich hin, was keinen wirklich kümmert. Noch am kleinen Vorzimmer vorbei. "Guten Morgen!" Aus dem Raum mit Doppelschreibtisch dringt eine dichte alles einhüllende Parfumschwade "Narcisse" und die dürre Blondine mit kinnlangem fusseligem Bob und schwarzen Stilettos dreht sich lächelnd um.
7:30h und ich schiebe mich durch die Schwingtür des Büros, in dem schon die ersten Rechner laufen und Monitore in den wildesten DOS-Farbkombinationen flimmern. Meine Tischnachbarin trägt heute wieder hohe Stiefel mit Blockabsatz, dazu ein psychedelisch gemustertes Polyesterkleid von H&M. Sie scheint wieder durchgefeiert zu haben, ihr hübsches Gesicht mit hohen Wangenknochen umrahmt von welligem aschblondem Haar sieht müde aus, darüber täuscht auch nicht eine frische Wolke "Laura" hinweg.
Die Bürotür schwingt erneut mit einem kurzen Luftsog auf und ein quietschvergnügter wilder dunkler Lockenkopf fegt herein. Stupsnäsig und mit blitzenden Kulleraugen flötet sie "Morgähn!" Und stöckelt mit Schwung auf Plateaupumps mit riesigen Satinschleifen und schlanken Leggingsbeinen an ihren Platz. Hinter ihr wirbelt "Dolce Vita" durch die Luft. Ein Parfüm, wie für die temperamentvolle Halbitalienerin gemacht.
Nix für mich. Irgendwie. Obwohl ich den Duft da schon mochte. Und waren wir vor 20 Jahren nicht alle recht schmerzfrei in der Auffassung über einen passenden "Büroduft"? ;)

Und jetzt? 2014.
Nachdem ich "Poison" in meine Sammlung aufgenommen habe, erinnerte ich mich auch an Dolce Vita und der Duft ist für mich heute nicht mehr ausschließlich mit dem Bild von südländisch dunkler Lockenpracht belegt.

Jetzt steht er vor mir, der hübsche runde Flakon aus dickem klarem Glas mit kreisrunden Mulden, die wie große Sprudelblasen aussehen. Die gelbliche Flüssigkeit harmoniert toll mit dem goldenen Sprühkopf, der allerdings nicht besonders diffus sondern eher wie eine ganz kleine Wasserpistole sprüht. Egal...

Der Auftakt entschädigt die Pfütze, die auf der Haut entsteht. Es ist, als wenn meine Nase in Maiglöckchen und Rosen gepresst werden, seeeehr üppig!

Langsam lösen Zimt und Vanille die Blumen ab und der Duft wird sehr würzig. Reife süße aber ungezuckerte Aprikosen treten in den Vordergrund und werden von den Gewürzen umschmeichelt. Genau so hab ich den Duft auch in Erinnerung: saftig, fruchtig, würzig, warm, weiblich.

In der Basis hauchen die Früchte langsam aus und weiches Sandelholz und eine leise Spur Vanille bleiben übrig.

Die Haltbarkeit ist sehr gut mit 7-8 Stunden und die Sillage ist nicht erschlagend.

Sparsam verwendet ist dieser nicht sehr leise daherkommende Duft zu vielen Anlässen tragbar. Einer Jahreszeit kann ich ihn nicht zuordnen, die Stimmung muß einfach stimmen. Punktabzug gibt's nur für den Sprühkopf, der so komisch spuckt.

Schön schön! Ich mag Dich Dolce Vita. Und ich glaub mein Freund auch :)
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