Acqua di Giò Profumo 2015 Parfum

Meggi
05.07.2015 - 07:40 Uhr
25
Top Rezension
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
4
Duft

Der Armani-Irrwicht

Im dritten Band der Harry-Potter-Heptalogie stehen die jungen Zauber-Schüler erstmals einem Irrwicht gegenüber. Ein Irrwicht nimmt stets die Gestalt dessen an, was der Betrachter am meisten fürchtet. Es ist daher von Vorteil, nicht allein, sondern zu mehreren in eine solche Begegnung zu gehen. Lehrer Remus Lupin: „Was soll er denn werden, eine kopflose Leiche oder eine Fleisch fressende Schnecke? Ich hab mal einen Irrwicht gesehen, der diesen Fehler gemacht hat – wollte zwei Leute auf einmal erschrecken und hat sich in eine halbe Schnecke verwandelt. Einfach lächerlich.“

Acqua di Giò Profumo bin ich in letzter Zeit deutlich häufiger begegnet als einem Irrwicht und ich habe inzwischen diverse Proben erhalten. Zum Glück war hier und dort zudem das Stamm-Elaborat Acqua di Gio dabei, so dass sich die beiden einmal gegeneinanderhalten ließen, mit überraschendem Effekt, dazu später mehr.

Zunächst zurück zur Profumo-Variante: Der Auftakt bietet konventionelle Frische. Das ist nicht spannend, freilich auch nicht schlecht. Hinter den „würzigen Noten“ verbergen sich einige Gartenkräuter nebst Verwandten. Etwa Lavendel. Leider diejenige Variante, die bei mir zuverlässig muffig ist. Salbei und Rosmarin halte ich definitiv für plausibel, darauf bin ich nämlich von allein gekommen.

Problematisch ist – jedenfalls für mich – in der Tat einerseits die Kombination der wenig geliebten aquatischen Noten mit dem individuell problematischen Lavendel. Da jetzt noch Weihrauch hineinzurühren, hilft nicht nur nichts, sondern wäre besser unterblieben. War es wirklich nötig, das arme Rauchwerk (ich denke übrigens im vorliegenden Fall an Myrrhe) derart zu quälen?

Das wahrhaft Erstaunliche war – um nun den Faden von oben wieder aufzunehmen – dass ich am Parallel-Test-Tag im unmittelbaren Vergleich sofort die Weihrauchnote aus Profumo wahrnehmen konnte, die sich zuvor viel länger vor mir verborgen hatte. Ähnlich wie die sprichwörtliche Prise Salz den Geschmack einer Süßspeise pointiert, schälte das Stamm-Elaborat zeitig den Weihrauch aus dem Epigonen.

Gleichwohl verstärkt dies schlussendlich bloß das Störgefühl. Die Weihrauchnote finde ich nämlich für sich berochen gut. Nur zu halbherzig; und sie mag in meiner Nase mit dem Aquatischen schlichtweg nicht zusammenpassen. In der achten Stunde schiebt sich noch eine Aura von hell-balsamischer, leicht künstlicher Holzigkeit in den Duft, bevor er alsbald recht hautnah wird. Hm.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Duft riecht nicht schlecht oder stinkig. Ich bin sicher, er wird seine Freunde finden, die ihn als Acqua di Giò für den Abend betrachten. Ich freilich finde ihn enttäuschend, unausgegoren, halbherzig. Aus diesen drei Dritteln wird nichts Ganzes. Aquatische Noten, (bei mir) muffiger Lavendel und von diesen beiden gemarterter Weihrauch – einfach lächerlich, um es mit Professor Lupin zu sagen. Für mich persönlich hat der Irrwicht ganze Arbeit geleistet und meine Bewertung ist selbstredend vor diesem Hintergrund zu verstehen.

Bleibt eine Frage zu klären: Welche Gestalt mag ein Irrwicht für Giorgio Armani annehmen? Vielleicht verwandelt er sich in einen Anzug von Versace? Oder er erscheint womöglich als Auftrag, posthum ein neues Outfit für Liberace zu entwerfen.
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