23.12.2018 - 13:22 Uhr
Meggi
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Meggi
Top Rezension
17
Gärtners Last und Leiden
„Jeder, der einen Garten zu pflegen hat, hat einen Orden verdient!“, habe ich irgendwo gelesen. Als Besitzer eines Gartens nennenswerter Größe kann ich den Gedanken grundsätzlich nachvollziehen. Es ist allerdings auch eine Frage des Anspruchs. Gemäß der guten, alten 80-20-Regel (bei uns derzeit eher: 95-5) lässt sich der Garten mit vergleichsweise geringem Arbeits-Einsatz grob übers Jahr bringen, unter Inkaufnahme gewisser Verwilderung. Doch die moralische Rechtfertigung für die Vernachlässigung steht flugs bereit – denn die Insekten freut‘s. Wer, um den Namen des Duftes aufzugreifen, neben der ganzen allgemeinen Arbeit seine Sträucher überdies in extravagante Formen frisieren zu müssen glaubt, ist natürlich selbst schuld.
Gleichwohl ist gelegentlicher Schnitt bei manchen Gewächsen unvermeidlich. Buchs benötigt regelmäßige Rasur (bei trübem Wetter, sonst kriegt er Sonnenbrand!), um nicht zu verkahlen. Rhododendron müssen zuweilen nach Jahrzehnten (und dann beherzt einmal richtig, die mögen das eigentlich gar nicht!) zurückgeschnitten werden, wenn vielleicht die nette Terrassen-Begrenzung allmählich zu den Wänden eines Schachtes geworden ist. Ginster ist eh eine wuchernde Plage und gehört nicht ge- sondern ab-geschnitten. Und damit sind wir sozusagen hintenrum schon bei den Inhaltsstoffen gelandet. Naja, Buchsbaum ist nicht explizit genannt, aaaaaber: Mit etwas Phantasie riecht der Buchsbaum-Schnitt pipihaft-stinkig. Und das Stichwort brauchen wir nachher. Ganz zu schweigen von den Hinterlassenschaften streunenden Katzen-Geviechs überall im Garten, welches die wackeren Gärtner immer mal wieder olfaktorisch beglückt.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die wahren Sternstunden der Gärtnerei, beispielsweise das herbstliche Entdecken einer verspäteten Blüte. Bei uns diesmal konkret: die Sommer-Magnolie. Und nun sind wir endlich im Thema, denn eine erklärte Lieblings-Note der Parfümeurin darf nicht fehlen: Champaka, eine Magnolien-Art. Heute hat sie eine ziemlich ehrenvolle Aufgabe, nämlich das Übertünchen einigen Gestanks.
Der eröffnende Frühblüher-Eindruck ist, wie sich rasch herausstellt, noch harmlos. Binnen Sekunden denke ich an eine Art ledrig-verkackten Ouds. Dazu irgendein bitteres Blatt, meinetwegen Rhododendron mit seinen Alkaloiden. Ginster geht ebenfalls in Ordnung, der wuchert nicht bloß, sondern stinkt beim Schnitt zudem mächtig. Es gibt womöglich nur wenige, die Ginster wirklich lieben – und diese wenigen sind ausnahmslos Schnirkelschnecken.
Vor allem jedoch wird ‚Topiary‘ für mich zum Lehrstück i. S. Hyraceum. Eine viehische Bitter-Note dominiert den Duft bis in den Nachmittag. Sie soll hier wahrscheinlich den Gestank beim Form-Schnitt der übleren Gehölze andeuten. Dass nicht obendrein (zur Versinnbildlichung des Harkens und Jätens im Dreck darunter; siehe 3. Absatz) Zibet auftritt, liegt vermutlich schlichtweg daran, dass das mit nachhaltiger Natur-Parfümerie unvereinbar wäre. Eine Nähe mutmaße ich aber, wenngleich die Schlieferscheiße offenbar auch was Steinig-Erdiges dabei hat. Sachdienliche Hinweise sind wie immer willkommen.
Richtig schlimm ist der vorliegende Bursche, ähnlich anderen Düften mit animalischem Schwerpunkt, ohnehin einzig auf der Haut. Mit bloß ein bisschen Abstand wird es besser, da ließe sich nach einer guten Stunde sogar von einer Art Heftpflaster-Attitüde sprechen. Und obenauf federt halt das Champaka ab. Blöd nur, dass es stilistisch nicht vollends passen mag. Eine Hinwendung der ausgleichenden Fraktion zu mehr dunkler Fruchtigkeit ab dem fortschreitenden Nachmittag, flankiert von einer naturduft-typischen, sachten Wachs-Note, fügt sich besser. Um Missverständnisse zu vermeiden: Weißblüher-Mief gibt es durchaus, und das bis zum Ende. Im Kontext wirkt der indes geradezu mild.
