Sugarspun

Sugarspun

Rezensionen
Sugarspun vor 9 Tagen 2 1
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Wendungen und Drehungen
Hätte ich diesen Duft nicht als Abfüllung im minimalistischen Glaszerstäuber kennengelernt, wären wir uns wohl nie begegnet. Denn obgleich ich den Flakon wunderschön finde, ruft er doch: Nichts für dich, Sugarspun! Ich stehe stolz auf einem Sockel, das geschliffene Glas funkelt in der Sonne, das Logo prangt prominent am Deckel; das hier ist für die feinen Damen!

Twist #1: Das ist nicht der schwere Duft nach Luxus und Brillantbroschen. Hier zieht sich die feine Dame die Pumps aus, um barfuß in den kühlen Bach zu steigen, so erfrischend ist der Auftakt. Zwar synthetisch, aber zitrisch, grün und klar mit einer kleinen Prise dunkler Melancholie, nicht sehr süß. Den Apfelblüten-Schauma-Shampoo-Assoziationen stellt sich das hier recht herbe, schnörkellose Bergamottblatt entgegen. Die frische Euphorie der Blüten durch die holzigen Noten geerdet, die im Anschluss auch übernehmen.

Twist #2: Auftritt Zedernholz. Ist hier vielleicht ein gut duftender Herr hineingeschlichen? Nein, das bin ich! Und das aus dieser zartrosa eingefärbten Flüssigkeit? Langsam wird mir schwindelig. Es entfaltet sich eine geradlinige, sogar ernsthafte Holzigkeit, noch immer Hand in Hand mit leichter Zitrik, wird weicher und tiefer. Ein fokussierter Duft, eine kühle Brise an den ersten warmen Tagen des Jahres.

Mit seinen unerwarteten Facetten ist der Duft auch vielseitig einsetzbar: Er passt zum kleinen Schwarzen wie zu Jeans, ins Büro, zum Ausflug ins Grüne, im schicken Restaurant und beim Punk-Konzert. Geschlecht, Alter? Egal! Ein gutes Beispiel, was Marketing mit uns macht.

Twist #3: Nach einem langen Tag liege ich im Bett, an meinem Handgelenk plötzlich zarter Cremeduft. Immer noch Twist? Ja! Kaum wahrnehmbar, aber wunderschön subtil und schmeichelnd, wieder einmal vollkommen unerwartet. Denn wenn ich bisher an dem Duft eines zu bemängeln habe, dann seine mangelnde Subtilität; er kommt trotz seiner Stilbrüche recht laut und linear daher, es fehlt mir die letzte Raffinesse. An dieser Stelle auch eine Warnung bezüglich der Dosierung: Der Sprühkopf meines 50ml-Flakons ist ausgesprochen potent, ein Sprühstoß reicht!

Alles in allem ein gutes Match, der Twist und ich. Wir werden einen schönen Frühling zusammen verbringen, im Hochsommer wird er wohl zu schwer, zum Herbstlaub könnte er schon wieder passen. Ich freue mich auf das, was kommt. Weitere Plottwists nicht ausgeschlossen!
1 Antwort
Sugarspun vor 1 Monat 1 1
6
Flakon
4
Sillage
4
Haltbarkeit
9
Duft
Ein sehr kurzer Kurzurlaub
Mimosen sind meine Urlaubsblumen: Aus dem kalten grauen deutschen Februar in den Sonnenschein der Côte d'Azur. Ohne Jacke auf dem Balkon sitzen und aufs Meer schauen. Und in den Gärten blühen die Mimosen; dicke, lebensstrotzdende Blütenbüschel, strahlend gelb waschen sie die Spuren des Winters fort. Und trotz all ihrer Kraft haben sie diese einzigartige Gabe, die Blätter einzurollen und sich zurückzuziehen, wenn ungebetene Gäste ihre Finger nicht bei sich behalten können.

Die Mimosendüfte, die im letzten Urlaub unter meine Nase kamen, waren mir allesamt zu süß, kitschig und ein wenig altbacken. Die Zara-Mimose ist ganz anders. Exotisch ist sie wenig, sondern frisch und cremig, hell und leicht, ein leichter kühler Sommerregen über einer grünen Wiese. Sie ist sauber und geradlinig, hin und wieder tupft sich eine leichte Süße in die frische Brise und lässt die Frische ganz zart werden.
Leider ist sie in der Tat sehr mimosig: Einmal angetippt und sie macht sich unsichtbar. Die Sillage ist minimal, das passt auch zu dem Duft, aber dass er nach derart kurzer Zeit verschwindet, ist doch sehr schade, unanhängig davon, dass man ihn im Zara-Sale für fast umsonst bekommen hat.

