H24 2021 Eau de Toilette

MkCb
25.12.2021 - 14:20 Uhr
21
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
3
Duft

Die Antithese zu Kouros

Da ist er also. Der erste Herrenduft seit 15 Jahren nach Terre d'Hermès aus dem Hause Hermès. Über letzteren braucht niemand mehr allzu viel schreiben. Es ist hinlänglich bekannt, welchen Einfluss dieser hatte und auch noch immer hat. Ein neumodisches Meisterwerk.
Deswegen, aber nicht nur, sind die Erwartungen an H24 riesig. Wenn ein renommiertes Haus wie Hermès einen neuen Duft, und keinen Flanker, veröffentlicht, bedarf dies besonderer Beobachtung.

Auch wenn ich jetzt einige vor dem Kopf stoße, so finde ich den Verlust der kantigen Männlichkeit in der Duftwelt über die letzten Jahre, tragisch. Sie wird durch eine allgemein gefällige androgyne Wässrigkeit ersetzt. Je gefälliger desto besser. Nur nicht anecken, nur niemanden auf dem falschen Fuß erwischen. Sich in die Masse des geringsten Potentialzustands eingliedern (Gleiches passiert mMn. im Damenbereich. Immer zuckrig-süßer, immer blumiger, immer kindlicher - wenn auch vl. nicht in der gleichen Dimension und Geschwindigkeit.). Wenn man es dann doch "anders" haben möchte, muss man entweder in die Vergangenheit blicken oder aber in die Indiewelt schnuppern.

Und so ist auch H24 ein Abbild dessen. Eine Verweichlichung unserer Zeit. Körperhaar- und bartlos, weiche Gesichtszüge mit dem Fokus Komplimente und Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts zu erhaschen. Eine Anbiederung an die sexuelle Wahlmacht der Frauen.
H24 ist der perfekte Duft zur Selbstdefinition über das Urteil anderer. Es ist ein Schlag ins Gesicht längst vergangener Maskulinität, plerrend ruft es dieser "Komm, hier geht's lang!", entgegen.

Ein stechend-grünfruchtiger Ambroxan-Synthetikbomber, in einer aufdringlichen androgynen, neonfarbenen Schrulligkeit. Qualitäten von noch grünem Obst, einem leichten Blumenbouquet, mineralischem Metall, Dille und frisch gewaschenen Hemden.

Ambroxan und Synthetik. Was in den 2000er Jahren das ISO-E Super war (siehe Terre d'Hermès), ist es seit der Mitte der 2010er das Ambroxan, wovon sich die Duftwelt anscheinend nicht mehr losreißen kann. Wurde es zu Beginn noch als Unterstützung der Duftkomposition genutzt, so ist es hier die Hauptnote. Somit bekomme ich im Drydown ein noch synthetischeres Dior Sauvage in einer blumig-frischen Untermalung.
H24 ist ein ungemütlicher und unermüdlicher Kollege, von denen man sehr schnell genug bekommt. Ein Hirnkitzler, ein Kopfschmerzkandidat, erster Güte.

Was mir hier präsentiert wird, kann doch bitte nicht Hermès's Ernst sein? DAS soll der neue Männerduft sein? Ich muss doch lachen... und weinen. Das geht doch höchstens als Teenieduft, bis spätestens Anfang 20, durch - perfekt unisex wohlgemerkt. Sind wir jetzt schon so weit gekommen?
Und dabei geht es doch! Die Verbindung der Moderne mit der Klassik. Dies wird meiner Meinung nach PERFEKT mit Ganymede von Marc-Antoine Barrois umgesetzt.

Enttäuschung und Traurigkeit, dass so etwas aus einem derart legendärem Hause wie Hermès kommt.

Ja was soll ich noch schreiben? Willkommen im Jahr 2021, mach die Augen zu und hoffe auf bessere Zeiten.

So. Und jetzt könnt ihr mich in der Luft zerreißen. Aber bitte - ich hab euch alle lieb.

Ich geh mich in der Zwischenzeit baden... In Kouros.
9 Antworten