№ 17 Laundrette 2018

Sugarspun
17.03.2024 - 10:48 Uhr
3
7
Preis
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Vom Waschen, Duften und Fühlen

Wir sind viele, die wir von "Oooh, das riecht nach frisch gewaschener Wäsche!" sofort angefixt sind und bei einem Duft namens Laundrette im modern-minimalistischen Flakon sofort zugreifen. Wieso eigentlich?

Ich war neugierig auf den Duft und wollte darüber nachdenken, also Probe bestellt. Der Duft ist so clean wie erwartet, nicht seifig-sauber, sondern blumig-sauber, für mich auch nicht wirklich reinweiß, eher hellblau mit leichter Tendenz ins fliedrige, Farbtupfer von Iris und Freesie, leicht und kühl und frisch, aber doch mit einer gewissen melancholischen Tiefe, die ich auf die schwarzen Johannisbeeren schiebe. Er bleibt hautnah und wird keine U-Bahn in eine Persil-Wiese voll im Wind knatternder Bettlaken verwandeln, aber auf der Haut rieche ich ihn noch nach etwa 7 Stunden und auf dem Pulli noch am nächsten Tag. Ein schöner, frischer, angenehmer Duft, ein Frühlingsspaziergang am Sonntag, mit lieben Menschen auf einer Blumenwiese sitzen. Fast gekauft.

Zurück zur Ausgangsfrage, was ist denn nun Besonderes an der frischen Wäsche? Eigentlich doch alltäglich und jederzeit leicht zu haben: Waschmaschine auf, Schmuddelwäsche rein, eine Stunde warten, frische Wäsche raus. Muss ich dafür 80 € bezahlen? Nein, wenn das Bedürfnis nach dem Frische-Wäsche-Duft nicht tiefer gehen würde. Jemand kümmert sich um dich, es ist sauber und ordentlich, jemand meint es gut mit dir. Um dich herum ist es sauber und aufgeräumt und so riecht es auch, wenigstens ein kleines bisschen Waschtag in Bullerbü-Idylle in dieser schmutzigen und unübersichtlichen Welt. Ein kleines Trostpflaster.

Und dann kamen die Erinnerungen an meine Besuche im Waschsalon. Hier trafen wir uns, die wir kein Geld und keinen Platz für eine eigene Waschmaschine hatten. Es gab immer etwas (oder jemanden) zu beobachten, Student:innen mit selbstgedrehten Zigaretten und Wäsche in riesigen Rucksäcken, schimpfende Mütter, das Rattern der Wäschewägen auf den Fliesen. Ich saß gern dort, zum Lesen, zum Gucken, ein kleiner Mikrokosmos. Oder damals, als ich mich so allein fühlte wie nie in meinem Leben, das Kleinstadtmädchen im Praktikum in der anonymen Großstadt, und eine ältere Dame im Waschsalon war die erste Person, die sich wirklich mit mir unterhalten wollte, es war so menschlich, so nahbar.
Und gerade an diesem Punkt der Waschsalon-Assoziation schwächelt Frau Tonis Laundrette für mich. Eben dieses Menschliche, Laute, vielleicht ein kleines bisschen Schmuddelige des Waschsalons fehlt mir hier zur Perfektion, denn die geradlinige Frische wirkt auch ein bisschen distanziert, tritt einen Schritt zurück von der Schmuddelwäsche, nimmt dich nicht an die Hand und lässt dich nicht am Alltag teilnehmen. Der Minimalismus mag befreiend sein, er ist aber auch immer etwas unnahbar und so bin ich nicht. Ich kleckere mir auch mal Kaffee auf die Hose. Ein kleiner Twist im Duft, ein kleiner Stolperstein und es wäre eine große Liebe. So aber immer noch: Fast gekauft. Ich denke noch darüber nach. Aber erst einmal sollte ich meine Wäsche aus dem Keller holen.
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