Aktuell ist die Mimose bei Zara nicht erhältlich und bei der dortigen Fluktuation in den Regalen ist es schwer einzuschätzen, ob sie vielleicht im Hochsommer noch mal in die vordere Reihe rücken darf. Verdient hätte sie es, denn trotz ihrer Schwächen ist sie doch eine angenehme Begleiterin für die ganz heißen, schwülen Sommertage, wenn ganz wenig Duft schon fast zu viel ist. Und ein schöner Raumduft, wenn es regnet und schmuddelt und ich ein bisschen vom
nächsten Urlaub träumen will.
1 Antwort
Sugarspun vor 2 Monaten 7 3
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Beziehungsstatus: It's complicated
Welcher Duft war es?! Idôle? Miss Dior? Oh je! Etwa zwei Stunden zuvor hatte ich mich durch die mittelgroße Parfümerie getestet. Überzeugt hatte mich nichts. Aber wie so häufig ist ein Hauch nicht auf dem Teststreifen, sondern auf meinem Daumen gelandet. Und dort sprießt jetzt eine zarte puderzuckerbestäubte Rose, die mich erbarmungslos zurück in die Parfümerie zerrt und meine Wege zurückverfolgt. Welche Erleichterung, als wir uns wiederfinden!

Diese Liebe auf den zweiten Blick, die leisen Anklänge einer On/Off-Beziehung, ist bis heute geblieben. Trage ich den Duft ein paar Tage oder Wochen gar nicht, hält sich meine Begeisterung in Grenzen - milde ausgedrückt. Ein Auftakt, als hätten sich sämtliche Damendüfte einer Kaufhaus-Parfümabteilung mit ein paar Dosen Haarspray unter meinem Bett verabredet, um gemeinsam herauszuspringen und mich vollzusprühen. Orangenblüte und Freesie stürmen um mich herum, es ist süß und schrill und mich ergreift eine kurze Panik, ich bin doch keine 17 mehr, so kann ich doch nicht riechen.
Ist dieser Schock aber überstanden, erblüht diese wunderschöne Rose, weich an Jasmin geschmiegt. Die Freesien nehmen sich zurück, werden zarter und sauber, wie ich sie mag, und lassen Raum für einen pudrigen, leicht-eleganten, nie dominanten Moschus. Wie wunderschön umschmeichelnd, relativ süß, ich kann das Lächeln nicht unterdrücken. So riecht für mich gute Laune, Herzlichkeit, Fröhlichkeit, ohne jedoch zu sehr ins Banale abzuschweifen.
Am Abend ist die Süße dann verflogen und jetzt riecht der Duft am stärksten nach Narciso Rodriguez, pudrig, leicht holzig und cremig, und ich bin fest entschlossen, diesen wunderschönen Duft, dieses pure Glück im Flakon, am nächsten Tag wieder zu tragen. Bis ich wieder Lust auf etwas Anderes habe. Und dann bleibt der Duft wieder eine Woche lang im Regal stehen, bis ich wieder zum Flakon greife - und dann beginnt der Tanz von vorn, die Duftmoleküle wappnen sich zum Angriff, ich frage mich, was mich geritten hat, wir fallen uns schließlich lachend in die Arme.
3 Antworten
Sugarspun vor 2 Monaten 4 2
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Vom Waschen, Duften und Fühlen
Wir sind viele, die wir von "Oooh, das riecht nach frisch gewaschener Wäsche!" sofort angefixt sind und bei einem Duft namens Laundrette im modern-minimalistischen Flakon sofort zugreifen. Wieso eigentlich?

Ich war neugierig auf den Duft und wollte darüber nachdenken, also Probe bestellt. Der Duft ist so clean wie erwartet, nicht seifig-sauber, sondern blumig-sauber, für mich auch nicht wirklich reinweiß, eher hellblau mit leichter Tendenz ins fliedrige, Farbtupfer von Iris und Freesie, leicht und kühl und frisch, aber doch mit einer gewissen melancholischen Tiefe, die ich auf die schwarzen Johannisbeeren schiebe. Er bleibt hautnah und wird keine U-Bahn in eine Persil-Wiese voll im Wind knatternder Bettlaken verwandeln, aber auf der Haut rieche ich ihn noch nach etwa 7 Stunden und auf dem Pulli noch am nächsten Tag. Ein schöner, frischer, angenehmer Duft, ein Frühlingsspaziergang am Sonntag, mit lieben Menschen auf einer Blumenwiese sitzen. Fast gekauft.

Zurück zur Ausgangsfrage, was ist denn nun Besonderes an der frischen Wäsche? Eigentlich doch alltäglich und jederzeit leicht zu haben: Waschmaschine auf, Schmuddelwäsche rein, eine Stunde warten, frische Wäsche raus. Muss ich dafür 80 € bezahlen? Nein, wenn das Bedürfnis nach dem Frische-Wäsche-Duft nicht tiefer gehen würde. Jemand kümmert sich um dich, es ist sauber und ordentlich, jemand meint es gut mit dir. Um dich herum ist es sauber und aufgeräumt und so riecht es auch, wenigstens ein kleines bisschen Waschtag in Bullerbü-Idylle in dieser schmutzigen und unübersichtlichen Welt. Ein kleines Trostpflaster.