Ausgleich hin oder her – bis in den Abend hinein verbleibt eine angepieselte, weiterhin recht kräftige Animalik, in der ich mir zuletzt gar eine Spur Rauch einbilde. Mithin ist ‚Topiary‘ eine mutige, Widerspruch und Widerstand herausfordernde Ansage der Parfümeurin und verdient allein dafür Anerkennung.
Ich bedanke mich bei Naimie54 für die Probe.
Gleichwohl ist gelegentlicher Schnitt bei manchen Gewächsen unvermeidlich. Buchs benötigt regelmäßige Rasur (bei trübem Wetter, sonst kriegt er Sonnenbrand!), um nicht zu verkahlen. Rhododendron müssen zuweilen nach Jahrzehnten (und dann beherzt einmal richtig, die mögen das eigentlich gar nicht!) zurückgeschnitten werden, wenn vielleicht die nette Terrassen-Begrenzung allmählich zu den Wänden eines Schachtes geworden ist. Ginster ist eh eine wuchernde Plage und gehört nicht ge- sondern ab-geschnitten. Und damit sind wir sozusagen hintenrum schon bei den Inhaltsstoffen gelandet. Naja, Buchsbaum ist nicht explizit genannt, aaaaaber: Mit etwas Phantasie riecht der Buchsbaum-Schnitt pipihaft-stinkig. Und das Stichwort brauchen wir nachher. Ganz zu schweigen von den Hinterlassenschaften streunenden Katzen-Geviechs überall im Garten, welches die wackeren Gärtner immer mal wieder olfaktorisch beglückt.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die wahren Sternstunden der Gärtnerei, beispielsweise das herbstliche Entdecken einer verspäteten Blüte. Bei uns diesmal konkret: die Sommer-Magnolie. Und nun sind wir endlich im Thema, denn eine erklärte Lieblings-Note der Parfümeurin darf nicht fehlen: Champaka, eine Magnolien-Art. Heute hat sie eine ziemlich ehrenvolle Aufgabe, nämlich das Übertünchen einigen Gestanks.
Der eröffnende Frühblüher-Eindruck ist, wie sich rasch herausstellt, noch harmlos. Binnen Sekunden denke ich an eine Art ledrig-verkackten Ouds. Dazu irgendein bitteres Blatt, meinetwegen Rhododendron mit seinen Alkaloiden. Ginster geht ebenfalls in Ordnung, der wuchert nicht bloß, sondern stinkt beim Schnitt zudem mächtig. Es gibt womöglich nur wenige, die Ginster wirklich lieben – und diese wenigen sind ausnahmslos Schnirkelschnecken.
Vor allem jedoch wird ‚Topiary‘ für mich zum Lehrstück i. S. Hyraceum. Eine viehische Bitter-Note dominiert den Duft bis in den Nachmittag. Sie soll hier wahrscheinlich den Gestank beim Form-Schnitt der übleren Gehölze andeuten. Dass nicht obendrein (zur Versinnbildlichung des Harkens und Jätens im Dreck darunter; siehe 3. Absatz) Zibet auftritt, liegt vermutlich schlichtweg daran, dass das mit nachhaltiger Natur-Parfümerie unvereinbar wäre. Eine Nähe mutmaße ich aber, wenngleich die Schlieferscheiße offenbar auch was Steinig-Erdiges dabei hat. Sachdienliche Hinweise sind wie immer willkommen.
Richtig schlimm ist der vorliegende Bursche, ähnlich anderen Düften mit animalischem Schwerpunkt, ohnehin einzig auf der Haut. Mit bloß ein bisschen Abstand wird es besser, da ließe sich nach einer guten Stunde sogar von einer Art Heftpflaster-Attitüde sprechen. Und obenauf federt halt das Champaka ab. Blöd nur, dass es stilistisch nicht vollends passen mag. Eine Hinwendung der ausgleichenden Fraktion zu mehr dunkler Fruchtigkeit ab dem fortschreitenden Nachmittag, flankiert von einer naturduft-typischen, sachten Wachs-Note, fügt sich besser. Um Missverständnisse zu vermeiden: Weißblüher-Mief gibt es durchaus, und das bis zum Ende. Im Kontext wirkt der indes geradezu mild.
Ausgleich hin oder her – bis in den Abend hinein verbleibt eine angepieselte, weiterhin recht kräftige Animalik, in der ich mir zuletzt gar eine Spur Rauch einbilde. Mithin ist ‚Topiary‘ eine mutige, Widerspruch und Widerstand herausfordernde Ansage der Parfümeurin und verdient allein dafür Anerkennung.
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