Und dann kamen die Erinnerungen an meine Besuche im Waschsalon. Hier trafen wir uns, die wir kein Geld und keinen Platz für eine eigene Waschmaschine hatten. Es gab immer etwas (oder jemanden) zu beobachten, Student:innen mit selbstgedrehten Zigaretten und Wäsche in riesigen Rucksäcken, schimpfende Mütter, das Rattern der Wäschewägen auf den Fliesen. Ich saß gern dort, zum Lesen, zum Gucken, ein kleiner Mikrokosmos. Oder damals, als ich mich so allein fühlte wie nie in meinem Leben, das Kleinstadtmädchen im Praktikum in der anonymen Großstadt, und eine ältere Dame im Waschsalon war die erste Person, die sich wirklich mit mir unterhalten wollte, es war so menschlich, so nahbar.
Und gerade an diesem Punkt der Waschsalon-Assoziation schwächelt Frau Tonis Laundrette für mich. Eben dieses Menschliche, Laute, vielleicht ein kleines bisschen Schmuddelige des Waschsalons fehlt mir hier zur Perfektion, denn die geradlinige Frische wirkt auch ein bisschen distanziert, tritt einen Schritt zurück von der Schmuddelwäsche, nimmt dich nicht an die Hand und lässt dich nicht am Alltag teilnehmen. Der Minimalismus mag befreiend sein, er ist aber auch immer etwas unnahbar und so bin ich nicht. Ich kleckere mir auch mal Kaffee auf die Hose. Ein kleiner Twist im Duft, ein kleiner Stolperstein und es wäre eine große Liebe. So aber immer noch: Fast gekauft. Ich denke noch darüber nach. Aber erst einmal sollte ich meine Wäsche aus dem Keller holen.
2 Antworten
Sugarspun vor 4 Monaten 4
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Die Tatsächlichkeit der Illusionen
Hier sitze ich nun, in selbstgewählter Corona-Einzelhaft, und versuche, eine Illusion zu erfassen und greifbar zu machen. Ehrgeizig? Traumtänzerin? Oder ein Ding der Unmöglichkeit, mit gefühlt zubetonierter Nase über einen Duft zu schreiben?

Das Bedürfnis, genau Letzteres zu tun, entstand aus der Erkenntnis, dass genau diese Nase eine neue Facette an diesem Duft erscheinen ließ. Nach einem Wochenende in Jogginghose und Selbstmitleid wollte ich mich wieder vorzeigbarer fühlen, mir erwas Gutes tun, und wählte diesen wohlfühligen fein-cremigen Vanilleduft, den ich bis dato für seine vornehme Zurückhaltung und die kühl-melancholische Vanille schätzte, die nicht direkt dieses laktoseunverträgliche Unbehagen weckt wie eine frisch gekochte Schüssel Vanillepudding, sondern sanft zwischen Hölzern und einer märchenhaft anmutenden Tinte hervorlugt und dem Duft eine wohltuende Weichheit verleiht.

Die neue Facette, die neue Erkenntnis der Schnupfennase: Die Vanille hat sich verändert! Sie ist plötzlich dunkler und rauchiger, umhüllt mich wie eine warme Decke und flüstert mir zu, dass am Ende alles gut wird.

Ich bin gespannt, ob sich die Vanille noch in anderen Gewändern zeigen wird, aber bereits jetzt meine ich, die Illusion ein wenig besser verstanden zu haben: An einem kühlen Wintermorgen wandere ich durch einen vernebelten Märchenwald, natürlich habe ich den Wald aus Cornelia Funkes Tintenherz vor Augen, und die Vanille ist immer ein Stückchen Heimat, ein Stück Geborgenheit, das ich vor mir her trage wie eine altmodische kleine Laterne.

Haltbarkeit und Sillage sind eher privat gehalten, es sei denn, man sprüht den Duft großzügig auf Schal und Kleidung, dann wandert man in einer Wolke und es regnet Komplimente, das scheint mir zu dem Duft aber nicht zu passen.

Wie es sich für eine Illusion gehört, stellt mich auch der Flakon vor neue Fragen: Wäre da nicht dieses wunderschöne, sanfte, leicht mystische Blau, käme mir der Duft nicht anders vor? Wäre er in einem warmen Altrosa ein viel eindeutigerer Gourmand?

Der schmale Grat zwischen Rezension und Spekulation, es ist Zeit, zu einem weltlichen Fazit zu kommen. Ich mag den Duft sehr, er drängt sich nicht auf, er ist warm, er ist modern und doch ein wenig nostalgisch, er behält sich seine kleinen Geheimnisse. Das ist mein Zugeständnis an den Vanilletrend und ich bin sehr zufrieden.

Disclaimer: Tippfehler und Logikunreinheiten sind allein Corona zuzuschreiben, nicht der Verspultheit der Rezensentin! ;)
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